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Integration? Passt scho!

Kabarett Alfred Mittermeier aus Bayern mistet im Kirchheimer Club Bastion die Welt aus. Vor allem bayerische Politik nimmt er aufs Korn – doch sein scharfer Blick geht auch über Landesgrenzen hinaus. Von Ulrich Staehle

Die Bastion konnte Alfred Mittermeier für einen Auftritt gewinnen. Das ist erstaunlich und vor allem: erfreulich.Foto: Markus Br
Die Bastion konnte Alfred Mittermeier für einen Auftritt gewinnen. Das ist erstaunlich und vor allem: erfreulich.Foto: Markus Brändli

Zwischen Auftritten in Nürnberg und Regensburg ist der Kabarettist Alfred Mittermeier unversehens im Schwabenland aufgetaucht. „Ausmisten“ wolle er, so kündigt er in seinem Programm und seiner gereimten Vorrede an. Die Welt habe es nötig.

Mittermeier erinnert: Das Paradies war paradiesisch angesichts der „gesunden natürlichen Ernährung“ und der „Frauenquote von fünfzig Prozent“. Doch dann hat Gott, erbost über das Verlangen der Menschen nach Erkenntnis, das Paradies „ausgemistet“. Die Welt ist seitdem ein verwilderter Garten. Es gibt jetzt ein Oben und Unten, ein Arm und Reich.

Das gibt Anlass, den Mist der aktuellen Politik aufzugabeln. Einem Bayern liegt die bayerische Politik am nächsten. Bayern klagt darüber, beim Länderfinanzausgleich zu den Geberländern zu gehören und fordert eine Änderung. Mittermeier ordnet diese Forderung als „Mist“ ein, hat doch Bayern nicht weniger als vierundvierzig Jahre zu den Nehmerländern gehört und davon profitiert. Natürlich wird auch das Berliner Haushaltsloch satirisch gewürdigt und die dortige Unfähigkeit, Projekte zu Ende zu bringen: Falls die Olympiabewerbung Berlins für 2024 erfolgreich sein wird, könne man mit einer Eröffnung der Spiele im Jahr 2050 rechnen.

Bayern wiederum hat 1949 als einziges Bundesland das Grundgesetz nicht unterschrieben. Angenommen, es könnte so eigenständig handeln, wie es wollte, so gäbe es einen Stufenplan für die Integration von Flüchtlingen. Erst das Sprachtraining: es hat dann laut Mittermeier das Ziel, den Satz „Mia san mia“ zu beherrschen. Damit ist der Flüchtling mit dem bayerischen Selbstbewusstsein ausgestattet. Wenn es um das richtige Handeln geht, so gilt: „Wer ko, der ko“: Der Stärkere setzt sich durch. Das Ergebnis der Integration ist dann mit „Passt scho“ zusammengefasst, ob´s passt oder nicht. Die separatistischen, geradezu monarchistischen Tendenzen in Bayern gipfeln bei dem Kabarettisten dann in einem bayerischen Vaterunser mit dem Gottvater Seehofer.

Mittermeier stellt fest, dass jedes Volk, das wählen darf, die Regierung hat, die es verdient. Unter diesem Gesichtspunkt wird nun ganz Deutschland ausgemistet. „Links“ hat es dort schwer, denn „rechts“ und „recht“ werden gleichgesetzt. Die AfD-Anhänger würden ihr fehlendes Selbstbewusstsein durch Nationalbewusstsein ersetzen. Mit der Einleitung „Ich bin kein Nazi, aber...“ verbreiten sie Naziparolen.

Als Zugabe, die sich als eigengewichtiger Programmpunkt herausstellte, las Mittermeier sein Konzept des satirischen Monatsrückblicks des Monats September für den Bayerischen Rundfunk vor. Hier kam der Mist bei brandaktuellen Themen zum Vorschein: bei Erdogan („Für wen kandidiert er“?), bei Trump („die personifizierte Dampfwalze“) oder bei Kim Jong Un („Noch eine Verschärfung der Sanktionen, dann platzt er“).

Bei Mittermeier folgt Pointe auf Pointe, gespickt mit Wortspielen, in solch atemberaubendem Tempo, dass man kaum nachkommt mit Genießen. Er vermag diese Pointen durch eine ausgefeilte Körpersprache zu unterstreichen. Seine geradezu schauspielerischen Fähigkeiten kann er bei einer Unterhaltungsnummer beweisen, indem er einen Bankkunden spielt, der sein der Bank anvertrautes Geld einmal sehen will. Er gehört zur ersten Garde deutscher Kabarettisten mit Auftritten in Großstädten und im TV. Erstaunlich und vor allem erfreulich, dass die Kirchheimer Bastion ihn engagieren konnte.