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Investor für Hörbert-Hersteller Winzki aus Frickenhausen gefunden

Wirtschaft Nach der Insolvenz der Firma Winzki von Rainer Brang übernimmt das Bremer Unternehmen HMC Vertrieb und Herstellung des MP3-Players für Kinder. Entwicklung und Service bleiben in Nürtingen, die Produktion in Frickenhausen wird allerdings geschlossen. Henrik Sauer

Das vergangene Jahr hat für Rainer Brang manch schlaflose Nacht gebracht. Ende Juli musste der Unternehmer Insolvenz anmelden. Sein Traum von einem nachhaltigen und einfach zu bedienenden MP3-Spieler für Kinder schien nach elf Jahren zu Ende zu sein. Doch nun hat sich für den „Hörbert“, so der Name des Players, doch noch eine Tür aufgetan: Mit der Bremer Firma Hightech Media Components (HMC) wurde ein Investor gefunden, der die Produktion und den Vertrieb übernimmt.

Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass die Produktion in Frickenhausen nicht aufrechterhalten werden kann und verlagert wird. In einer Halle der ehemaligen Firma Stribel auf dem Gelände des Sirius-Business-Parks waren die „Hörberts“ allesamt in Handarbeit hergestellt worden. 22 Mitarbeiter beschäftigte Brang in den besten Zeiten. Zuletzt waren es noch 16. Doch zwölf von ihnen können nicht weiterbeschäftigt werden. „Das ließ sich nicht anders machen“, sagt Rainer Brang im Gespräch. Dies schmerze ihn sehr, weil alle Mitarbeiter mit Hingabe an dem Produkt gearbeitet hätten: „Ich bin erst entspannt, wenn sie alle wieder einen Job haben.“ Er sei aber zuversichtlich, weil der Arbeitsmarkt gerade gut sei.

Auf der anderen Seite ist der 47-Jährige froh, dass es mit seinem Produkt weitergeht. Die Entwicklung und der Service für den „Hörbert“ werden künftig in Nürtingen angesiedelt sein. In der Sigmaringer Straße gegenüber der Hochschule hat Rainer Brang Büroräume gefunden. Er wird dort mit einem Team von vier Mitarbeitern unter dem Dach von HMC an der Zukunft des MP3-Spielers arbeiten. Zum Team gehört seine Frau Sandra, die ebenfalls maßgeblich mit dem Player verbunden ist, wie Brang berichtet.

Der „Hörbert“ war das einzige Produkt des 2011 gegründeten Unternehmens. Brang hatte ihn entwickelt, als er für seinen Sohn (mittlerweile hat er zwei Söhne) nach einem MP3-Player suchte, aber nur billige Plastikmodelle mit schlechtem Klang fand, wie er erzählt. Sein Gerät besteht vorwiegend aus Holz und ist aus heimischer Produktion. In ihm steckt eine eigens entwickelte Elektronik, die eine intuitive, kinderleichte Bedienung ermöglicht. Wichtig ist Brang auch, dass sich der Spieler bei Bedarf reparieren lässt.

Das Gerät kam gut an und ermutigte ihn zum Sprung in die Selbständigkeit. 2016 wurde Brang von der KfW-Bank als baden-württembergischer Gründerchampion ausgezeichnet. Die Stiftung Warentest kürte das Vorgängermodell des heutigen Spielers zum Testsieger bei den MP3-Playern für Kinder. Im vergangenen Weihnachtsgeschäft war der 50 000ste Player ausgeliefert worden.

Erst stockte der Absatz, dann der Nachschub an Rohstoffen

Doch was war passiert, dass das Unternehmen in Schieflage geriet? „Mehreres kam zusammen“, sagt der Firmengründer: „Wir waren auf Wachstum eingestellt und sind in größere Räume umgezogen.“ Doch mit dem Wachstum habe es nicht geklappt, konstatiert Brang. Als mit Corona die Händler schließen mussten, ging der Absatz des Players zurück. Online habe man das nicht kompensieren können. Und als der Verkauf wieder lief, stockte der Nachschub an Rohstoffen. „Unser Produkt aus Holz und Elektronik besteht aus lauter Materialien, die auf einmal schwer zu bekommen waren“, so Brang: „Das alles zusammen hat dazu geführt, dass unser Polster aufgefressen wurde.“

Er habe noch selbst nach einem Investor gesucht, doch habe die Zeit nicht gereicht. Im Juli vergangenen Jahres meldete er Insolvenz an. Die Lieferanten seien zum Unternehmen gestanden: „Sie haben uns prima geholfen.“ Froh ist Brang auch, dass der Insolvenzverwalter auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober die Produktion noch bis Ende des Jahres aufrechterhalten hatte. So habe man etwas Zeit gewonnen, um einen Investor zu finden. Brang spricht diesbezüglich von einem Glücksfall. HMC sei ein Investor, der das Produkt verstehe: „Ein wichtiger Teil von ,Hörbert‘ ist, dass er nicht irgendwo zusammengeschraubt wird.“

Hightech Media Components ist ein Marketing- und Vertriebsunternehmen mit Sitz in Bremen. Gegründet 2008, entwickelte HMC zunächst für asiatische Firmen für deren Produkte Vertriebs- und Marketingstrategien und übernahm weitere Dienstleistungen wie Service und Logistik für den europäischen Markt. Nach und nach wurden auch Eigenmarken ins Portfolio aufgenommen, berichtet geschäftsführender Gesellschafter Peter Hirschfeld. Darunter sind auch Audiomarken. „Der ,Hörbert‘ ergänzt unser Portfolio“, sagt Hirschfeld. Mit diesem „Nischenprodukt im höherpreisigen Segment“ und der Produktion in Deutschland betrete man selbst Neuland. HMC beschäftigt einschließlich der „Neuzugänge“ von Winzki zehn Mitarbeiter.

Produziert wird künftig im sächsischen Eppendorf

Hergestellt wird die Holz-Hörbox künftig von einem bisherigen langjährigen Hauptlieferanten von Winzki in Eppendorf im Erzgebirge. „Eine Produktion erfordert erheblichen Personaleinsatz mit entsprechenden Kosten“, begründet Hirschfeld die Entscheidung, die Fertigung auszulagern. Der neue Partner könne flexibler auf Produktionsschwankungen reagieren.

Die Entwicklung des „Hörbert“ sei noch lange nicht am Ende, sagt sein Erfinder Rainer Brang. Erst im Oktober 2021 war eine neue Version auf den Markt gekommen mit erweiterten Funktionen wie Webradio, Bluetooth und Aufnahmefunktion. Darauf will man aufsetzen. Ein Modell für Senioren sei schon weit gediehen. Auch hier gehe es um Zuverlässigkeit und einfache Bedienung, denn, so Brang: „Viele Senioren wollen sich nicht mit komplizierten Bedienungsanleitungen herumplagen.“​​​​​​​​​​​​​​