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Jakobskreuzkraut auf dem Vormarsch

Zum Schutz von Weidetieren soll die giftige Pflanze zurückgedrängt werden

Das Jakobskreuzkraut gibt Pferde- und Rinderhaltern Anlass zur Sorge – und das aus gutem Grund. Die Pflanze kann bei Tieren zu tödlichen Vergiftungen führen.

Christine Kuhn, der 50 Pferde gehören, verbrennt Schnittgut, das Jakobskraut enthält. Nur so sei gewährleistet, dass sich die Pf
Christine Kuhn, der 50 Pferde gehören, verbrennt Schnittgut, das Jakobskraut enthält. Nur so sei gewährleistet, dass sich die Pflanze selbst nach ihrer Entsorgung noch weiter ausbreitet. Fotos: Daniela Haußmann

Kirchheim/Wendlingen. Der Landesbauernverband Baden-Württemberg (LBV) sprach sich bei einer Besichtigung betroffener Flächen in Ötlingen und Wendlingen für eine konsequente Bekämpfung des Korbblütlers zum Schutz von Weidetieren aus. Während sich Spaziergänger, Ausflügler und mancher Kleingartenbesitzer an der gelben Blütenpracht des Jakobskreuzkrauts erfreuen, bereitet sie Landwirten und Pferdehaltern Kopfzerbrechen. So auch Christine und Rainer Kuhn, die in Wendlingen eine Pferdepension unterhalten. Einmal pro Woche inspizieren sie ihre Koppeln, um sicherzustellen, dass das Jakobskreuzkraut auf ihren Flächen weder Wurzeln noch Blüten treibt. Schließlich kann die Pflanze zu Vergiftungen führen.

Das Jakobskreuzkraut enthält laut Dr. Cornelie Jäger Pyrrolizidin-Alkaloide, die durch Stoffwechselvorgänge zu toxischen Produkten verarbeitet werden und die Leber schädigen. Neben einer akuten Vergiftung, die zu Leberversagen mit plötzlicher Todesfolge führt, kann auch eine chronische Aufnahme von Jakobskreuzkraut bei Weidetieren zu gesundheitlichen Schädigungen bis hin zum Tod führen, wie die Landestierschutzbeauftragte des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz berichtete.

Die giftige Pflanze breitet sich laut Gerhard Glaser im Grünland immer stärker aus. Besonders betroffen sind dem LBV-Vizepräsidenten zufolge extensiv bewirtschaftete Wiesen. Aber auch an Bahndämmen, Straßenrändern und Böschungen trete das Jakobskreuzkraut auf, weil es dort viele Jahre gezielt gepflanzt worden sei. Im Landkreis Esslingen gibt es infrastrukturell bedingt sehr viele solcher Punkte, wie Siegfried Nägele berichtete. „Von dort breiten sich die Samen aus, und wenn sie auf Flächen gelangen, die nur selten oder gar keine Pflege erhalten, wird die Pflanze zum Problem“, so der Kreisvorsitzende des Bauernverbands Esslingen.

Gerhard Glaser appellierte deshalb gerade auch an Privatleute, ihre Gärten und Wiesen auf Jakobskreuzkraut zu prüfen und entsprechend zu pflegen. Die Zusammenarbeit mit der Straßenverwaltung, die auf Hinweis die öffentliche Problemstandorte abmäht, funktioniert laut Nägele gut. „Trotzdem sind wir auf die Unterstützung von privaten Flächeneigentümern und -pächtern angewiesen“, wie der Nebenerwerbslandwirt auch mit Blick auf den Umstand betonte, dass es im Kreis Esslingen sehr viele Pferdehalter gebe, die zurecht in Sorge seien.

Um die Gefahr einzudämmen, ist es laut Cornelie Jäger wichtig, zu verhindern, dass das Jakobskreuzkraut Samen bildet. „Die ähneln denen des Löwenzahns“, so die Landestierschutzbeauftragte. „Genau wie bei der Pusteblume bilden sich Flugschirme, die durch den Wind über große Strecken transportiert und verbreitet werden.“ Um das zu verhindern, komme es auf das richtige Timing an. Eigentümer und Pächter von Grünflächen sollten zur Bekämpfung des Krauts mähen, bevor die Samen reif sind.

„Allerdings darf auch nicht zu früh gemäht werden“, wie Jäger betont. „Denn genau wie bei der Distel bilden sich dann zusätzliche Triebe, die noch mehr Blüten und Samen produzieren.“ Daher sei es wichtig, den richtigen Schnittzeitpunkt zu wählen, um die giftige Pflanze einerseits zu schwächen und andererseits ein Aussamen zu verhindern. Beim Jakobskreuzkraut handelt es sich laut Siegfried Nägele um eine zweijährige Pflanze. „Durch das Mähen kann sie deshalb eigentlich gut und nachhaltig zurückgedrängt werden“‟, sagte der Nebenerwerbslandwirt.

Nach dem Mähen sollte das Schnittgut laut Christine Kuhn sofort entsorgt werden. „Aber nicht in der Biotonne. Der besten Weg, um eine weitere Ausbreitung zu unterbinden, ist, das Jakobskreuzkraut zu verbrennen“, so die Pferdehalterin. „Das giftige Kraut kann auch für den Menschen schädlich sein. Daher sollte es nicht mit bloßen Händen, sondern mit Handschuhen angefasst werden.“

Darüber hinaus wies Landwirt Reinhold Hägele darauf hin, dass die Pflanze in getrocknetem Zustand nichts von ihrer Toxizität einbüßt. Heu, das in größeren Mengen Jakobskraut enthalte, sei damit nicht als Winterfutter geeignet. „Nach der Trocknung enthält die Pflanze keine Bitterstoffe mehr, sodass die Tiere sie im Heu auch nicht selektieren können“, erklärte Hägele. „Betroffene Weide- und Nutztierhalter müssen deshalb ihr Winterfutter vernichten und neues kaufen.“‟

Anders sehe es bei Landwirten aus, die Winterfutter ausschließlich für den Markt produzieren. Kontaminiertes Heu ist unverkäuflich und stellt für sie einen wirtschaftlichen Schaden dar. An einer Bekämpfung des Problems ist deshalb auch Reinhold Nägele gelegen.

Das giftige Jakobskreuzkraut ist auf dem Vormarsch. Gerade extensiv bewirtschaftete Grünflächen fördern die Ausbreitung des Korb
Das giftige Jakobskreuzkraut ist auf dem Vormarsch. Gerade extensiv bewirtschaftete Grünflächen fördern die Ausbreitung des Korbblütlers.