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„Jeder Antrag schützt Arbeitsplätze“

Interview Die Agentur für Arbeit Göppingen bearbeitet derzeit mehrere Tausend Anträge auf Kurzarbeitergeld. Einer, der dafür zuständig ist, ist Christian Bauer. Von Ilja Siegemund

Christian Bauer und seine Kollegen von der Agentur für Arbeit bearbeiten täglich Hunderte Anträge auf Kurzarbeit. Foto: Giacinto
Christian Bauer und seine Kollegen von der Agentur für Arbeit bearbeiten täglich Hunderte Anträge auf Kurzarbeit. Foto: Giacinto Carlucci

Das Arbeitsaufkommen bei der Agentur für Arbeit in Göppingen hat sich seit Beginn der Corona-Krise deutlich erhöht: Zahlreiche Unternehmer im Agenturbezirk, der die Landkreise Göppingen und Esslingen umfasst, meldeten Kurzarbeit an, um Entlassungen zu vermeiden. Wie sich die Flut an Anträgen auf den Arbeitsalltag auswirkt und wie die Mitarbeiter mit dem Druck umgehen, verrät Christian Bauer von der Arbeitsagentur. Der 30-Jährige war vor der Corona-Pandemie als Jobvermittler tätig. Nun wurde er für das Bearbeiten von Anträgen auf Kurzarbeit eigens abgestellt.

 

In der Corona-Krise arbeiten viele Menschen im Home-Office. Gibt es diese Möglichkeit eigentlich auch für die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit?

Christian Bauer: Ich persönlich arbeite hauptsächlich in der Arbeitsagentur, jedoch am Wochenende oder hin und wieder abends im Home-Office. Daheim kann ich Dinge erledigen, die im normalen Betrieb nicht unterzubringen sind. Aber das sieht bei vielen Kollegen durchaus anders aus - vor allem, wenn man noch Kinder betreuen muss. Am Anfang war es schwierig, weil die Internetverbindungen überlastet waren und sehr viele aus der Agentur auf die Abendstunden ausgewichen sind, um arbeiten zu können. Allgemein werden bei uns zurzeit viele Überstunden geleistet. Ich war vor der Krise in Teilzeit tätig, zurzeit arbeite ich aber deutlich über Vollzeitniveau.

Wie viele Anträge auf Kurzarbeit gehen täglich bei Ihnen ein? Und wie viele Anträge wurden seit Beginn der Krise bislang in Ihrem Haus bearbeitet?

Bauer: Anfang des Monats gehen die meisten Anträge bei uns ein. Das können mehrere Hundert, aber auch mehr als tausend am Tag sein. Im Laufe des Monats flacht die Welle ab - bis der Turnus kurz vor Monatswechsel wieder erneut beginnt. Für den Bezirk der Arbeitsagentur Göppingen gingen in den ersten Junitagen zwischen 400 und 500 Anträge täglich ein. Allein in der ersten Juniwoche haben wir knapp 2800 Anträge bearbeitet. Vor Kurzem haben wir für den Agenturbezirk den 17 000. Antrag seit Beginn der Lockdown-Maßnahmen für die Monate März bis Mai bearbeitet. Das ist sehr viel - aber jeder Antrag schützt Arbeitsplätze.

Gibt es für die Bearbeitung der zahlreichen Anträge genügend Personal bei der Arbeitsagentur?

Wir haben in Göppingen derzeit mehr als 100 Personen, die im Bereich Kurzarbeitergeld mitarbeiten. Einige zeitweise, andere wie ich dauernd. Hinzu kommt das Personal des Fachteams. Es sind also genügend Leute da, die sich um alles kümmern. Allgemein sehe ich sehr großes Engagement. Das geht so weit, dass selbst Auszubildende schon angeboten haben, auf Urlaub zu verzichten. Aber natürlich muss sich jeder auch mal ausruhen. Wenn die Anträge gut ausgefüllt und wenige Rückfragen bei den Betrieben notwendig sind, können wir an einem Arbeitstag 400 bis 500 Anträge vollständig bearbeiten.

Wie geht die Agentur mit der Flut an Anfragen um?

Allgemeine Fragen von Arbeitgebern beantwortet im Moment unser Arbeitgeber-Service. Wir haben dies so geregelt, damit sich das restliche Personal um die Auszahlung und komplexere Fragen kümmern kann. Bei den E-Mails hat sich die Lage inzwischen etwas beruhigt. Am Anfang gingen viele Hundert Mails pro Tag ein. Inzwischen sind wir meistens bei unter 100.

Wie lange dauert es, bis ein Antrag bearbeitet wird?

Die meisten Betriebe, die zurzeit Kurzarbeitergeld abrechnen, sind Kleinbetriebe mit wenigen Angestellten. Da schafft man in der Stunde schon einige. Aber sobald Fehler auftreten, wird es komplizierter, dann verzögern oft die nötigen Klärungen und Rückfragen die Auszahlung. Ist ein Antrag korrekt, zahlen wir insgesamt sehr schnell aus. Uns ist die Lage vieler Kleinbetriebe und Unternehmen bewusst, und es ist uns wichtig, dass die Gelder rechtzeitig ankommen. Die meisten Betriebe haben ihr Geld innerhalb einer Woche.

Was sind die häufigsten Probleme, die Unternehmer beim Ausfüllen der Anträge haben?

Was viel Zeit kostet, sind vor allem fehlende Angaben im Antrag oder in den Anzeigeformularen. Ein Beispiel: Auf der zweiten Seite des Leistungsantrags sind einige Fragen aufgeführt, bei denen man als Arbeitgeber einfach ein Kreuz setzen muss. Zum Beispiel ob einem Mitarbeiter im vergangenen Monat gekündigt wurde. Sehr viele Betriebe senden uns diese Seiten leer zu. Wir müssen dann den Betrieb kontaktieren und nachfragen. Das kostet Zeit.

Wo lauern weitere Hürden?

Bei der Bezahlung von Feiertagen: Viele Firmen möchten hier Kurzarbeitergeld abrechnen. Das geht für Feiertage aber nur, wenn sie auch normale Arbeitstage wären, zum Beispiel in der Gastronomie. Die Berechnung des Kurzarbeitergeldes ist für viele, vor allem kleinere Unternehmen, natürlich etwas völlig Neues. Viele Gastronomen beispielsweise haben bisher noch nie Kurzarbeit gehabt. Wir klären daher so viel wie möglich telefonisch mit den Arbeitgebern ab.

Darauf sollten Arbeitgeber achten

Zeit: Für Unternehmer und Angestellte ist es in der aktuellen Situation wichtig, dass das Kurzarbeitergeld möglichst schnell ausbezahlt wird, weiß Christian Bauer. Beim Ausfüllen der Anträge gibt es einiges zu beachten. So sollten die Antragsteller nochmals überprüfen, ob auch alle Angaben gemacht worden sind, sagt Christian Bauer. Oft helfe es schon weiter, sich die Hinweistexte durchzulesen.

Tipps: Wer unsicher beim Ausfüllen eines Antrags ist, kann im Internet auf das Informationsblatt „Hinweise zum Antragsverfahren Kurzarbeitergeld“ zurückgreifen. Dieses findet man auf www.arbeitsagentur.de. is