Wie durch Zauberhand“, sagt Christine Hahn und strahlt. Was die Leiterin der Dettinger Ortsbücherei derart begeistert, ist ein unscheinbares Plastikteil, grob geschätzt in DIN-A-4-Größe. Es liegt auf ihrem Schreibtisch in unmittelbarer Nähe zum Bildschirm und überträgt eben „wie durch Zauberhand“ alle Daten der darauf gestapelten Bücher ins System.
Wer in der Bücherei stöbert und sich gleich für einen ganzen Schwung Romane, DVDs, Comics und Biografien entscheidet, kann seine „Beute“ im Gesamtpaket einfach auf dieses „Pad“ legen - und alle ausgeliehenen Medien sind automatisch auf dem Konto des Bücherei-Nutzers gelistet. „In jedem Buch ist ein Chip eingeklebt, ähnlich wie man es beim Kleidungskauf kennt. Das ist eine tolle Technik und eine enorme Zeitersparnis für mich“, zeigt Christine Hahn die Vorteile des neuen Transponder-Systems auf. Die Sorge der Kunden, dass sich die Büchereileiterin damit selbst überflüssig macht, kann sie im Keim ersticken. „Ich habe damit mehr Zeit für Beratungsgespräche, das macht ja unsere Arbeit tatsächlich aus. Dann kann ich den Kunden Thriller, die neuesten Liebesromane oder ein tolles Bilderbuch vorschlagen“, freut sich die Bibliothekarin.
Die Arbeitserleichterung ist der RFID-Technologie zu verdanken (Radio Frequency Identification). Mit ihr können Medien verbucht und gleichzeitig gesichert werden. „Im Gegensatz zu anderen Techniken geschehen Verbuchung und Deaktivierung der Sicherung - analog Rückbuchung und Aktivierung der Sicherung - in einem einzigen Schritt. Dies ist für Bibliotheken, die auf Selbstverbuchung umstellen wollen, besonders interessant“, erläutert Christine Hahn.
Dafür musste sie jedoch gute Vorarbeit leisten. Sie hat sich für das Soforthilfeprogramm „Vor Ort für Alle“ beworben. Der Deutsche Bibliotheksverband fördert dieses Jahr bundesweit zeitgemäße Bibliothekskonzepte in Kommunen mit bis zu 20 000 Einwohnern. „Primär geht es dabei um die Modernisierung und digitale Ausstattung der Bibliotheken. Ziel ist es, Bibliotheken als ,Dritte Orte‘ auch in ländlichen Räumen zu stärken und so einen Beitrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen zu leisten“, erklärt sie. Nach Wohnen und Arbeiten sollen demnach Bibliotheken der „Dritte Ort“ sein. „Wir haben unser Konzept der Open Library eingereicht, also für mehr Offenheit in Bibliotheken. Das hat überzeugt und die Vergabe ging wohl auch nach dem Windhund-Prinzip: Wer zuerst kommt, bekommt das Geld aus dem Topf, der irgendwann leer ist“, sagt Christine Hahn. In ihrem Fall waren es rund 5000 Euro. „Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Bücherei so schnell wieder ein Stück moderner und digitaler werden würde“, freut sie sich. „Bis 2014 haben wir noch gestempelt, 2017 kam die Onleihe - und im nächsten Drei-Jahres-Rhythmus die RFID-Technologie. Ich finde das ein flottes Tempo, wenn man bedenkt, dass vor zehn Jahren noch von der Schließung der Bücherei die Rede war“, ist sie glücklich über das Ende des Bücherei-Dornröschenschlafs.
Dank ihres Jubel-Ausrufs waren die Kollegen im Rathaus sofort über den Geldsegen informiert. Noch ist die Ortsbücherei ziemlich beengt im Rathausgebäude untergebracht. Doch es gibt bereits Pläne für einen Umzug und damit einer Erweiterung: Die demnächst leerstehende Schlössleschule soll die neue Heimat für Lesehungrige werden.
Richtig rangeklotzt hat Christine Hahn mit ihrer Vertretung Manuela Wiery. In rund zehn Tagen hat sie die leeren, auf Rollen gelieferten Chips in 5000 Medien eingeklebt und eingelesen. Jedes Buch, jede DVD hat einen Barcode. Diese Nummer wurde dem Chip implantiert und ist somit klar identifizierbar. „Eine hat geklebt, die andere die Nummer eingegeben. Nur die Medien, die im Umlauf sind, sind noch nicht auf das neue System umgestellt“, erklärt die Bibliothekarin.