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Jochen Weißer trifft seinen Retter

Leukämie Dass der 54-Jährige den Krebs besiegt hat, grenzt an ein Wunder. Ohne einen Knochenmarkspender hätte er es wohl nicht geschafft. Beim Hallenturnier in Frickenhausen lernten sie sich kennen. Von Matthäus Klemke

Wenn Jochen Weißer an den 2. Februar 2022 zurückdenkt, muss er noch immer mit den Tränen kämpfen. Noch ganz genau erinnert er sich an den Blick der Ärztin, die das Krankenzimmer betrat. „Sie hatte einen Mundschutz auf, aber an ihren Augen konnte ich es sehen“, sagt der 56-Jährige. „ ,Der Krebs ist weg‘, sagte sie.“ Noch wenige Wochen zuvor, kurz vor Weihnachten, hatten die Mediziner dem Frickenhäuser mitgeteilt, dass sie nichts mehr für ihn tun können, dass er den Kampf gegen die Leukämie-Erkrankung verlieren werde. „Ich hatte die Situation angenommen und abgehakt“, sagt Weißer. Zwar könne niemand genau sagen, wieso doch alles anders gekommen ist. Doch ohne eine Knochenmarkspende hätte er wohl nicht überlebt, sagt Weißer.

Mit dem Leben abgeschlossen

Die unglaubliche Geschichte von Jochen Weißer beginnt im November 2019. Der Familienvater fühlte sich seit geraumer Zeit schlecht. „Ich war total schwach, hatte ständig Gliederschmerzen.“ Im Krankenhaus bekommt er die schreckliche Diagnose: Leukämie. Sofort beginnt die Chemotherapie in Tübingen. „Nach zwei Chemo-Phasen entschieden die Ärzte, dass eine Knochenmarktransplantation das Beste sei.“ Weißer hat Glück, ein passender Spender ist schnell gefunden, und die Transplantation im April 2020 ist erfolgreich. „Es lief zunächst gut, meine Organe haben keine Probleme gemacht“, erinnert sich Weißer. Nach gut vier Monaten hat er sich erholt, im März 2021 fängt er sogar wieder an zu arbeiten.

Im September dann der Schock: „Ich hatte einen Rückfall. Der Krebs war wieder da.“ Sein Zustand verschlechtert sich rasant, im Dezember 2021 wird die Behandlung schließlich erfolglos abgebrochen. „Es wurden nur noch lebenserhaltende Maßnahmen gemacht.“ Wie lange er noch zu leben hat, kann ihm damals niemand sagen. „Ich habe mich entschieden, die Zeit, die mir bleibt, so gut wie möglich zu nutzen“, sagt Weißer. Dabei helfen ihm Erinnerungen an bessere Tage. Vor allem an Tage auf dem Sportplatz beim FC Frickenhausen. „Als ich totgesagt war, habe ich an den Fußballverein gedacht. Diese Erinnerungen haben mir geholfen“, so Weißer. Der FC Frickenhausen ist seine große Leidenschaft. „Selber habe ich nie gespielt, war aber immer an der Seitenlinie dabei.“ Wenn er davon erzählt, wie er samstags mit seinen Kindern den FCF besucht und angefeuert hat, dann leuchten seine Augen. Detailliert erinnert er sich an Spiele, die schon Jahre her sind. Der Verein sei ihm immer ein Halt gewesen, auch in der schwierigsten Zeit.

Unglaubliche Erfahrung

Als Weißer den Krebs wider Erwarten zum zweiten Mal besiegt, sagt die Stationsärztin etwas zu ihm, das er nicht vergessen wird: „Ihnen ist schon klar, dass das ein Wunder ist?“ Der 56-Jährige weiß, bei wem er sich bedanken muss. Zwei Jahre nach der Knochenmarktransplantation – im Oktober 2023 – darf er Kontakt zu seinem Spender aufnehmen. „An der Postleitzahl habe ich gesehen, dass er nicht so weit weg wohnt.“ Ein Zufall, immerhin sind in der DKMS-Datenbank Spender aus der ganzen Welt. Doch die Stammzellenspende für Jochen Weißer kommt aus dem Schwarzwald. Ein 28-Jähriger bekommt ein Dankesschreiben von Weißer – und er antwortet ihm. „Da war sofort eine Verbundenheit. Wir haben viele Gemeinsamkeiten.“ Beide sind Fußballfans, auch der 28-Jährige hält es mit seinem Heimatverein, spielt für den Kreisligisten SV Bad Peterstal. Als die Vorbereitungen für den Cup der Volksbank Mittlerer Neckar anstanden, hatte Vereinsmitglied Weißer eine Idee: Er möchte mehr Leute als potenzielle Knochenmarkspender gewinnen. Deshalb gab es im Rahmen des Vorturniers an einem Stand der DKMS die Möglichkeit, sich typisieren zu lassen. Auch der SV Bad Peterstal nahm an dem Hallenturnier teil. Und Jochen Weißer ist seinem Spender in diesem Rahmen zum ersten Mal begegnet. „Fabio persönlich kennenzulernen, war eine unglaubliche Erfahrung für mich“, so Weißer.