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Kalifornien kämpft gegen das Virus

Corona Die Ex-Kirchheimerin Maja Herberg hat in den USA als Projektleiterin in einem GenetikLabor mit ehemaligen Covid-19-Fällen zu tun. Von Antje Dörr

Maja Herberg mit ihrem Sohn Felix bei der Einbürgerung in Kalifornien. Foto: Privat
Maja Herberg mit ihrem Sohn Felix bei der Einbürgerung in Kalifornien.Foto: Privat

Ein Vormittag in Santa Clara, dem Zentrum des Silicon Valley im US-Bundesstaat Kalifornien. Maja Herberg, die früher Lichstein hieß und in Kirchheim aufgewachsen ist, spielt mit ihrem kleinen Sohn Felix - der Zweijährige freut sich auf sein Planschbecken. Ein wenig Normalität in dieser Zeit.

In Kalifornien ruht das öffentliche Leben seit dem 19. März, jenem Tag, an dem im ganzen Bundesstaat der „Lockdown“ verkündet wurde. Die Anti-Corona-Maßnahmen, die Maja Herberg beschreibt, hören sich bekannt an: Geöffnet sind fast nur noch Super- und Baumärkte. Restaurants dürfen Speisen liefern, aber keine Gäste bewirten. Krankenhäuser wurden aufgefordert, geplante Operationen abzusagen, um Platz zu schaffen für Covid-19-Patienten. Wer kann, arbeitet zu Hause. Lockerungen sind bislang nicht in Sicht. „In der Öffentlichkeit soll man schon seit einiger Zeit immer Maske tragen, außer, man macht Sport“, sagt Maja Herberg. Schulen und Kitas bleiben bis zum Ende des Schuljahres geschlossen, mit Ausnahme einer Notbetreuung für Kinder von Eltern, die in unabkömmlichen Berufen arbeiten. Spaziergänge in der näheren Umgebung sind erlaubt, Nationalparks oder State Parks wurden jedoch geschlossen.

Die Maßnahmen zeigen Erfolg

„Anders als in vielen anderen Teilen der USA verläuft die Kurve der Neuinfektionen relativ flach“, sagt Maja Herberg. Sie ist froh, dass US-Präsident Donald Trump in der Corona-Krise nicht viel zu melden hat. Die Maßnahmen würden von den Bundesstaaten getroffen. Das erklärt den Flickenteppich, der im Kampf gegen die Pandemie zu beobachten ist. Einen Trend gebe es jedoch, sagt Maja Herberg: „In den republikanisch dominierten Bundesstaaten sind die Maßnahmen weit weniger restriktiv.“ Der Staat Kalifornien ist demokratisch dominiert.

Die 38-Jährige macht Projektleitung und Budgetberechnung für das Genetik-Labor des Uniklinikums Stanford. Zu Hause zu arbeiten ist die eine Sache. Neben ihrem Vollzeit-Job gemeinsam mit Ehemann Uli einen Zweijährigen zu betreuen die andere. Glücklicherweise hat das Paar eine Lösung gefunden. „Wir haben eine Freundin, die aktuell arbeitslos ist, als Babysitterin angestellt. Sie betreut Felix bei uns zu Hause“, sagt sie. Der Zweijährige hat sich mit der Situation abgefunden, aber seine Mutter merkt, dass es ihn mitnimmt. „Er ist weinerlicher und anhänglicher als sonst“, sagt sie. Für ihren extrovertierten Sohn sei es schwierig, keinen Kontakt zu anderen Kindern zu haben. Manchmal trifft er sich zum Spielen im Garten mit den Nachbarskindern. Ansonsten hält sich die Familie streng an die Kontaktsperren.

Vielen geht es nicht gut

In den ersten zwei Wochen des Lockdowns sei die Arbeitslosigkeit extrem gestiegen, und das nicht nur in Kalifornien - kein Wunder, genießen doch die wenigsten US-Arbeitnehmer Kündigungsschutz. „Es gibt auch ein privates Hilfspaket für Menschen, die im Vergleich zum letzten Steuerjahr unter eine gewisse Einkommensgrenze rutschen“, erzählt Maja Herberg. „Das Geld kommt jedoch häufig nicht an, weil es technische Schwierigkeiten gebe und viele ärmere Amerikaner gar keine Steuererklärung abgegeben hätten.“ Auch wenn Maja Herberg meilenweit davon entfernt ist, ein solches Schicksal zu erleiden - die Corona-Krise ist auch an ihrem Job nicht spurlos vorbeigegangen. Weil der Landkreis die Kliniken aufgefordert hatte, geplante Operationen zugunsten der Versorgung von Covid-19-Patienten abzusagen, ist ihr Arbeitgeber in Finanznöte geraten. „Die Mitarbeiter sind aufgefordert worden, in den nächsten zehn Wochen zwölf Tage ihres Urlaubs zu nehmen.“

Die Ex-Kirchheimerin ist davon überzeugt, dass die Welt noch viel zu wenig über das neue Virus weiß. Sie freut sich darüber, dass sich ihr Team in Stanford an einer Studie über Menschen beteiligt, die an Covid-19 erkrankt waren. Ziel ist es, das gesamte Humangenom zu sequenzieren. „Wir müssen beispielsweise herausfinden, warum es manche Bevölkerungsgruppen viel härter trifft als andere“, sagt sie in Anspielung auf African Americans, amerikanische Ureinwohner und Latinos, die offenbar häufiger an schweren Verläufen leiden als andere. Auch brauche es mehr Forschung über die Übertragung des Virus von Kindern an Erwachsene. Wenn Maja Herberg das sagt, schwingt natürlich eine Hoffnung mit: dass Sohn Felix bald wieder seine Kita besuchen kann. „Es ist nicht haltbar, dass die Erwachsenen arbeiten sollen und die Kinder nicht in die Schule oder Kita gehen“, sagt sie. Anders als in Deutschland kehrten in den USA die meisten Mütter nach drei bis sechs Monaten wieder zurück in den Job und seien auf Betreuung angewiesen. Für Schnellschüsse ist Maja Herberg trotzdem nicht. „Wir müssen einen Weg finden, alles vorsichtig wieder zu öffnen“, sagt sie.