Weilheim · Lenningen · Umland

Kapitän Otto spinnt kein Seemannsgarn

Jubiläum Seit 50 Jahren gibt es die Jachtschule Otto in Plochingen. Von Peter Dietrich

Petra und Thomas Otto genießen das Leben auf dem Neckar in vollen Zügen.Foto: Peter Dietrich
Petra und Thomas Otto genießen das Leben auf dem Neckar in vollen Zügen.Foto: Peter Dietrich

Plochingen. Ist der auch echt? Aber klar, Thomas Otto ist ein Kapitän von echtem Schrot und Korn. Er ist zwar im Schwarzwald aufgewachsen, spricht aber längst perfekt Platt und war zehn Jahre lang auf der Hochsee unterwegs. Er kann also vom Hurrikan Kategorie 4, vom Krokodil und der Schwarzen Mamba im Laderaum erzählen. Da würde wohl selbst Käpt’n Blaubär vor Neid erblassen, und im Gegensatz zu diesem spinnt Otto kein Seemannsgarn. Aber aus seinem reichen Fundus reichert er den Unterricht an. Denn seine Schüler in der Jachtschule Otto in Plochingen sollen schließlich aufmerksam zuhören.

Thomas Otto hat nachgerechnet: Seit ihrer Gründung im Jahr 1969, also vor 50 Jahren, zählt die Schule rund 40 000 Teilnehmer. Sie kamen und kommen bis aus Freudenstadt, Rottenburg, Ulm und Aalen nach Plochingen - wobei es für die Theorie Zweigstellen in Göppingen und Herrenberg gibt. „Das hat mit Luxus gar nichts zu tun“, sagt Otto. „75 Prozent leihen ein Boot.“ Bei den anderen, die sich selbst ein Boot kaufen, kann es ein Schlauchboot mit Motor für 3 000 Euro sein. Oder doch mal eine Jacht für 30 Millionen.

Wie kam Thomas Otto, geboren 1965 in Calw, zu einer Jachtschule? Diese Geschichte beginnt mit seinem Großvater. Er war als Arzt für fünf Schwarzwaldnester zuständig und suchte einen Ausgleich. So kam er zum Segeln auf dem Bodensee, kaufte sich eine Schale und hat sie mit dem Vater zum Segelboot ausgebaut. „Wir waren eine große Familie, jeder hat mitgeholfen.“ Doch wo macht man jetzt den Führerschein? „Vater und Großvater haben damals gemerkt, es gibt nichts, dafür muss man weit fahren.“ Sie taten es, machten ihren Schein, das sprach sich im Freundeskreis herum. „Kannst du uns das nicht zeigen?“ So begann der Theorieunterricht im Wohnzimmer, die Praxis fand am Bodensee statt. Der Großvater sponserte dem Vater ein Motorboot. Als Thomas Otto das erste Mal mit Großvater auf dem Segelboot unterwegs war, war er gerade mal sechs Monate alt. Bei seinen eigenen beiden Söhnen hat er es später ähnlich gemacht. Sie sind nun nebenher ebenfalls in der Jachtschule tätig, seine Frau Petra macht mit, dazu noch immer der Vater - es ist also ein waschechter Familienbetrieb mit drei Generationen. Das passt zu den Schülern, die von 14 bis rund 80 Jahre reichen.

Am Neckar begann die Jachtschule Otto beim Jachtclub Esslingen, dort blieb sie bis 1981. Dann ging es nach Plochingen, dort wo nun die Firma Kaatsch sitzt. Am jetzigen Standort betrieb Eberhard Zoller eine andere Jachtschule. Nach der Wiedervereinigung bekam er 1991 ein Angebot aus Mecklenburg-Vorpommern und bot seine Schule Thomas Ottos Vater an. Es folgten der Umzug und der Umbau. Die Lage ist aus Sicht des Kapitäns perfekt: Kein Durchgangsverkehr, vorne der Parkplatz und hinten das Wasser.

In Plochingen wird für das Segel- und Motorboot gelernt, ebenso für den Sprechfunk Binnen und zur See. Fünf Motorboote und sechs Segelboote liegen bereit. Für den Sportküstenschifferschein (SKS) findet die Praxis an der spanischen Costa Brava statt, wo Otto mit gemieteten Booten eine Zweigstelle unterhält.

Zur See zu fahren begann Otto mit 18 Jahren, 1993 war Schluss damit. Langeweile gibt es auch so keine: Der Betrieb der Jachtschule läuft das ganze Jahr über, die Motorboote haben eine Standheizung. Gesegelt wird von Ostern bis ­Oktober.