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„Kassen dürfen nicht bestraft werden“

Gesundheit AOK-Bezirksratsvorsitzender kritisiert Finanzierung der Pandemiefolgen aus Rücklagen der Kassen.

Die Rücklagen aller gesetzlichen Krankenkassen sollen deutlich abgeschmolzen werden, um unter anderem durch Corona verursachte F
Die Rücklagen aller gesetzlichen Krankenkassen sollen deutlich abgeschmolzen werden, um unter anderem durch Corona verursachte Finanzlücken im Gesundheitsfonds zu refinanzieren. Foto: Ines Rudel

Kreis Esslingen. Zu Beginn des Jahres ist turnusgemäß ein Wechsel im Vorsitz des Bezirksrats der AOK Neckar-Fils erfolgt: Andreas Streitberger, Vertreter der Versicherten, übernimmt von Dieter Hummel, Arbeitgebervertreter, bis Ende des Jahres die Leitung des ehrenamtlichen Gremiums.

„Es ist aktuell eine Zeit der Ungewissheit. Keiner kann sagen, wann sich die Lage entspannen wird. Doch auch unter diesen Bedingungen ist die AOK ein wichtiger und verlässlicher Ansprechpartner“, sagt Andreas Streitberger, ehrenamtlicher Vorsitzender des AOK-Bezirksrats. Das habe die AOK schon während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr unter Beweis gestellt. Weil derzeit wegen der hohen Corona-Zahlen die persönlichen Kontakte zu den Versicherten und Firmenkunden deutlich reduziert seien, berate die AOK verstärkt telefonisch sowie online und sei über das Onlineportal „Meine AOK“ rund um die Uhr zu erreichen. Bedauerlich sei, dass die vielen AOK-Gesundheits- und Ernährungskurse für die Versicherten weiterhin nicht stattfinden könnten.

Als Herausforderung sieht der Bezirksratsvorsitzende und Versichertenvertreter die Finanzierung der Corona-Pandemiefolgen aus Rücklagen der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach sollen die Rücklagen aller gesetzlichen Krankenkassen deutlich abgeschmolzen werden, um unter anderem durch Corona verursachte Finanzlücken im Gesundheitsfonds zu refinanzieren. Die AOK stehe für eine hohe gesundheitliche Versorgung und habe mit Blick auf Qualität und Stabilität vorsorglich gewirtschaftet, so Streitberger. Es müsse Schluss damit sein, dass die AOK, wie viele andere Kassen auch, für ihr verantwortungsvolles Handeln bestraft werde.

Im Übrigen, so Streitberger als Versichertenvertreter, seien die Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen zu einem guten Teil durch die Versicherten finanziert. Diese hätten lange Zeit die Zusatzbeiträge allein zu tragen gehabt. Insofern bestehe die begründete Befürchtung, dass die Versicherten aufgrund der durch die politischen Vorgaben zukünftig entstehenden Finanzierungslücken doppelt zur Kasse gebeten würden. Hintergrund: Anfang Juni 2020 habe der Koalitionsausschuss eine sogenannte Sozialgarantie beschlossen, nach der die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent stabilisiert werden sollten. Schlussendlich führe das jedoch zur Vergemeinschaftung von Rücklagen gut wirtschaftender Krankenkassen, so Streitberger.

Dies zu vermeiden werde nur durch eine deutliche Erhöhung des Bundeszuschusses mit mehr als den vereinbarten fünf Milliarden Euro möglich sein, damit die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen auch über 2020/2021 hinaus stabil bleibe und die Beitragszahler nicht auf den Kosten für die Corona-Pandemie sitzen blieben. pm