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Kein Tag ist wie der andere

Kirche Der Beruf des Pfarrers ist seit jeher von großer Bedeutung. Aber es kommen schwierige Zeiten auf die Kirchengemeinden zu, denn es mangelt am Nachwuchs. Von Daniela Haußmann

Katharina Eberhardt (links) studiert in Tübingen Theologie, um Pfarrerin zu werden. Bei Daniel Trostel hat sie durch das kirchli
Katharina Eberhardt (links) studiert in Tübingen Theologie, um Pfarrerin zu werden. Bei Daniel Trostel hat sie durch das kirchliche Ehrenamt viel gelernt.Foto: Daniela Haußmann

Auf den ersten Blick sieht es zwar nicht danach aus, doch im Grunde führt Daniel Trostel ein kleines Unternehmen. Der Pfarrer, der die Geschicke der evangelischen Kirchengemeinde in Dettingen leitet, ist nämlich viel beschäftigt. Kein Tag ist wie der andere. Das hat auch Katharina Eberhardt schnell bemerkt. Die 23-Jährige studiert in Tübingen Theologie. Bei Daniel Trostel arbeitet sie nebenher ehrenamtlich in der Kirche mit. Die junge Frau engagiert sich von Kindesbeinen an in der Kirche. Deshalb weiß sie auch genau, was ihr Traumberuf mit sich bringt.

Hoher Arbeitsaufwand

Heute Morgen war Daniel Trostel schon beim Religionsunterricht in der Schule. Gleich trifft er jemanden, der seelsorgerische Unterstützung braucht. Auf dem Weg zum Pfarramt unterhält er sich mit dem ein oder anderen Gemeindemitglied - denn es vergeht kaum ein Tag, an dem Trostel nicht zufällig jemanden trifft, den er kennt. Kaum im Büro, greift Trostel zum Hörer. Seit Monaten schon hält ihn die Anschaffung einer neuen Orgel auf Trab. Trostel hat Termine mit dem Denkmalamt und dem Orgelbauer, er akquiriert Spendengelder und betreibt Öffentlichkeitsarbeit.

Pfarrer zu sein ist kein Job wie jeder andere. Schon gar keiner, der sich zwischen 9 und 17 Uhr abspielt. Seit 2003 zeigen Studien, dass die Belastungen im Pfarramt steigen und gar 18 bis 20 Prozent der Pfarrer stressbedingte Gesundheitsstörungen aufweisen. Als Gründe werden die Aufgabenfülle, hoher Verwaltungsaufwand oder die Zusammenlegung von Kirchengemeinden genannt. Eine 2011 an der Hochschule Zittau/Görlitz erfolgte Studie gibt an, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Pfarrern circa 55 bis 79 Stunden beträgt.

Zwölf Semester bis zum Examen

Doch all das schreckt Katharina Eberhardt nicht ab. „Kaum ein anderer Beruf bietet so viel Abwechslung, die Möglichkeit zu gestalten und mit Menschen zu arbeiten“, findet die Studentin. „Pfarrer ist ein Werteberuf, denn man vermittelt den Menschen nicht nur materielle Werte, sondern geistliche Dinge, die ewig bleiben.“ Der Glaube ist Eberhardts Lebensinhalt. Auch deshalb findet sie es „schön, zu erleben, wie Menschen zu Gott finden“. Und obwohl der Gottesdienst am Sonntag genauso zum Alltag gehört, wie Haushaltsplanung oder Personalmanagement, ist Katharina Eberhardt überzeugt, dass genügend Raum für Work-Life-Balance bleibt.

Die Jobaussichten sind glänzend. Denn es fehlt der Nachwuchs. Einen Grund für die Entwicklung sieht Trostel vor allem in der gesellschaftlichen Säkularisierung. „Zwischenzeitlich studieren mehr Frauen als Männer Theologie“, erzählt die 23-Jährige.

Bis die Dettingerin ihre eigene Kirchengemeinde betreuen kann, muss sie erst noch ihr sechseinhalb Jahre dauerndes Studium in Tübingen beenden. Dann hätte sie ihr kirchliches Examen in der Tasche. „Es ist ein Lesestudium. Das Pflichtpraktikum dauert gerade einmal vier Wochen“, erzählt sie. Am Ende dieser zweijährigen Ausbildung steht dann die Ernennung zum Pfarrer auf Probe. Nach spätestens fünf Jahren erfolgt die Einsetzung auf Lebenszeit. Wer dann im Ausland arbeiten will, kann sich von der Kirche dorthin versetzen lassen. Aber auch eine Beschäftigung als Krankenhaus-, Gefängnis-, Militär- oder Rundfunk-Pfarrer ist eine mögliche Option in dieser gefragten Branche.