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Keine Zäune um die Bäume

Die Außenanlagen für Wohngebäude in Lindorf und im Hafenkäs sorgen für allerhand Diskussionen

Auf dem Lindorfer Dreschplatz sollen - wie auch im Hafenkäs - Gebäude für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen entstehen.
Auf dem Lindorfer Dreschplatz sollen - wie auch im Hafenkäs - Gebäude für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen entstehen. Eine Streitfrage ist unter anderem der Umgang mit den vorhandenen Bäumen.Foto: Carsten Riedl

Für die Anschlussunterbringung in Lindorf und im Hafenkäs plant die Stadt Kirchheim die Außenanlagen. Kostenpunkt: rund eine halbe Million Euro.

Kirchheim. In Lindorf sind grundsätzlich zwei Bauabschnitte vorgesehen, sowohl für die Außenanlagen als auch später für die Wohngebäude. Was die Häuser betrifft, sollen zunächst im Südwesten des Dreschplatzes zwei diagonal auf die Fläche gesetzte Gebäude entstehen. Ein möglicher zweiter Bauabschnitt sieht im Nordosten zwei weitere Gebäude vor, eines parallel zur Hardt­straße und das andere parallel zum Eschenweg. Die Außenanlagen – mit Verkehrswegen, um die Gebäude zu erreichen, mit Spiel- und Aufenthaltsbereichen, mit Wäscheplätzen, Mülleimer- und Fahrradbehausungen sowie einem Zaun zu den Nachbargrundstücken – sind in einer gemeinsamen Planung zusammengefasst, sollen sich aber unabhängig voneinander verwirklichen lassen. Schließlich ist bis jetzt noch nicht absehbar, ob oder auch wann der Bedarf für einen zweiten Bauabschnitt besteht.

Zum ersten Bauabschnitt auf dem Dreschplatz jedenfalls gehört außer den beiden Wohngebäuden noch ein Sozialgebäude, in dem auch die überdachten Fahrradräume integriert sind. An der Hardtstraße werden Stellplätze angelegt – unter anderem ein behindertengerechter Stellplatz, wie es die Landesbauordnung vorschreibt. Standard und Elemente seien in Lindorf dieselben wie im Hafenkäs, betont Martin Zimmert, der Leiter des Kirchheimer Fachbereichs Hoch- und Tiefbau. Er spricht von einer sehr einfachen und sehr preiswerten Bauweise.

Dennoch sind beim ersten Bauabschnitt in Lindorf allein für die Außenanlagen 190 000 Euro vorgesehen. Im Hafenkäs liegt die Planung bei 196 000 Euro. Kommt auf dem Lindorfer Dreschplatz der zweite Bauabschnitt hinzu, fallen für die Außenanlagen Kosten in Höhe von weiteren 114 000 Euro an.

Im Technischen Ausschuss versuchte Dr. Thilo Rose, der Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion, auf die Kostenbremse zu treten, denn „nicht in jedem Mehrfamilienhaus gibt es Außenanlagen für 200 000 Euro“. Er fragte an, ob man nicht „weniger Wege“ anlegen und zudem die kleineren Gebäude für Fahrräder und Mülleimer zu den Autostellplätzen an die Straße verlegen könne. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Sabine Bur am Orde-Käß sowie Eva Frohnmeyer-Carey von der Frauenliste betonten dagegen, wie wichtig die Außenanlagen seien, weil sie für die künftigen Bewohner die „Wohnzimmer“ darstellen. Hans Kiefer (CIK) verwahrte sich ebenfalls dagegen, „Vorgaben der Landebauordnung einfach zusammenzustreichen“.

Martin Zimmert strich heraus, wie wichtig eine klare Zuordnung der Mülleimer zu den Gebäuden sei. Den Gedanken, die Planung für den zweiten Bauabschnitt nicht zu genehmigen, hält er ebenfalls nicht für zweckmäßig. Die Pläne würden ohnehin in der Schublade verschwinden, bis sie bei Bedarf wieder hervorgezogen werden. Später dagegen komplett neu zu planen, würde noch höhere Kosten verursachen.

Eine besonders strittige Frage war der Umgang mit den fünf Bäumen auf dem Dreschplatz. „Vor 30 oder 40 Jahren hätte man sie einfach umgemacht“, stellt Martin Zimmert fest. Sie hätten eine „stark verminderte Vitalität“. Es sei „nur eine Frage der Zeit, bis sie kaputtgehen“. Trotzdem schlug die Verwaltung vor, die Bäume stehen zu lassen. Aus Sicherheitsgründen seien sie allerdings einzuzäunen. Letzteres lehnte der Ausschuss mit großer Mehrheit ab. Vor allem Reinhold Ambacher (Freie Wähler) hatte sich dafür ausgesprochen, die alten Bäume auszuschneiden – oder neue Bäume zu pflanzen.

Kommentar: Schilda lässt grüßen

Wegen Bäumen ist die Kirchheimer Stadtverwaltung in letzter Zeit häufig in die Kritik geraten – ob berechtigterweise oder nicht, sei dahingestellt. Was sie jetzt aber für den Lindorfer Dreschplatz vorgeschlagen hat, ist objektiv noch weniger nachzuvollziehen als die vielfach angeprangerten „Kahlschläge“ an anderen Ecken und Enden der Stadt. Beinahe wäre man geneigt, die Verantwortlichen im Technischen Rathaus für ihre feine Ironie zu loben, wenn nicht gar für ihren Sarkasmus, so drastisch mutet diese Kehrtwende an.

Wenn man den Gedanken nämlich ernst nehmen wollte, müsste man ihn sofort als Schildbürgerstreich brandmarken: Da gibt es ein paar altersschwache Bäume, die vielleicht noch zehn Jahre vor sich haben. Wenn es hoch kommt, sind es beim einen oder anderen noch zwanzig Jahre. Diese Bäume sind also definitiv nicht für die nächsten drei bis vier Generationen zu bewahren. Im Gegenteil – schon die aktuellen Generationen können sich nicht sicher sein, vor den alten Bäumen bewahrt zu bleiben. Zu groß ist die Gefahr, dass jemand durch herabfallende Äste schwer verletzt wird. Des Rätsels Lösung: die Bäume einfach einzäunen, dann kann nichts passieren.

Wenn die Außenanlagen aber schon zum neuen „Wohnzimmer“ der Flüchtlingsunterkünfte werden sollen, dann ist es nachgerade absurd, einen großen Teil davon als unzugänglich einzuzäunen. Ein Baudenkmal wird ja auch nicht einerseits erhalten, andererseits aber dem Verfall preisgegeben und dann auch noch mit Zäunen umgeben, damit nichts passiert, wenn es zusammenbricht. Es wird entweder ordentlich saniert oder abgerissen. Eine Zwischenlösung gibt es nicht.

Bei den Bäumen auf dem Dreschplatz wäre es also am besten, sie zu fällen, um ungehindert bauen zu können. Anschließend an denselben Stellen neue Bäume pflanzen – und gut isch‘s.ANDREAS VOLZ