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Kenner macht das Rennen

Landtagswahlen Die SPD hat Andreas Kenner als Kandidat für die Landtagswahl im kommenden Jahr nominiert. Als Zweitkandidatin hat sich seine Kirchheimer Ortsverbandsgenossin Tonja Brinks durchgesetzt. Von Simone Weiß

Sie halten die rote Fahne der SPD im Wahlkreis Kirchheim bei der Landtagswahl  hoch: Erstkandidat  Andreas Kenner und Zweitkandi
Sie halten die rote Fahne der SPD im Wahlkreis Kirchheim bei der Landtagswahl hoch: Erstkandidat Andreas Kenner und Zweitkandidatin Tonja Brinks. Foto: Roberto Bulgrin

Die SPD hat doch noch was zu sagen: 53 Minuten lang sprach der Kirchheimer Landtagsabgeordnete Andreas Kenner bei der Nominierungsversammlung der SPD für den Wahlkreis Kirchheim in der Plochinger Stadthalle über seine Politik und seine Ziele. Die 91 Stimmberechtigten kürten ihn deutlich mit 94,4 Prozent zu ihrem Kandidaten für die Landtagswahl am Sonntag, 14. März kommenden Jahres. Spannender ging es bei der Bestellung der Ersatzkandidaten zu: Der vom Kreisverband nominierte Michael Beck und Tonja Brinks vom Ortsverein Kirchheim lieferten sich dabei ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Von 88 gültigen Stimmen waren 42 auf Michael Beck entfallen, für Tonja Brinks hatten 45 Genossen votiert, ein Delegierter enthielt sich. Mit 51,1 Prozent der Stimmen wurde die 51-jährige Politikwissenschaftlerin somit zur Ersatzkandidatin für die Landtagswahl im Wahlkreis Kirchheim gewählt.

Spannung und Anspannung waren beim Urnengang fast mit den Händen greifbar: Nach einer persönlichen Vorstellung beider Bewerber hatte Marianne Gmelin, SPD-Gemeinderätin in Kirchheim, die Werbetrommel für Tonja Brinks gerührt. Sie wies auf ihre Kompetenz in der Bildungspolitik, ihre kommunalpolitische Erfahrung und die Wichtigkeit von Frauen in politisch verantwortlichen Positionen hin. Die Haltung des Kreisverbandes hatte dagegen Beate Schweinsberg-Klenk als SPD-Kreisvorsitzende der AG 60 plus im Kreisverband Esslingen deutlich gemacht: Wichtig sei eine Repräsentation des gesamten Wahlkreises und unterschiedlicher Ortsverbände. Michael Beck sei deshalb als Kreisvorsitzender der bessere Kandidat. Erstkandidat Andreas Kenner und Tonja Brinks gehören beide dem SPD-Ortsverband Kirchheim an.

Doch Tonja Brinks hatte in dem Wahlkrimi die Nase vorn. Die alleinerziehende Mutter einer 15-jährigen Tochter war auch Leiterin der Zentralstelle im baden-württembergischen Kultusministerium und arbeitet aktuell in dessen Referat „Schulentwicklung, Qualitätsmanagement, Gesundheitsförderung, Prävention“ am Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung. Als ihre Themen platzierte sie den Ganztagesausbau, Sprachförderung, Digitalisierung an Schulen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine sozialverträgliche Mobilitätswende und das Verhindern von Altersarmut.

Die Nummer eins im Wahlkreis Kirchheim aber bleibt Andreas „Anne“ Kenner. 1956 in Kirchheim geboren, war er nach seinen Ausbildungen zum Groß- und Außenhandelskaufmann sowie zum Altenpfleger im sozialpsychiatrischen Dienst tätig, bis er 2016 über ein Zweitmandat zum Landtagsabgeordneten gewählt wurde. Wortreich stellte er seine Positionen heraus - klassische sozialdemokratische Forderungen wie eine arbeitnehmerfreundliche Politik, Sicherung von Arbeitsplätzen, freie Kita-Plätze, Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs und mehr bezahlbarer Wohnraum, um die Lücke von etwa 350  000 fehlenden Wohnungen in Baden-Württemberg zu schließen. Die innere Sicherheit sei ein Thema, das die SPD gerne umschiffe. Es müssten keine neuen Gesetze her, denn es würde genug geben. Aber der Respekt gegenüber Menschen, „die sich für uns alle einsetzen“, werde immer geringer. Das gelte nicht nur für Polizeibeamte, sondern auch für Sanitäter oder Feuerwehrleute, die teilweise in ihrer Arbeit behindert und sogar angegriffen würden.

Gespickt war die Rede mit Schelte gegen die Grünen und ihren Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der lange nicht so frisch und innovativ sei, wie er in den Medien wirke. Eine Energiewende dürfe nicht auf Kosten der Arbeitnehmer erfolgen, so Kenner. Aussagen wie „Jedes Auto, das nicht gebaut wird, ist ein gutes Auto“, seien ein „Scheißdreck“. Sympathisch, authentisch, schwäbisch und plakativ rüttelte der Vater zweier erwachsener Kinder die von Wahlschlappen gebeutelten Genossen im Saal auf - das „Tal der Tränen“ sei durchschritten.

Bei 85 „Ja“- und vier „Nein-Stimmen“ sowie einer Enthaltung kam Andreas Kenner auf komfortable 94,4 Prozent der Stimmen. Und der 63-Jährige machte deutlich, dass noch lange nicht ans Aufhören denke. Auch mit 70 Jahren wolle er noch immer Landtagsabgeordneter sein, und mit Blick auf deren hohes Alter und lange Amtszeit meinte er: „Mein großes Vorbild ist die Queen.“