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Kinder begegnen zum ersten Mal Hunden

Flüchtlingskinder aus Ebersbach besuchen die BRH-Rettungshundestaffel Mittlerer Neckar in Schlierbach

Das Vereinsheim drohte aus allen Nähten zu platzen. So viele junge Besucher auf einmal hatte die Rettungshundestaffel Mittlerer Neckar noch nie. Über 70 Flüchtlinge, die meisten davon Kinder, verbrachten einen Nachmittag auf dem Vereinsgelände der Rettungshundestaffel in Schlierbach. Dabei ging es auch um den richtigen Umgang mit den Vierbeinern.

Hundeführerin Susanne Roll mit Rhodesian Ridgeback Jamila und Flüchtlingskinder begegnen sich (fast) auf Augenhöhe.Foto: Andreas

Hundeführerin Susanne Roll mit Rhodesian Ridgeback Jamila und Flüchtlingskinder begegnen sich (fast) auf Augenhöhe. Foto: Andreas Roll

Schlierbach. Wie verhältst du dich richtig, wenn ein Hund auf dich zuläuft? Läufst du weg oder bleibst du stehen? „Weglaufen – das ist keine gute Idee“, erklärt Rettungshundeführerin Sabine Hofmann. „Der Hund ist immer schneller als du.“ Die Kinder sind mit Feuereifer bei der Sache, fast alle entschieden sich für die richtige Lösung. Verständigungsprobleme gibt es keine, Dolmetscher Bishar Mashaan, ein syrischer Flüchtling, der seine Landsleute häufig unterstützt, übersetzt. Comicbilder der Powerpoint-Präsentation machen das Verstehen auch für die Kinder aus anderen Ländern leicht. Und das Deutsch klappt bei vielen Kindern auch schon sehr gut.

„Regelmäßig laden wir Kindergruppen zu uns ein. Es ist so schön, wenn Kinder ihre Ängste verlieren. So war es naheliegend, auch Flüchtlingskinder einzuladen, die in der Umgebung untergebracht sind“, erklärt Daniela Fetzer, Erste Vorsitzende der Rettungshundestaffel. „Und es ist uns wichtig, dass Kinder im Umgang mit Hunden geschult sind und wissen, was Hunde alles können.“

Das wird als Nächstes demonstriert; die Gruppe ist nach draußen gegangen. Die Hunde zeigen auf den Übungsgeräten ihr Können. West Highland Terrier Carraigh läuft eine lange Leiter mühelos rauf und runter, Rettungshündin Banja holt sich mit der Pfote die Wippe nach unten und läuft darüber. Egal wie stark der Untergrund auch wackelt, die Hunde bleiben auf den Geräten. „Für den Rettungshundeeinsatz ist dies sehr wichtig, ein panisches Abspringen kann für die Hunde Lebensgefahr bedeuten“, erklärt Sabine Hofmann den Kindern.

Jetzt geht es weiter zur eigentlichen Arbeit der Rettungshundestaffel: der Suche nach Vermissten. Freiwillige werden gesucht, die sich verstecken lassen wollen. Unzählige Finger gehen nach oben, fast alle trauen sich, von den Hunden suchen zu lassen. In kleinen Gruppen versteckt Rettungshundeführerin Heidi Widmann die Kinder in einem kleinen Häuschen oben auf dem Dachboden, das heißt Einsatz für das Rettungshundeteam Daniela Fetzer mit ihrer Hündin Onja. Die hellbraune Malinois-Hündin läuft über den Trümmerkegel, bekommt Witterung in die Nase, läuft zielstrebig zum Haus, die Treppe nach oben, kratzt an der Tür und bellt laut. „15 Kinder gefunden“, meldet Daniela Fetzer lachend. Aufgeregt und strahlend kommen die Kinder aus dem Haus, manche versuchen, sich gleich noch mal in die nächste Gruppe einzuschleichen.

Erneuter Platzwechsel, es geht draußen auf die Wiese. Der Geräuschpegel steigt, die Kinder werden aufgeregter. „Wir haben hier zehn Hunde mit ihren Hundeführern, ihr dürft jetzt mit ihnen spielen oder sie streicheln“, übersetzt Dolmetscher Mashaan. Die Kinder aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Somalia, Nigeria und dem Kosovo verteilen sich auf die Hundeteams. Für manche Kinder ist es das erste Mal, dass sie einen Hund streicheln. „Der ist so schön weich“, sagt ein zehnjähriger Junge aus Somalia ganz leise. Andere Kinder drehen auf, die Bälle fliegen über die Wiese. Schafpudel-Hündin Lotte und Labrador Tender laufen um die Wette, um die Bälle wieder zurückzubringen. In der Ferne sieht man Kinder, die mit dem Hund an der Leine spazieren gehen.

Dann ist es Zeit für die Heimfahrt. Müde und glückliche Kinder steigen in den Bus. Das Göppinger Busunternehmen Omnibusverkehr Göppingen, OVG, hatte ihn spontan samt Busfahrer für diese Aktion zur Verfügung gestellt. „Auch für uns war das ein schöner Tag“, denkt Hundeführerin Anni Fahrion laut. „Der direkte Kontakt mit Flüchtlingen macht einem noch mal deutlich, dass es einfach Menschen und Kinder sind.“ sh