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Kirchheimer Projekt: Ny Hary hilft Unternehmensgründern

Bildung In Madagaskar hat der Kirchheimer Verein nach seinem Zentrum für bedürftige Jugendliche jetzt ein ­Werkstattprogram für künftige Firmengründer gegründet, das sich an den örtlichen Gegebenheiten orientiert. 

Fahrräder gehören in Madagaskar zu den wichtigsten Transportmitteln. Foto: pr

Der Kirchheimer Verein Ny Hary steht an seinem Wirkungsort Madagaskar vor einer neuen Herausforderung. Während sein Zentrum Alabri in einer ehemaligen Markthalle in der Stadt Miarinarivo eine Erfolgsgeschichte geworden ist und immer mehr bedürftige Jugendliche zum Schulabschluss bringt, wird die anschließende Jobsuche für die jungen Madagassen zunehmend zum Problem. Madagaskar belegt, am Pro-Kopf-Bruttosozialprodukt gemessen, den weltweit fünftletzten Platz, ist also eines der ärmsten Länder der Welt.

Dabei verfügt das Land über gute Ressourcen: eine junge Bevölkerung, große landwirtschaftliche Nutzflächen, eine einzigartige Fauna und Flora und reiche Bodenschätze. „Jedoch ist für die Jugendlichen der Zugang zu Informationen über Berufe oder gar zu Ausbildungsplätzen äußerst schwierig. Darüber hinaus schränken die finanziellen Möglichkeiten der Familien die Chance auf eine qualifizierte Berufsausbildung sehr ein“, sagt Iris Kästle, die das Projekt des Kirchheimers Stefan Büschelberger seit Jahren unterstützt und zum erweiterten Vorstand gehört.

Sie freut sich, dass es für dieses Problem nun eine Lösung gibt: „Mit der Fortschrittswerkstatt soll ein möglichst bruchloser Übergang von der Schule ins Berufsleben ermöglicht werden. Schon während der Schulzeit werden den Jugendlichen Möglichkeiten eröffnet, frühzeitig mit dem Arbeitsmarkt in Berührung zu kommen, eigene Projekte aufzubauen und Eigenverantwortung für ihre persönliche berufliche Zukunft zu übernehmen“, stellt sie die Ziele des Vereins dar. 

Werkstatt ist sowohl im übertragenen als auch wörtlichen Sinn zu verstehen, denn ein zentrales Element ist die Fahrradwerkstatt. „Der Drahtesel ist ein erschwingliches und somit weit verbreitetes Transport- und Verkehrsmittel in Madagaskar. Eine Ausbildung in Fahrradmechanik kann daher jungen Menschen einen niedrigschwelligen Einstieg, grundlegende Kenntnisse des Metallhandwerks sowie unternehmerisches Handeln bieten“, sagt Iris Kästle.

Die Idee: Bekommen die Jugendlichen keinen Job, sollen sie animiert werden, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Außer Fahrrädern gibt es auch noch andere Workshops: In einem Lebensmittellabor sollen die Weiterverarbeitung und Haltbarmachung landwirtschaftlicher Produkte erlernt werden. Dabei kommen Trockenöfen, Solarkocher, Erdnusspressen oder Maniokhäcksler zum Einsatz. In der „Markenschmiede“ lernen die Auszubildenden, wie man Produkte marktfähig macht, ein Geschäft verwaltet, Preise kalkuliert und das Marketing aufbaut. Im Zentrum gibt es zudem einen Kiosk, dort können die Azubis ihre Produkte vermarkten. „Im geschützten Experimentierraum der Fortschrittswerkstatt werden die Einstiegshürden ins Berufsleben deutlich minimiert“, freut sich Iris Kästle. zap/pm

Weitere Informationen gibt es auf www.ny-hary.

 

Das steckt hinter Ny Hary

Östlich der Hauptstadt Antananarivo betreibt der Verein, dessen Namen übersetzt „sich eine Lebensaufgabe geben“ bedeutet, seit über 18 Jahren ein Wohnheim und eine Speisung für bedürftige madagassische Kinder und Jugendliche. Sie kommen aus den weit verstreuten Dörfern in die größere Stadt, um dort eine gute Schulbildung zu bekommen. Rund 50 Jugendliche bekommen im Ny-Hary-Zentrum eine sichere Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung. Weitere 240 Kinder und Jugendliche kommen zur täglichen Schülerspeisung.

Weitere 400 Schülerinnen und Schüler haben im offenen Jugendzentrum Zugang zu rund 80 Bildungsangeboten, von Hausaufgabenhilfe über Sprachkurse und Musik bis Sport. Manche bekommen von Ny Hary eine Ausbildungsförderung. Vor Ort kümmert sich ein Team um die Kinder und Jugendlichen. Einige Mitarbeiter sind „Eigengewächse“, also ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner des Zentrums. pm