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Kleiderkammer am Limit

Ehrenamtliche nehmen aktuell nur Männerkleidung für Flüchtlinge an

Ehrenamtliche des Arbeitskreises Asyl haben in den vergangenen Wochen dazu aufgerufen, Kleidung für Flüchtlinge zu spenden. Es folgte eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft. Die Schattenseiten: Verkehrschaos vor der Flüchtlingsunterkunft, eine heillos überfüllte Kleiderkammer, Annahmestopp und frustrierte Spender.

Kleiderkammer Kirchheim, Charlottenstraße 69
Kleiderkammer Kirchheim, Charlottenstraße 69

Kirchheim. Es ist Montag, 17 Uhr. In der Kirchheimer Kleiderkammer beginnt der Spendenmarathon. Menschen aus Kirchheim und Umgebung schleppen Umzugskartons in die kleine Wohnung, die zum Lagerraum umfunktioniert worden ist. Ein düsterer Flur, dann zwei Räume mit Regalen, in denen sich Kleidung und Kartons stapeln.

In der Kleiderkammer ist es so voll, dass die freiwilligen Helfer sich kaum bewegen können. Gebetsmühlenartig wiederholen sie die immer gleichen Sätze. „Leider nehmen wir keine Damenbekleidung, keine Babysachen und kein Spielzeug an. 80 bis 85 Prozent der Flüchtlinge in Kirchheim sind Männer.“ Viele Spender müssen einen Teil der Dinge wieder mit nach Hause nehmen. Ein Blick in die Regale verrät, warum. „Die Regale mit den Frauen- und Kinderkleidern quellen über, aber niemand holt die Klamotten ab“, sagt eine Ehrenamtliche. Bei den Männersachen ist momentan viel Luft in den Regalen. In der vergangenen Woche haben die freiwilligen Helfer Kleidung in der Kreissporthalle verteilt. Allerdings wird auch hier nicht alles gebraucht. Die meisten Flüchtlinge sind junge Männer, die Kleidergröße S oder M tragen. Herrenmode in L oder XL wird nur selten benötigt.

An diesem Montag hält sich der Zustrom der Spender in Grenzen. In den Wochen zuvor war das anders. Während die Anwohner der Saarstraße sich regelmäßig über die „Grünschnitt-Rallye“ ärgern, wurde die Charlottenstraße, an deren Ende die Flüchtlingsunterkunft liegt, zum Schauplatz einer Spenden-Rallye. Ein Sonderannahmetag für Kleiderspenden, den Ehrenamtliche des AK Asyl ausgerufen hatten, um die frierenden Flüchtlinge in der Kreissporthalle zu versorgen, endete im totalen Chaos. Der Aufruf sei auf Facebook geteilt worden, selbst aus Böblingen und Stuttgart seien Spender gekommen, sagt Stefan Schwarz, der das Engagement der Freiwilligen für die Kleiderkammer koordiniert. Die Spendenbereitschaft war so enorm, dass die Ehrenamtlichen die Kartons nur noch in die Kleiderkammer warfen, ohne auf den Inhalt zu achten. Nach kürzester Zeit ging nichts mehr. „Um 20 nach fünf stand ich oben auf der Straße und musste die Autos umdrehen lassen“, sagt Stefan Schwarz. Eine Erfahrung, die sich bei den folgenden zwei Terminen wiederholte und bei vielen Spendern für Verdruss sorgte. „Wir wollen niemanden verprellen und freuen uns über die Spenden“, sagt Stefan Schwarz. Aber die Lagermöglichkeiten seien eben begrenzt.

Der AK Asyl hat mittlerweile eine Lösung gefunden. Die Ehrenamtlichen dürfen ab sofort einen Raum in der Wäscherei des benachbarten Kreiskrankenhauses als Lagerraum nutzen. „Dann können wir uns in der Kleiderkammer endlich wieder drehen und wenden“, sagt Stefan Schwarz. Die Kleiderannahme und -ausgabe findet weiterhin in der Flüchtlingsunterkunft statt. Die Stadt Kirchheim hatte parallel nach alternativen Räumlichkeiten gesucht. Im Gespräch war ein Gebäude innerhalb des Alleenrings. Das bestätigte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker auf Anfrage.

Die 30 Ehrenamtlichen, die sich mittlerweile in der Kleiderkammer engagieren, können also aufatmen. Eine optimale Lösung ist die Spendenannahme und -ausgabe in der Charlottenstraße für rund 700 Flüchtlinge dennoch nicht – auch unter Sicherheitsaspekten. Das zeigte die Kleiderausgabe am 16. Oktober. Die Ehrenamtlichen wollten um 15 Uhr zur Ausgabe öffnen, die ersten Flüchtlinge waren schon um 12 Uhr dort, berichtet Stefan Schwarz, der morgens vorsichtshalber auf dem Polizeirevier gewesen war, um anzukündigen, dass Hilfe benötigt werden könnte, um die Ordnung wieder herzustellen. „Viele Flüchtlinge haben eine schöne Reihe gebildet, andere nicht“, sagt Stefan Schwarz. Als die Situation eigentlich geklärt gewesen sei und die Ehrenamtlichen die Türen öffneten, sei von hinten ein solcher Druck entstanden, dass die Freiwilligen die Polizei rufen mussten. Die Moral von der Geschicht‘: „Eine Sicherheitstür in der Kleiderkammer wäre hilfreich.“

Eine Ehrenamtliche sortiert in der Kirchheimer Kleiderkammer Spenden. Aktuell wird Männerkleidung benötigt. Nach einer Sonderaus
Eine Ehrenamtliche sortiert in der Kirchheimer Kleiderkammer Spenden. Aktuell wird Männerkleidung benötigt. Nach einer Sonderausgabe in der Kreissporthalle, in der ausschließlich männliche Flüchtlinge leben, sind die Regale fast leer (kleines Foto). Fotos: Jean-Luc Jacques

Montags ist Annahmetag

Die Kirchheimer Kleiderkammer des AK Asyl in der Charlottenstraße (Haus 69) ist immer montags zwischen 17 und 19 Uhr für Spender geöffnet. Mittwochs zwischen 16 und 18 Uhr wird ausschließlich Kleidung an Flüchtlinge ausgegeben. An diesem Tag werden keine Kleiderspenden angenommen. Spender werden dringend gebeten, keine Kleidung in der Kreissporthalle abzugeben, sondern sich an den Annahmetermin und -ort zu halten. Aktuell werden weder Damen- oder Kinderbekleidung noch Spielzeug angenommen. Ausnahme sind neu gekaufte Unterwäsche, Strümpfe und Strumpfhosen für Männer und Kinder. Gebrauchte Ware kann nicht angenommen werden, weil es sich um Hygieneartikel handelt. Männermode in den Größen S und M, insbesondere für die Wintermonate, wird nach wie vor benötigt. Aktuelle Informationen für Spender gibt es auf den Internetseiten des Arbeitskreises Asyl: http://www.ak-asyl.de/archiv.html.adö