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Kleines Theater mit großen Problemen

Die Badische Landesbühne zeigt in der Stadthalle „Frühstück bei Tiffany“

Kirchheim. Dass Erzähltexte zu Bühnenstücken verarbeitet werden, ist bestimmt nicht aufregend, sondern weit verbreitet. „Frühstück bei Tiffany“ – diesen Stoff gibt es doch als Film von 1961 mit der unvergleichlichen Audrey Hepburn.

Dieser Filmklassiker lässt in Vergessenheit geraten, dass die Geschichte 1958 geschrieben, ursprünglich von Truman Capote stammt, einem amerikanischen Autor, der alkohol- und drogensüchtig 1984 im Alter von 60 Jahren starb. „Frühstück bei Tiffany“ hat ihn, nicht zuletzt aufgrund des Films, mit dem er übrigens nicht einverstanden war, weltberühmt gemacht.

So beschreibt Capote in einem Interview seine Hauptfigur: Ein junges Mädchen namens Holly Golightly zieht aus der Provinz nach New York und lebt als eine Art amerikanische Geisha. Sie begleitet Spesenritter in elegante Restaurants und Nightclubs unter der Voraussetzung, dass diese Begleiter ihr ein Geschenk machen in Form von Schmuck oder sogar einem Scheck. Ihr einzig verlässlicher Freund auf ihrer Suche nach dem eigenen Ich und nach einer Heimat ist Fred, ein mittelloser schwuler Schriftsteller – wie Capote selbst.

Wenn ein Theater diesen Stoff auf die Bühne bringen will, so muss es sozusagen an zwei Fronten kämpfen: Es muss nicht nur Capotes Erzähltext in ein Bühnenstück umformen, sondern auch noch gegen die übermächtigen Bilder des Films anspielen.

Was tun, angesichts der Filmbilder? Man sucht sich eine Schauspielerin, die Audrey Hepburn ähnelt und stattet sie mit ihrer Frisur, ihrer Kleidung und möglichst mit ihrem Spiel aus.

Was tun, angesichts der vielen Schauplätze und Zeitsprünge? Man zeigt im Bühnenbild New York als Gesamtrahmen und spielt die Musik der 50er-Jahre ein. Man lässt Fred immer wieder aus der Rolle fallen und erzählen. Er beginnt mit dem Schluss. Alles andere ist Rückblende. Durch seinen Kommentar und durch Lichteffekte wie durch offene Umbauten wird klargestellt, wann, was, wo geschieht. Eine große – zu große – Spielfläche zwischen Sitzmöbeln bietet Möglichkeiten für Szenenwechsel.

Was tun, wenn viele Personen mitspielen? Von den sechs Darstellern treten drei in Mehrfachrollen auf. Schnelles Umziehen ist angesagt.

Was tun, wenn der Bühnentext aus handlungsarmen Dialogen besteht? Regisseur Carsten Ramm lässt die Schauspieler Ersatzhandlungen ausführen, wie man sie aus Boulevardstücken kennt, sie hantieren mit Whiskeyflaschen und -gläsern und rauchen. Die Frauen dürfen auch stricken. Eine wirksame Art, Bewegung in die Szene zu bringen, ist das Tanzen. Davon wird reichlich Gebrauch gemacht.

Bei der zweiten „Front“, der Bühnenfassung, greift die Landesbühne Bruchsal auf eine Broadwayinszenierung von 2013 zurück, also auf eine ganz aktuelle. Diese bewegt sich zwischen der Filmversion und Capotes Text. Der Film handelt von der Liebe eines Schriftstellers zu Holly und endet mit einem happy-endigen Schlusskuss in strömendem Regen.

Capotes Text handelt von der Freundschaft eines schwulen Schriftstellers mit Holly. Beide sind Außenseiter. Die Beziehung endet in melancholischer Entsagung. Die Bühnenfassung wählt einen Mittelweg. Sie lässt den Schriftsteller einen echten Liebhaber sein. Doch er muss entsagen.

Die Bruchsaler Truppe schlägt sich angesichts der vielen Schwierigkeiten wacker. Die Vielfachrollen werden hinreichend skizziert. Kathrin Berg als Holly bringt einen Hauch von ­Audrey Hepburn herüber. Cornelius Danneberg ist als Fred und als Erzähler immer präsent und Herr der Lage. Szenenbeifall erntet Kathrin Berg, wenn sie zur Gitarre den Filmohrwurm „Moon River“ singt, Danneberg für seine virtuose Gitarrenbegleitung bei einem weiteren Song.

Nicht so überzeugend war das schleppende Tempo des Ganzen. Die schlechte Ausleuchtung der verschiedenen Schauplätze ist wohl eine Folge des schlechten Stadthallenequipments.

Doch das Kirchheimer Publikum war‘s zufrieden, wie der kräftige Schlussbeifall zeigte.