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Klingende Barockjuwelen

Konzert des Ensembles „Concerto Imperiale“ in der Kirchheimer Schlosskapelle

Kirchheim. Unerschöpflich scheint der Ideenreichtum des Kirchheimer Violinisten und Musikwissenschaftlers Dr. Bernhard Moosbauer zu sein, was Programmgestaltung und

Auswahl der Werke anbelangt. Roter Faden des von der vhs Kirchheim veranstalteten Konzerts war dieses Mal die Idee, vom Solo bis zum Tutti die Besetzung sukzessive auszuweiten.

Selbstredend begnügte sich „Concerto Imperiale“ nicht damit, nur sattsam bekannte Werke der zahlreich erschienenen Zuhörerschaft zu präsentieren, sondern wartete mit vielen, selten gespielten Preziosen auf. Die versierten Musikerinnen und Musiker, allesamt ausgewiesene Experten an ihren Instrumenten und in barocker Spielpraxis, verstanden es, das Publikum von Beginn an in den Bann zu ziehen. Dabei fasziniert stets die Spielfreude, die sich direkt auf die Musik und die Zuhörer überträgt.

Eröffnet wurde das „Concerto Grosso“ mit Musik von Georg Phi­lipp Telemann, der Phantasie VII in Es-Du. Bernhard Moosbauer spielte das Werk, das im Aufbau Anleihen sowohl bei der italienischen Sonate als auch bei der französischen Suite macht, mit klarer Bogenführung, stupender Technik und großer Musikalität. Er verlieh jedem der kurzen Sätze so seine eigene Charakteristik, die er auch zuvor in seiner gewohnt informativen und launigen Moderation angesprochen hatte. Jean-Marie Leclair, Johann Rosenmüller und Johann Vierdanck boten nun den anderen Ensemblemitgliedern Gelegenheit, das „Tutti“ nach und nach zu vervollständigen. In Leclairs Sonate trat mit Renate Harr eine vorzügliche Violinistin an die Seite von Bernhard Moosbauer. Beide konnten durch virtuose Spieltechnik und genaue Abstimmung überzeugen. Das zeigte sich besonders in den vielen imitatorisch gestalteten Teilen sowie der wechselnden Melodieführung.

In Rosenmüllers Opus war zum ersten Mal an diesem Abend die Form einer Triosonate zu hören, einer überaus beliebten Besetzung in der Barockzeit. Zwei gleichrangige Diskantinstrumente werden durch einen sogenannten Generalbass grundiert. Michael Brüssing, Cello, und Andreas Scheufler, Cembalo, übernahmen diesen Part. Sie füllten ihn in idealer Ergänzung zu den beiden Violinstimmen aus, im besten Sinne von „konzertant“, miteinander wetteifernd, stets präsent, klar konturierend, doch sich nie in den Vordergrund spielend. Das späte Werk Rosenmüllers gefiel durch farbige, schnelle Kontrastwirkungen, der Generalbasspart mit musikalischem „Eigenleben“, die bloße Akkordstütze inspiriert verlassend.

In den vier Capricci von Johann Vierdank, in der aparten, seltenen Besetzung mit drei Violinen ohne Generalbass, trat mit Rainer Ullreich, Violine, eine weitere Instrumentalfarbe dazu. Die interessanten, kaum gespielten Stücke Vierdanks, eines Schülers von Heinrich Schütz, überraschten durch ihre kompositorische Reichhaltigkeit, einen tänzerischen Gestus und sehr schöne Echowirkungen. Die barocken „Großmeister“, Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach, bildeten nun die Plattform für das „Tutti“ des Abends. Heike Hümmer, Violone, sowie Rainer Ullreich, Viola, komplettierten das Concerto Imperiale und brachten durch ihre virtuose und sehr musikalische Spielweise prägnante, zusätzliche Farbtöne in die barocke musikalische Palette ein. Bei dem Stück von Händel, der Sonate IV in G-Dur, handelt es sich, so Moosbauer, um ein „Patchworkwerk“, um Musik, bei der der Komponist auf eigene Kompositionen zurückgreift, eine gängige Praxis in der Barockmusik. In den beiden Tuttistücken war nochmals der Klangfarbenzauber zu hören, der diese Musik kennzeichnet: lebendige Dialoge zwischen den Stimmen und Registern, imitatorisch gearbeitete, aber auch expressive Melodiebögen, eine spielfreudige Grundmotorik, tänzerisch bewegte Elemente sowie farbige Wechsel in Besetzung und Dynamik. Nach dem Abschlusswerk des Abends, einer Bearbeitung des Violinkonzerts E-Dur, bei dem besonders der Cembalist Andreas Scheufler seine reichhaltige Verzierungskunst und hervorragende Spieltechnik demonstrieren konnte, holte der lang anhaltende Beifall des Publikums die Protagonisten zu einer Zugabe auf das Podium zurück. Wiederum eine großartige Werbung für die Barockmusik und ihren idealen Sachwalter, das Concerto Imperiale.