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Konzerne sollen Busse und Züge statt Autos bauen

Verkehr Wie können in der Autoindustrie schwindende Arbeitsplätze gerettet werden? Der Hochschullehrer Klaus Meier plädiert für den Bau von Schienenfahrzeugen. Auf den Ausbau der Brennstoffzelle setzt er nicht. Von Peter Dietrich

Autohersteller sollten laut Klaus Meier künftig Straßenbahnen und Züge bauen. Auch bei der Instandhaltung von S-Bahnen sind künf
Autohersteller sollten laut Klaus Meier künftig Straßenbahnen und Züge bauen. Auch bei der Instandhaltung von S-Bahnen sind künftig mehr Arbeitsplätze gefragt. Foto: Peter Dietrich

Mit seinen Studenten beschäftigt sich Ingenieur Klaus Meier mit Maschinenbau und Mechatronik. Seine Ausführungen zur Zukunft der Automobilindustrie könnten also etwas technisch sein, räumte er zu Beginn der Online-Diskussion der Linken in Kirchheim ein. Doch sie waren verständlich, und der Mann aus dem Rhein-Main-Raum kannte sich auch am Neckar gut aus.

Warum soll für viele alles weitergehen wie bisher - was das Auto betrifft, eben elektrisch? Unter den 50 weltgrößten Unternehmen fand Klaus Meier elf Energie- und sechs Autokonzerne. „Sie wollen, dass ihr Geschäftsmodell weiterläuft.“ Dass das nicht funktionieren kann, meinte Meier und nannte Zahlen. Der Gesamtendenergieverbrauch in Deutschland liege bei jährlich rund 2500 Terrawattstunden (TWh), davon werden 519 TWh als Strom verbraucht. Der Anteil der erneuerbaren Energien liegt bei 236 TWh. Welche Energiemenge könne das Land im Jahr 2040 maximal aus erneuerbaren Energien - inklusive Biomasse - erzeugen? Es sind rund 1200 TWh, also knapp die Hälfte des derzeitigen Gesamtverbrauchs. Also reiche ein Umstieg vom Verbrenner zum Elektroauto nicht aus: „Es ist ein Rückbau nötig.“

Nur der Blick auf den Kohlendioxidausstoß sei viel zu wenig. Hinzu komme unter anderem die Rohstoffprobleme: Pro einer Kilowattstunde Speicherkapazität werden 150 Gramm Lithium benötigt. Nach einem ersten Durchlauf mit E-Autos mit Batterien seien also die weltweiten Vorräte verbraucht, und Lithium sei schlecht zu recyceln. Auch Kobalt ist endlich, die weltweiten Reserven liegen bei etwa 25 Millionen Tonnen.

Was ist mit Wasserstoff als Speicher, anstatt der Batterie? Beim Brennstoffzellenfahrzeug sinkt leider der Gesamtwirkungsgrad erheblich. Bei der Wasserstofferzeugung (Elektrolyse), dem Wasserstofftransport und in der Brennstoffzelle gingen jeweils rund 30 Prozent verloren, der Gesamtwirkungsgrad des Systems liege nur noch bei 34 Prozent. „Das sind 66 Prozent Verlust. Bei einem Flugzeug mit Gasturbinenantrieb läge der Gesamtwirkungsgrad bei nur noch 18 Prozent.“ Wenn etwa Toyota propagiere, alle Autos mit Brennstoffzellen auszurüsten, sei das verrückt. Die Brennstoffzelle sei etwas für Schiffe, Propellerflugzeuge und Lkw, nicht für Autos. Was ist mit synthetischen Kraftstoffen? Klaus Meier kommt bei deren Einsatz auf einen Gesamtwirkungsgrad von nur noch zwölf Prozent. Im Vergleich: Damit läge ein modernes Auto, das mit E-Fuels betrieben wird, als Gesamtsystem in etwa beim Wirkungsgrad einer alten Dampflok.

Bahnhersteller brauchen Hilfe

Noch ein Problem: Vor allem Hybridautos sind viel zu schwer. Klaus Meier erinnert sich noch an seinen Volkswagen 1200A: „Der hatte damals 760 Kilogramm. Ein Audi Q7 TFSI e quattro wiegt 2450 Kilogramm, ein Tesla Model S 2215 Kilogramm, davon 478 Kilogramm für die Batterie.“

Bisher wurden in Deutschland jedes Jahr rund sechs Millionen Autos gebaut. Doch die Produktion wandert immer mehr nach Asien, der Bosch-Vorstand halte auf Dauer jährlich vier Millionen deutsche Autos für realistisch. Der Referent zeigte eine Deutschlandkarte mit dem bis 2028 geplanten Arbeitsplatzabbau, der Schwerpunkt der Verluste liegt im Süden.

Auf der anderen Seite kommen die Bahnhersteller nicht hinterher und die Aufgaben seien groß: Strecken müssten reaktiviert, elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut werden. Der beste Weg, Arbeitsplätze in der Autoindustrie zu sichern, seien daher Investitionen für den öffentlichen Verkehr. Bisherige Autohersteller und Zulieferer sollten künftig Busse, Straßenbahnen und Züge bauen. „Die Umstellung, etwa bei den Blechgehäusen, ist machbar.“ Auch ein Nahverkehr zum Nulltarif sei möglich: „Das kostet bundesweit nur zwölf Milliarden Euro.“