Weilheim · Lenningen · Umland
Kreis soll Radwege alleine finanzieren

Verkehr CDU und Freie Wähler im Kreistag wollen den Ausbau entlang von Kreisstraßen beschleunigen. Unterschiedliche Interessen in Kommunen sorgen für Projektstau. Von Bernd Köble

Plötzlich ist Schluss. Eben noch war man auf bestem Asphalt und auf sicherem Terrain unterwegs. Jetzt bleibt nur noch die Wahl: Straße oder Feldweg. Wer im Alltag oder in seiner Freizeit regelmäßig das Fahrrad nutzt, der erlebt es häufig. Gut ausgebaute Trassen enden abrupt an Gemarkungsgrenzen oder münden in unbefestigten Feldwegen. Die Ursachen sind meist immer die gleichen. Grundbesitzer, die sich beim Verkauf querlegen, oder Nachbargemeinden, die sich nicht einig werden bei der Finanzierung. Zieht einer nicht mit, ist das gesamte Projekt gestorben.

Zumindest den zweiten Teil des Problems will man im Esslinger Kreistag nun versuchen, zu lösen. Indem der Landkreis den Bau neuer Radwege entlang von Kreisstraßen aus eigener Tasche bezahlt – und zwar vollständig. Man dürfe nicht nur den Bau von Radschnellwegen im Auge haben, heißt es im Antrag der CDU im Rahmen der Haushaltsdebatte. Man müsse den Blick
 

„Damit wollten wir verhindern, dass aus dem Bauch heraus Anträge gestellt werden.
Heinz Eininger
Der Landrat zur Entscheidung, Kommunen zur Hälfte an den Kosten für neue Radwege zu beteiligen.
 

auch auf das Streckennetz zwischen den einzelnen Gemeinden richten. Und dort seien die Interessen eben sehr unterschiedlich gelagert. Die Folge: ein beträchtlicher Stau bei neuen Bauvorhaben. Der CDU-Antrag, den auch die Freien Wähler (FW) unterstützen, zielt darauf ab, die bisher geltenden Finanzierungsgrundsätze im kommenden Jahr neu zu regeln. Am Donnerstag gab es dafür eine breite Mehrheit im zuständigen Umweltausschuss.

Der Zeitpunkt ist passend. Nicht nur weil der Radverkehr als wichtiger Baustein bei der Verkehrswende quer durch fast alle Fraktionen inzwischen unstrittig ist. Auch deshalb, weil der Landkreis im kommenden Jahr sein Radverkehrskonzept nach sieben Jahren fortzuschreiben hat. Darin geht es um eine Verdoppelung der bisher angepackten Bauvorhaben. CDU-Fraktionschef Sieghart Friz hält dieses Ziel unter den gegebenen Bedingungen für nicht erreichbar. Es gebe einen beträchtlichen Projektstau, größtenteils verursacht durch Lücken bei der Finanzierung. „Wenn wir die Rahmenbedingungen nicht neu diskutieren, werden wir hier nicht schneller vorankommen“, ist er überzeugt. Zwar werde auch der Kreistag je nach Haushaltslage entscheiden müssen, was machbar ist und was nicht. „Unterm Strich wird es aber auf jeden Fall schneller gehen.“

Einigkeit bei Freien Wählern

Davon ist auch FW-Fraktionschef Bernhard Richter überzeugt. Zwar gelten die Freien Wähler als Hüter der Kreisumlage, über die der Ausbau letztlich finanziert werden müsste. Was eine 100-prozen­tige Kostenübernahme durch den Landkreis betrifft, sieht Richter allerdings „keinen Dissens“ in seiner Fraktion. „Wenn wir alternative Verkehrskonzepte wollen“, meint der Reichenbacher Bürgermeister, „dann brauchen wir zusammenhängende Radwegverbindungen zwischen den Kreisgemeinden.“

Bisher teilen sich Anrainergemeinden die Hälfte der Kosten, die nicht von Bund oder Land übernommen werden. Die andere Hälfte trägt der Landkreis. Das gilt nicht nur beim Bau neuer Radwege, sondern auch für Kreisverkehre oder beim gemeinsamen Ausbau von Ortsdurchfahrten. Eine Regelung, die seit zwei Jahrzehnten gilt und aus einer Zeit stammt, in der klamme Kassen die Finanzdebatte im Kreistag bestimmten. Zwischen damals und heute liegen viele Jahre mit Hochkonjunktur und sprudelnden Steuerquellen. „Durch die Beteiligung der Kommunen wollten wir damals verhindern, dass aus dem Bauch heraus Anträge gestellt werden“, nennt Landrat Heinz Eininger den Grund, weshalb man die Gemeinden bei der Finanzierung in die Mitverantwortung nahm. Auch die Verwaltung zeigt sich offen für neue Regeln bei der Verkehrsfinanzierung, bittet jedoch um Zeit. „Das ist nicht ganz trivial“, betont Eininger. Im Frühjahr startet die Fortschreibung des Radverkehrskonzepts, kommenden Herbst soll dann der Vorschlag der Verwaltung zur Beratung in den Ausschuss kommen. Für Sieghart Friz steht allerdings jetzt schon fest: „Die Wünsche werden auch dann nicht in den Himmel wachsen können.“