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Kunstwerke aus buntem Sprühnebel

Ferienprogramm Beim Graffiti-Workshop im Hochdorfer Jugendhaus Skunk lernen Jugendliche von dem Kirchheimer Künstler Christian Pomplun die richtige Technik im Umgang mit der Sprühdose. Von Katja Eisenhardt

Die blass-orange Außenwand des Radwerkstatt-Containers auf dem Vorplatz des Hochdorfer Jugendhauses Skunk wird immer bunter. „Playtime“ und „Activity“ ist darauf zu lesen, fünf Würfel fallen aus einem Würfelbecher, darüber ist der Name des Spiels Kniffel aufgesprüht.

Zahlreiche Sprühdosen in sämtlichen Farben stehen für die zehn Nachwuchs-Sprayer der zweitägigen Graffiti-Workshops bereit. Mitgebracht hat sie der Kirchheimer Diplom-Kunsttherapeut und freischaffende Künstler Christian Pomplun. Das Kniffel-Graffito ist das gemeinsame Werk von Laura (12) und Isabell (14). Die Mädels sind, wie die meisten Teilnehmer des Ferienprogramms, Neulinge an der Sprühdose und mit großer Begeisterung am Werk. „Das ist toll, dass man hier so kreativ und frei in der Gestaltung sein kann“, findet Isabell. „Am Anfang muss man erstmal den richtigen Abstand rausfinden. Wenn man zu nah dran ist, wird es schnell fleckig“ hat die 14-Jährige festgestellt.

Laura kennt Graffiti bisher vor allem von Bahnhofswänden oder Brücken. „Ich finde die cool, daher macht das großen Spaß, das jetzt selbst mal auszuprobieren“, erklärt sie. Ihr erstes Motiv war der goldene „Activity“-Schriftzug. Die Motivwahl kommt nicht von ungefähr: „Ich spiele Activity sehr gern, und gekniffelt wird bei uns öfter zuhause.“
Ein bisschen Sprüh-Erfahrung bringt Momo mit. Er hat sich die richtige Technik von seinem Papa abgeschaut und durfte sich auch schon in der heimischen Scheune künstlerisch ausprobieren, wie der Zwölfjährige erzählt.

Dass sich die Motive an diesem Workshop-Tag rund um das Thema Spiele drehen, ist naheliegend. Im Jugendhaus gibt es seit vielen Jahren eine aktive Spielkultur unter den Besuchern, darunter den regelmäßig stattfindenden Spielenachmittag. Bevor es tatsächlich ans Sprühen geht, haben die Jugendlichen von Christian Pomplun viel Interessantes über die Hintergründe der Graffiti-Historie erfahren und ihre Motivideen vorab zu Papier gebracht. Ende der 1960er-Jahre entstand die moderne Graffiti-Kunst in den USA. Erst in Philadelphia, dann in New York fingen Graffiti-Künstler an, so genannte „Tags“ über die Stadt verteilt zu hinterlassen, ihr Pseudonym, ihre Unterschrift. „Auch politische Botschaften wurden in Form von Schriftzügen hinterlassen“, erklärt Pomplun, der selbst seit 1994 begeisterter Graffiti-Künstler ist. In den 80er-Jahren schwappte die Graffiti-Bewegung dann nach Europa herüber. Aus den anfänglichen Schriftzügen wurden nach und nach immer aufwändigere Motive.

Mehr legale Flächen

Bis heute werde aber auch viel illegal gesprüht, etwa auf Zugwaggons, weiß der Profi. Den Jugendlichen erklärt er deshalb die Grenzen und sensibilisiert sie, was geht und was eben nicht. „Man kann nicht einfach lossprühen, wo es einem gefällt. Das illegale Sprayen ist eine Straftat, der Schadensersatzanspruch gilt 30 Jahre lang.“

Um dem entgegenzuwirken sei es wichtig, mehr Flächen für die Graffiti-Künstler freizugeben. Dem Kunsttherapeuten und Fachlehrer sind sowohl der therapeutische, als auch der pädagogische Ansatz der Kunst ein Anliegen. „Das fängt mit der Farbenlehre an und führt zum Erlernen von Sozialkompetenz, wenn man sich etwa untereinander einigen muss, wer wo sprayen darf. Dazu kann man experimentieren, kreativ sein und gleichzeitig lernen, nicht gleich aufzugeben, wenn es mal nicht direkt klappt mit dem Motiv.“ Jeder Graffiti-Künstler habe seinen ganz individuellen Stil und sein eigenes Thema: „Die Kunst ist eine Form des persönlichen Ausdrucks, die Bilder erzählen eine Geschichte“, sagt Pomplun.

Auch der Workshop im Skunk ist ein Mix aus individueller Entfaltung und einem guten Miteinander. Das gemeinsame Ziel: Aus der Radwerkstatt ein buntes Kunstwerk machen. Das Meisterstück wird am Ende die Betonsäule am Eingang des Jugendhausgeländes. Pia Unger, Hauptamtliche des Skunk, streicht diese vorab in einem leuchtenden Blau. „Wir wollen auf jeden Fall ein ‚Achtung Skater‘-Motiv aufsprühen, das auf unseren Skaterplatz hinweist. Dazu den Namen des Jugendhauses und die Adresse“, so die Idee. „Der Workshop ist wirklich super, die Jugendlichen können sich hier gestalterisch mal so richtig austoben. Wir haben zwar ein Oberthema vorgegeben, aber das Individuelle kommt nicht zu kurz“, erklärt Unger.