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Land soll im Schulstreit Farbe bekennen

Finanzen Über eine Petition will Plochingen das Land bei der Sanierung des Gymnasiums in die Pflicht nehmen. In einem ähnlichen Fall in Geislingen liegt bereits ein Urteil vor. Von Karin Ait Atmane

Die Plochinger CDU hofft mit einer Petition zu erreichen, dass das Land doch noch Geld für die Sanierung des Gymnasiums zuschießt. Eine Online-Petition zum Unterschreiben soll der Sache zusätzlich Nachdruck verleihen.

Eine Petition an den Landtag kann einreichen, wer sich von einem Amt oder einer Behörde benachteiligt fühlt. Das sieht die CDU als gegeben an: Das Land schreibe vor, das Plochinger Gymnasium so groß zu belassen, wie es ist, unterstütze aber seine Generalsanierung nicht. Damit sei die Kleinstadt „finanziell völlig überfordert“ und ihre weitere Entwicklung in Gefahr.

Deshalb fordert die Plochinger CDU finanzielle Unterstützung vom Land, um einen Baustopp bei der Sanierung zu verhindern. Außerdem soll sich das Land künftig generell an Schulsanierungen beteiligen. Die Stadtverwaltung unterstützt die Petition.

Keine Reduzierung an Schülern

Aktuell stehen 45 Millionen Euro für die Generalsanierung des Gymnasiums im Raum – oder auch deutlich mehr, wenn man Kostensteigerungen ansetzt. Vom Bund bekommt Plochingen einen Zuschuss über 7,7 Millionen Euro, das Land beteiligt sich nicht an der Sanierung. Zwar hat sich die Stadt kürzlich mit jenen sechs Nachbargemeinden, die die meisten Schülerinnen und Schüler ins Gymnasium entsenden, auf eine Kostenbeteiligung geeinigt. Doch dabei ging es ausschließlich um den neuen Erweiterungsbau fürs Gymnasium, der rund 13 Millionen Euro kostet. Davon werden die Umlandgemeinden insgesamt 5,1 Millionen Euro tragen. Beim weitaus dickeren Brocken, der Generalsanierung, sind sie dagegen weiterhin außen vor.

Um die Kosten zu senken, hatte die Stadtverwaltung angestrebt, die Schülerzahl zu reduzieren und das Gymnasium nur noch fünfzügig zu betreiben. Dem erteilte die Landesschulverwaltung eine Abfuhr. Eine Reduzierung komme nicht infrage, hieß es in einem Schreiben vom August 2019: Die Stadt Plochingen könne sich ihrer Verantwortung „unter Hinweis auf eine finanziell schwierige Situation nicht einfach entziehen“.

Stattdessen verwies das Amt auf § 31 des Schulgesetzes, demzufolge das Land eine „Kostenbeteiligung der Umlandkommunen feststellen“ könne. Damit verbunden ist ein vierstufiger Prozess, von dem Plochingen und seine Nachbargemeinden die „Freiwilligkeitsphase“ durchlaufen haben – die Kostenbeteiligung am Neubau ist ein Resultat davon. Die Stadt hat den Prozess nicht weitergetrieben, sondern sich damit zufriedengegeben. Denn würde das Land tatsächlich Kostenbescheide an die Nachbargemeinden verschicken, könnten diese klagen, erklärt Bürgermeister Frank Buß. Dann hätte man einen langwierigen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang.

Das Beispiel Geislingen zeigt, wie ein solcher Fall ablaufen kann: Ganz aktuell hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg geurteilt, dass einige Nachbarorte sich finanziell an der Sanierung einer Geislinger Realschule beteiligen müssen. Die Kostenhöhe ist damit nicht festgelegt, die Gemeinden sind lediglich verpflichtet, zu verhandeln. Hingezogen hat sich dieser Rechtsstreit mit Berufungen bereits knapp zehn Jahre lang; schon 2013 hatte die Geislinger Verwaltung die Kostenbeteiligung beim Kultusministerium beantragt.

Die im Fall Plochingen betroffenen Bürgermeister sind sich ohnehin einig: Es seien nicht die Gemeinden, sondern das Land, das sich in der Bildungspolitik und in diesem konkreten Fall aus der Verantwortung stehle. Das haben sie bei einer Pressekonferenz im Dezember mehrfach ziemlich deutlich formuliert. Auch die Unterzeichner der Petition sehen das so. Nach Veröffentlichung der Online-Petition habe er prompt Rückmeldungen von Gemeinden in einer ähnlichen Situation bekommen, sagt Reiner Nußbaum, der Fraktionsvorsitzende der CDU Plochingen: „Die haben alle das gleiche Problem.“

Konkret auf Plochingen bezogen finden die Petenten wie auch Bürgermeister Buß, „dass das Land anerkennen muss, dass wir eine Sondersituation haben“. Es gebe keine andere Kleinstadt mit einem so großen Gymnasium und so vielen auswärtigen Schülern. Nur rund 30 Prozent der Gymnasiasten kommen aus Plochingen selbst, die anderen aus dem Umland. Buß erinnert auch daran, dass die frühere Kultusministerin Susanne Eisenmann zugesagt habe, das Plochinger Gymnasium „bis an die Grenzen des Vertretbaren“ zu unterstützen. Umgesetzt hat sie das nicht mehr.

Der Petitionsausschuss des Landtags tagt in der Regel einmal im Monat, die nächste Sitzung findet am Donnerstag, 26. Januar, statt. Die Plochinger Petition steht dann allerdings noch nicht auf der Tagesordnung, sie wird derzeit vorbereitet, unter anderem mit einer Stellungnahme des Ministeriums.

 

Demokratisches Grundrecht für alle

Grundlage Wer sich durch Behördenentscheidungen benachteiligt fühlt, hat nach Artikel 17 des Grundgesetzes und Artikel 2 Abs. 1 der Landesverfassung das Recht, sich mit einer Petition an den Landtag zu wenden.

Petitionsausschuss Der Petitionsausschuss holt Informationen bei den betroffenen Ministerien oder Behörden ein und bereitet sie auf. Er macht eventuell einen Lösungsvorschlag und gibt seinen Standpunkt zur Petition an den Landtag weiter. Der Landtag stimmt ab, ob der Petition „abgeholfen werden kann“ oder nicht, also ob sie erfolgreich ist oder nicht.

Folgen Wird einer Petition abgeholfen, bedeutet das nicht, dass die vorherigen Entscheidungen ungültig sind. Die entsprechenden Stellen sind aber gehalten, ihre Entscheidung zu überprüfen. Darüber soll nach zwei Monaten berichtet werden. Der Landtag kann den Petenten aber auch empfehlen, zunächst den Rechtsweg auszuschöpfen.

Online-Petition Eine Online-Petition auf Plattformen wie zum Beispiel „Openpetition“ hat mit der Petition an den Landtag nicht direkt etwas zu tun. Sie ermöglicht aber, Stimmen zu sammeln und damit dem jeweiligen Anliegen mehr Gewicht zu verleihen. Die Online-Petition zur General­sanierung des Plochinger Gymnasiums findet man im Internet auf www.openpetition.de, wenn man im Suchfeld „Gymnasium Plochingen“ eingibt. Mehr als 500 Menschen haben bereits unterzeichnet. aia