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Lehrerinnen und Lehrer: Nicht nur Job, sondern Lebensaufgabe

Ausbildung 110 neue Lehrkräfte wurden kurz vor dem Schuljahresbeginn offiziell vereidigt. Auf sie wartet an den Schulen im Kreis eine vielseitige, aber auch herausfordernde Aufgabe. Von Katja Eisenhardt

Für die 110 neuen Lehrkräfte war der Freitagvormittag ein ganz besonderer. Im Treffpunkt Stadtmitte in Wendlingen wurden sie von der Nürtinger Schulamtsdirektorin Corina Schimitzek in ihrem neuen Amt vereidigt und starten so zum Schuljahresbeginn am kommenden Montag als Beamte des Landes Baden-Württemberg an den Grund-, Real-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen sowie den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren im Landkreis Esslingen ihre Lehrtätigkeit. Unter ihnen drei Direkteinsteiger als neue Option einer Lehrtätigkeit auch ohne Lehramtsstudium.

Begleitend über zwei Jahre erhält man dabei eine pädagogische Qualifizierung und kann nach einem weiteren Bewährungsjahr unbefristet eingestellt werden.

 

Sie sind der zentrale Baustein für ein erfolgreiches Bildungswesen.
Steffen Weigel
Wendlingen Bürgermeister über Lehrkräfte
 

Zum Bereich des Schulamts Nürtingen zählen dabei 150 Schulen, 4500 Lehrkräfte sowie rund 37 000 Schüler. Offene Stellen gebe es für Lehrkräfte zum Schuljahresstart im Kreis zwar kaum noch, das Problem sei aber, dass die Deputate oft zu gering im Vergleich zum Bedarf seien, erklärte die Schulamtsdirektorin auf Nachfrage. Sprich: Es können nicht alle Unterrichtsstunden an den Schulen abgedeckt werden.

Kampf gegen Personalmangel

„Kaum jemand möchte noch mit einem vollen Deputat arbeiten. Eine Pflichterhöhung der Deputatsstunden macht aber keinen Sinn, denn dann fallen uns die Leute wieder komplett weg.“ So sei es wichtig die Rahmenbedingungen zu verbessern, etwa was die Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder der Lehrkräfte angeht, so dass diese ein höheres Deputat überhaupt annehmen können.

„Im Realschulbereich sieht es, was die Stundenanzahl angeht, aktuell zwar nicht richtig gut aus, aber es geht noch. Etwas schwächer, aber ebenso in Ordnung ist es an den Gemeinschaftsschulen im Kreis. Schwierig wird es an den Grundschulen und den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren“, so Schimitzek. Man versuche, das System insgesamt so zu stabilisieren, dass der Mangel einigermaßen gleichmäßig verteilt wird. Ein „Weiter so“ sei künftig sicherlich nicht mehr möglich, so die Schulamtsdirektorin.

Hohe Erwartungshaltung

Eine weitere Herausforderung für die heutigen Lehrkräfte sei die mittlerweile sehr hohe Erwartungshaltung vieler Eltern. Ein Thema, das auch Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel ansprach: „Es muss ganz deutlich gemacht werden, dass Lehrer nicht für die Erziehung der Kinder zuständig sind.“ Vielmehr haben sie die Aufgabe der Wissensvermittlung. „Sie sind der zentrale Baustein für ein erfolgreiches Bildungswesen und damit für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung im Land“, wandte sich der Rathauschef an die 110 Hauptakteure. Aufgabe der Politik sei es, für gute Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte zu sorgen.

Der Beruf des Lehrers habe ein sehr vielseitiges und abwechslungsreiches Aufgabenspektrum, das Kreativität und Freiheiten zulasse, so Schimitzek. „Das ist nicht nur ein Job, das ist eine Lebensaufgabe“, sagte Schuldekanin Dorothee Moser: Sie habe großen Respekt vor all jenen, die sich dieser stellen und dabei ihre ganz individuellen Gaben, Prägungen und Überzeugungen einbringen: „Diese Verschiedenheit ist ein großer Reichtum für das Land und alle, die von den unterschiedlichen Persönlichkeiten lernen.“ Dafür brauche es eine entsprechende Wertschätzung, betonte Moser.

Ruben Ell, Vorsitzender des örtlichen Personalrats, hob in Sachen Verantwortung auch jene der Lehrkräfte für sich selbst hervor und appellierte an die Neueinsteiger, achtsam mit sich umzugehen, sich Ausgleichsmöglichkeiten zum Berufsalltag zu schaffen „und auch mal Nein zu sagen, wenn Sie an Ihre Grenzen kommen.“

Zu den 110 neuen Lehrkräften gehören Ann-Sophie Held, Paula Just, Moritz Schöllkopf und Hannes Kreiter. Alle vier haben sich für den Schuldienst an einer Grundschule entschieden und starten in Jesingen, Hochdorf, Weilheim und Nürtingen. „Die Grundschulkinder haben noch ein Alter, in dem man den Grundstein für die weitere Entwicklung legen kann“, erläutern die vier frischgebackenen Grundschullehrer ihre Wahl. Zudem hätten sie sich für den Lehrerberuf entschieden, weil sie gerne mit Kindern arbeiten. Nina Fischer startet ebenso motiviert in der Sekundarstufe 1 an der Wendlinger Ludwig-Uhland-Gemeinschaftsschule (LUS), könnte theoretisch aber auch im Grundschulbereich eingesetzt werden, wie sie erklärt.

Für den musikalischen Rahmen sorgten die Chorkinder der „Tschakka-Gruppe“ der LUS – einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Chorverband Karl Pfaff.