Kirchheim. Besonders die geplante Ausweitung der Mehrleistungsabschläge von drei auf fünf Jahre ist den Verantwortlichen ein Dorn im Auge. Die Krankenkassen billigen den Krankenhäusern seit 2013 eine gewisse Zahl an Operationen pro Fachgebiet zu. Wird diese Zahl überschritten, sinkt die Vergütung. Eine Ausweitung würde bedeuten, dass die Kreiskliniken über das Jahr 2015 hinaus Abschläge zahlen müssen, wenn sie mehr operieren als vereinbart.
„Wir haben in bestimmten Bereichen, zum Beispiel bei Wirbelsäulen-OPs oder bei Endoprothesen, bundesweit unglaubliche Mengenzuwächse. Und wir wissen nicht immer, ob die OP wirklich nötig war“, verteidigt Gesundheitsexperte Michael Hennrich (CDU) den Mehrleistungsabschlag, den er allerdings für „zu scharf“ hält.
Obwohl der Bundestagsabgeordnete, der Mitglied im Gesundheitsausschuss ist, den Kreiskliniken keine unnötigen Operationen unterstellen will, fühlen sich die Verantwortlichen angegriffen. „Wir gehören zu denen, die sehr selektiv operieren“, sagt Kliniken-Geschäftsführer Thomas Kräh. Dr. Zeisberger, Chefarzt der Orthopädie/Wirbelsäulenchirurgie in Nürtingen, werde regelmäßig für Zweitmeinungen herangezogen, weil bekannt sei, dass er nicht schnell zum Skalpell greife.
Die Kreiskliniken verzeichnen Zuwächse bei der Behandlung von Schlaganfällen, Herzinfarkten, Magen-Darm-Erkrankungen und Krebs. „Das sind Erkrankungen, die aufgrund der älter werdenden Gesellschaft mehr werden. Da kann man jetzt nicht sagen, dass wir uns die Patienten mit dem Lasso einfangen“, ärgert sich Thomas Kräh.
Er und der Landrat, der zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats der Kreiskliniken ist, sehen durch die Ausweitung des Mengenabschlags die Konsolidierungsbemühungen der Kreiskliniken gefährdet und zudem ad absurdum geführt. „Leistung darf nicht bestraft werden“, findet Kräh.
Weiterer Streitpunkt ist der Versorgungszuschlag, den die Krankenhäuser pro Fall erhalten. Derzeit sind das 0,8 Prozent. Die CDU will ihn laut Hennrich erhalten – „wie hoch er wird, werden wir sehen“, Teile der SPD nicht. Geht es nach einigen Sozialdemokraten, soll stattdessen zusätzliches Pflegepersonal eingestellt werden. „Das ist ein trojanisches Pferd!“, schimpft Kräh. „Wir haben doch jetzt schon Mühe, unsere Stellen zu besetzen. Zusätzliche Pflegekräfte gibt es nicht.“ Die Krankenhäuser bräuchten den Versorgungszuschlag, der prozentual pro Fall bezahlt wird, um das bestehende Pflegepersonal zu finanzieren. Eininger ergänzt: „Die geplante Streichung entzieht den Krankenhäusern ab 2017 60 Millionen Euro.“
Landrat und Kliniken-Geschäftsführer fordern außerdem eine bessere Finanzierung der ambulanten Notfallversorgung. Die Ambulanzen seien überlastet, weil sie immer mehr Patienten mit Schnupfen und Rückenschmerzen behandeln müssten, klagt Kräh. Ein Notfallpatient kostet im Schnitt 120 Euro und wird mit 32 Euro vergütet. Unterm Strich bleibt ein Fehlbetrag in Höhe von 88 Euro. Bei 31 700 Notfällen, die die Kreiskliniken Esslingen 2014 behandelt haben, ist das ein Minus in Höhe von 2,79 Millionen. Mit dieser Forderung rennen Kräh und Eininger bei Hennrich offene Türen ein. „Ich würde die Notaufnahme gerne neu regeln“, sagt er. Der Gesundheitsexperte macht den Verantwortlichen Mut. „Ich denke, dass wir beim Versorgungszuschlag und bei den Notdiensten Änderungen hinbekommen.“