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Lenningen will sein Breitbandnetz verkaufen

Digitalisierung Die Gemeinde Lenningen startet ein Pilotprojekt in Sachen Glasfaser. Das Ziel ist, 90 Prozent der Haushalte anzuschließen. Von Anke Kirsammer  

Der Glasfaserausbau in Owen und Dettingen ist unter Dach und Fach. Nun macht auch Lenningen Dampf, um die Haushalte möglichst flächendeckend an die Datenautobahn anzuschließen. Während die beiden Gemeinden talabwärts auf die Deutsche Glasfaser setzen, soll das kommunale Breitbandnetz, das seit 2013 in allen Lenninger Ortsteilen aufgebaut wurde, verkauft werden. Dazu gehören Leerrohre, Glasfaserkabel, Verteilereinrichtungen und einzelne Anschlüsse. Ein Vorgehen, das laut Bastian Ludwig, Projektleiter bei Geo Data, der die Ausschreibung aus technischer Sicht begleitet, in Baden-Württemberg bislang wohl einmalig ist. Er sprach von einem guten Grundstock, auf dem aufgebaut werden könne.

Gesucht wird ein Unternehmen, das sich verpflichtet, mindestens 90 Prozent der Adressen mit Glaserfaseranschlüssen zu versorgen und die Infrastruktur zumindest sieben Jahre zu betreiben. Einstimmig hat sich der Gemeinderat für dieses Verfahren ausgesprochen.

 

Wir wollen einen vernünftigen Kaufpreis erzielen.
Bürgermeister Michael Schlecht

 

Der Pachtvertrag mit der Stiegeler Baden-Württemberg, die das Netz als Nachfolgerin der Telsakom betreibt, läuft noch bis 31. Juli 2023. Überlegt wurde, die Breitband-Infrastruktur als Gemeinde auf eigene Kosten auszubauen. Bürgermeister Michael Schlecht geht jedoch davon aus, dass sich der Markt geändert hat und es inzwischen Interessenten gibt, die auch auf dem Land für schnelles Internet sorgen. „Wir wollen einen vernünftigen Kaufpreis erzielen“, so der Rathauschef. 

Bereits im Juni hatte sich der Gemeinderat mit dem Thema befasst und die Weichen in Richtung Verkauf gestellt. Die Unterlagen für die Ausschreibung sind weit gediehen. Angebote, die bei dem Auswahlverfahren eingehen, werden mit einem Punktekatalog bewertet. In gleicher Höhe werden Kaufpreis und der großflächige Ausbau bewertet. Dabei winken Zusatzunkte, wenn ein Bieter über die 90 Prozent hinausgeht. Insgesamt gibt es in Lenningen 2911 Adressen. 90 Prozent entsprechen 2620. Genau angegeben werden muss, welche Haushalte angefahren werden sollen. Deutlich niedriger fällt bei der Wertung ins Gewicht, wie schnell der Ausbau erfolgt. „Den Ausbauzeitraum sollten wir in Anbetracht der Engpässe im Tiefbau nicht überstrapazieren“, sagte der juristische Berater Dr. Matthias Freund vom Büro Muth & Partner.  „Wir sollten eher gucken, was kommt hinten raus, sprich, welche Fläche erreichen wir.“  Ein Monopolist ist unerwünscht, vielmehr sollen auch andere Netzbetreiber und Dienstanbieter Zugang bekommen. Vorgesehen ist, mit dem oder den Bietern bei der sogenannten Konzessionsvergabe zu verhandeln.

Die Gemeinde muss das Heft in die Hand nehmen 

Für die Netzinfrastruktur hatte Lenningen vor Jahren Fördermittel für den Breitbandausbau in Schutzgebieten bekommen, weil kein Telekommunikationsunternehmen Interesse daran hatte, die zergliederte Gemeinde mit Glasfaser zu versorgen. Jetzt muss die Kommune selbst das Heft in die Hand nehmen. Öffentliche Gelder für „weiße Flecken“ gibt es nur, wenn der Markt versagt. 2020 hatte der Bund einen Zuschuss über sechs Millionen Euro in Aussicht gestellt, um unterversorgte Haushalte, Schulen und Gewerbebetriebe an das Glasfasernetz anzuschließen. Das Land hätte den Ausbau gegebenenfalls flankiert. Schon in den vergangenen Jahren waren die Mittel im Etat jedoch zurückgeschraubt worden, weil der Ausbau weiter vorangeschritten war. 

Gemeinderat Karl Boßler sah hohe Hürden in den Rahmenbedingungen für den Verkauf. „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, gab er zu bedenken. Es könne sein, dass ihm das ein oder andere nicht schmecke, räumte Michael Schlecht ein. Er ist jedoch optimistisch, dass ernstzunehmende Angebote eingehen. Am Ende entscheide das Gremium über die Vergabe.