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Löst ein schlecht gewartetes Taxi Brand in der Tiefgarage aus?

Millionenbrand Osianderstraße im September 2011: 39-Jähriger wehrt sich jetzt vor dem Stuttgarter Landgericht

Bei dem Brand in der Tiefgarage Osianderstraße entstand 2011 ein Millionenschaden.Archiv-Foto: Steffi Reimchen
Bei dem Brand in der Tiefgarage Osianderstraße entstand 2011 ein Millionenschaden.Archiv-Foto: Steffi Reimchen

Ein 39-jähriger Kirchheimer Taxifahrer wehrt sich in zweiter Rechtsinstanz vor dem Stuttgarter Landgericht gegen den Vorwurf, er habe in der Tiefgarage Osianderstraße in Kirchheim fahrlässig einen Brand ausgelöst, der letztlich einen Schaden von einer Million Euro verursachte. Der Brand soll angeblich durch sein schlecht gewartetes Taxifahrzeug entstanden sein.

Bernd Winckler

Kirchheim/Stuttgart. Die 31. Strafkammer am Stuttgarter Landgericht soll jetzt ein Urteil aufheben, welches das Amtsgericht Kirchheim schon am 28. Januar vergangenen Jahres gegen den 39-jährigen Mann verhängt hatte. Er war am 23. September 2011 mit seinem Mercedes-Taxi in eine Tiefgarage in der Kirchheimer Osianderstraße gefahren, obwohl er gewusst habe, dass der Motorraum in Flammen stand. Für den dann folgenden immensen Schaden an anderen Fahrzeugen, dem Gebäude und an Wohnungen sei der Mann verantwortlich. Sechs Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, sprach die Kirchheimer Amtsrichterin gegen den Taxifahrer aus. Doch der 39-Jährige fühlt sich nach wie vor unschuldig.

Der Fahrer habe seinen Wagen sehr schlecht gewartet. Daher habe sich schon vor der damaligen Fahrt mit einem Rollstuhl-Patienten als Fahrgast von Esslingen nach Kirchheim in der Abgasreinigungsanlage eine Art Schwelbrand entwickelt. Am Armaturenbrett des Taxis habe die entsprechende Warnlampe aufgeleuchtet. Unbeirrt vom Feuer sei der Taxifahrer jedoch weiter über die B 10 und das kurze Stück über die A 8 nach Kirchheim gefahren und habe auch nicht angehalten, als der Motor des Mercedes schon im sogenannten Notlauf-Zyklus lief und starker Brandgeruch im Innern des Wagens vorhanden gewesen sein musste.

Angekreidet hatte ihm das Amtsgericht im erstinstanzlichen Urteil auch, dass er trotz einer deutlich sichtbaren „Rauchschleppe“, die er hinter sich herzog, mit seinem gehbehinderten Fahrgast in die Tiefgarage der Wohnanlage fuhr – und dann, als er nach seinem Ausstieg die Flammen sah, panikartig zum Ausgang gegangen sei und sich nicht um den Rollstuhlfahrer auf dem Beifahrersitz gekümmert habe. Dieser musste sich laut dem Urteil selbst befreien, robbte am Boden bis zu einer Brandschutztür, die er trotz Behinderung öffnen und sich dadurch in Sicherheit bringen konnte.

Das Feuer am Fahrzeug richtete einen damals ungeahnten Schaden an, den das Amtsgericht im Urteil feststellte: Durch die Hitze brannten zwei weitere Fahrzeuge vollkommen aus. Allein dieser Schaden wird auf 200 000 Euro beziffert. Für 300 000 Euro mussten hinterher mehrere Wohnungen in dem Gebäude renoviert werden. Zudem entstand durch den Brand eine weitere halbe Million Euro Schaden an verschiedenen Geschäften.

Hat der Taxifahrer tatsächlich fahrlässig gehandelt, als er das bereits brennende Fahrzeug in die Tiefgarage steuerte? Diese Frage wird die 31. Strafkammer am Stuttgarter Landgericht an mindestens drei Verhandlungstagen zu klären haben. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Kirchheim hat der 39-Jährige Berufung eingelegt mit dem Ziel eines Freispruchs. Für ihn steht viel auf dem Spiel: Er hat nach der ersten Verurteilung zuerst die Taxilizenz entzogen bekommen, was bedeutet, dass er als selbstständiger Taxi-Unternehmer nicht mehr tätig sein darf. Nachdem er dann bei einem Nürtinger Taxiunternehmen eine Stelle als Fahrer bekam, sei ihm auch noch die Personenbeförderungs-Zulassung entzogen worden, schimpft er jetzt. Und das, obwohl das Urteil noch gar nicht rechtskräftig sei.

Was den Vorwurf der fahrlässigen Brandstiftung betrifft, beteuert der Angeklagte jetzt vor der Stuttgarter Strafkammer, er habe zu keinem Zeitpunkt auf der Fahrt etwas von einem Feuer oder Rauch bemerkt. Auch sein Fahrgast habe auf der ganzen Fahrt nichts gesagt. Eine Warnleuchte im Fahrzeug, die das Feuer signalisiert habe, habe es nicht gegeben. Er habe den Feuerschein erst bemerkt, als er in der Tiefgarage die Heckklappe des Kombis öffnete. Dann habe er zuerst den Fahrgast gerettet und sei danach aus der Brandzone gegangen.

Andere Feststellungen jedoch will der Sachverständige gemacht haben: Der Fahrer müsste das Feuer unterwegs wahrgenommen haben. In dem jetzigen Verfahren wird der Gutachter erneut zu Wort kommen.

Ob der Beschuldigte auch die Schadenkosten von einer Million Euro berappen muss, ist fraglich. Bis heute habe sich keine Versicherung an ihn gewandt, sagt er. Der vorsitzende Richter der 31. Strafkammer wundert sich und meint, dies sei absolut ungewöhnlich bei einem solchen Schaden. Möglicherweise seien nun die Forderungen bereits verjährt.

Ein erneuter Schuldspruch oder gar ein Freispruch soll am Dienstag, 21. Juli, verkündet werden.