Weilheim · Lenningen · Umland

Märchenhafte Zeiten sind angebrochen

Adventskalender Seit gestern liest Frau Holle am Kirchheimer Rathaus wieder jeden Abend um 17 Uhr ein Märchen vor und lässt Goldtaler regnen. Von Andreas Volz

Das gibt es jetzt Abend für Abend in Kirchheim: Warten vor dem großen Weihnachtsbaum, bis Frau Holle um 17 Uhr ein Märchen vorli
Das gibt es jetzt Abend für Abend in Kirchheim: Warten vor dem großen Weihnachtsbaum, bis Frau Holle um 17 Uhr ein Märchen vorliest und ihr Kissen ausschüttelt.Foto: Markus Brändli

Zum Beginn der kalendarischen Adventszeit hat sich Kirchheims gute Stube herausgeputzt. Der prächtige Baum vor dem Rathaus funkelt und strahlt - von innen her erleuchtet durch Myriaden von kleinen Lichtern. Davor versammeln sich zahlreiche Familien, um auf Frau Holles Märchenstunde zu warten. Das Hexenhäusle unter den Rathausarkaden hilft, die Wartezeit zu verkürzen und sich aufzuwärmen - für die kleinen mit einem Zimt-Apfel-Getränk, für die Großen mit Glühwein und süffigem Glühbier.

Frau Holle entspricht ganz ihrer Rolle - überaus gütig, wenn es darum geht, die Tüchtigen zu belohnen: Pünktlich um 17 Uhr erscheint sie im Rathausfenster und fragt die Kinder, ob sie wissen, wer sie ist. Natürlich wissen sie‘s: „Frau Holle“ rufen sie und sind von der leibhaftigen Märchenfigur so begeistert wie sonst vom Kaschperle.

Die nächste Frage wird schon kniffliger: Das Rathaus ist mit 24 verhüllten Bildern geschmückt. Die „1“ hängt gleich unter dem „Lesefenster“, direkt neben der „24“. Symbolträchtiger könnten A und  O, Anfang und Ende, nicht miteinander verbunden sein. Nach der Enthüllung des ersten Bildes fragt die Märchentante, ob die Kinder die Geschichte erraten. Eine einzelne Stimme ruft vor lauter Begeisterung gleich noch einmal „Frau Holle“, aber schließlich entscheidet sich die Kinderschar mehrheitlich für Dornröschen.

Die Geschichte rät dazu, Gästelisten sorgfältig abzuwägen. Vielleicht zeigt sie auch, dass man im Zorn nicht voreilig losfluchen sollte - oder, dass sich Dornengestrüpp schnell ausbreitet, wenn keiner mehr was tut. Auf jeden Fall aber erinnert das „Alles schläft“ im Schloss schon einmal an das Ende des Adventskalenders, an die „Stille Nacht“ an Heiligabend.

Am Ende geht natürlich alles gut aus: Es folgt die Märchenhochzeit. Prinz und Prinzessin leben danach „vergnügt bis an ihr Ende“. Zum großen Vergnügen der Kinder lässt Frau Holle anschließend nicht nur Federn schneien, sondern auch noch Goldtaler regnen. Und plötzlich ist für den Beobachter die märchenhafte Stimmung vorbei. Knallhart setzt die Realität des 21. Jahrhunderts ein, denn statt von Goldtalern zu reden, freut sich ein Kind voller Stolz: „Ich hab zwei Euro gekriegt.“ Aber immerhin: Auch diese zwei Euro sind aus Schokolade.

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Foto: Markus Brändli
Das gibt es jetzt Abend für Abend in Kirchheim: Warten vor dem großen Weihnachtsbaum, bis Frau Holle um 17 Uhr ein Märchen vorli
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