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„Man wird auf jeden Fall toleranter“

Rallye Dominik Ammann ist mit Kumpel Michael Maier und Unterstützung seines Schlierbacher Arbeitgebers 10 000 Kilometer nach Tadschikistan gefahren, alles für einen guten Zweck und viel Selbsterkenntnis. Von Thomas Zapp

Atemberaubende Landschaften und die Überquerung eines Passes auf 4¿655 Metern Höhe: Diese Tour werden Dominik Ammann (auf dem Zi
Atemberaubende Landschaften und die Überquerung eines Passes auf 4¿655 Metern Höhe: Diese Tour werden Dominik Ammann (auf dem Zielfoto links) und Michael Maier so schnell nicht vergessen. Fotos: privat/Grafik Googlemaps

Nach Tadschikistan? Dominik Ammann wusste nicht einmal, wo dieses Land überhaupt liegt, als der Anruf seines Studienfreundes Michael Maier kam. Er schlug die Teilnahme an der Tajik-Rallye vor, die von München nach Duschanbe führt, der Hauptstadt des zentralasiatischen Staates. Motorsportfan Ammann hatte Lust und obendrein konnte er damit etwas Gutes tun. Hinter der jährlich stattfindenden Rallye stehen die Caritas und der deutsche Rallye-Veranstalter „The Adventure Manufactory“. Durch die Veranstaltung sammeln sie Spenden für Caritas-Projekte in Tadschikistan.

Mit Unterstützung der Schlierbacher Metallverarbeitungsfirma Ernst Friedrich Heuer, bei der Dominik Ammann als Werkstudent arbeitet, finanzierten sich die beiden nicht nur 750 Euro Gebühr sondern für 1 500 Euro auch den Wagen - einen Subaru Legacy mit Allradantrieb und 360 000 Kilometern auf dem Tacho. Das ehemalige Baustellenfahrzeug hatte noch den Vorteil, zusätzlich zum 65-Liter-Tank über einen Gastank zu verfügen - ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn man nicht weiß, wie dicht das Tankstellennetz zwischen München und Zentralasien aufgestellt ist.

Da es bei der Tadjib-Rallye nicht um Schnelligkeit geht, investierten die beiden nicht ins Tuning, sondern in Bequemlichkeit. So musste die hintere Sitzbank einem Holzgestell für Lattenrost und Matratze weichen. Die Neulinge hatten sich im Vorfeld mit alten „Rallye-Hasen“ ausgetauscht und wussten, dass guter Schlaf auf einem 10 000-Kilometer-Trip von essenzieller Bedeutung ist. „Ein wichtiger Tipp war es auch, ein Auto mit Schiebedach zu nehmen, wegen der Luftzirkulation beim Schlafen“, sagt Dominik Ammann.

Vom Aralsee ist nur wenig übrig

Über Wien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, die Türkei, Georgien, Russland, Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan ging es bis in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe. Auf dem Weg haben die beiden eindrucksvolle Ziele besucht und viel über Land und Leute erfahren. Sie sahen aus nächster Nähe, wie dramatisch es um den Aralsee bestellt ist. Der ehemals viertgrößte Binnensee der Welt gilt als Beispiel für von Menschen gemachte Umweltzerstörung: Wo früher Fischer angelten, liegen nach Jahren wasserintensiver Landwirtschaft jetzt Boote auf dem Trockenen.

Das Team Ammann/Maier fuhr entlang der alten Seidenstraße und auch entlang der Grenze zu Afghanistan. Sie sahen atemberaubende Berglandschaften wie das Pamirgebirge. „Das sind ganz andere Dimensionen, als was man gewohnt ist“, sagt der gebürtige Allgäuer. Teilweise führten die Pässe über mehr als 4 000 Höhenmeter, da wurde die Luft dünn. Mitfahrer Michael Maier musste sich einmal wegen Schwindels und Kopfschmerzen schlafen legen, aber mehr Probleme hatten sie nicht.

Trotz der teilweisen Nähe zu Kriegsgebieten haben sich die beiden durchweg sicher gefühlt. An der Strecke und in den Städten erlebten sie viel Armut, auf den Feldern wurde noch mit der Sichel geerntet. „Das Brutto-Einkommen in Tadschikistan liegt unter dem von Sierra Leone“, erzählt Dominik Ammann. Auffallend sei jedoch die Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft der Menschen gewesen. „Wenn wir am Straßenrand standen, ist nicht einer vorbeigefahren, ohne zu fragen, ob wir eine Panne haben. Viele haben uns zu sich eingeladen.“

Der 25-Jährige hat viel reflektiert auf der Reise. „Man wird auf jeden Fall toleranter sich selbst und anderen gegenüber“, sagt er. Streit habe es mit seinem Mitfahrer nicht gegeben, auch wenn die Tage lang wurden und aufgrund der Wegstrecke Durchschnittsgeschwindigkeiten von 23 Stundenkilometern normal waren. „Die anderen Teilnehmer haben uns mit einem alten Ehepaar verglichen“, sagt Ammann lachend. Körperlich wurden vor allem Gesäß und Hüfte in Mitleidenschaft gezogen. „Wir haben uns eine Frisbee-Scheibe gekauft, um uns in den Pausen zu bewegen.“

Comeback für „altes Ehepaar“

Von größeren Pannen sind die beiden Studenten verschont geblieben, obwohl die Autobahnen in Kasachstan oder Usbekistan teilweise so tiefe Löcher hatten, dass Dominik bis zum Knie darin verschwand. Ihren Rallye-Wagen haben sie am Zielort gespendet, zusammen mit 1 500 Euro, die sie vor der Reise gesammelt hatten. Wozu die verwendet werden, sahen sich die beiden direkt vor Ort an und besuchten verschiedene Caritas-Projekte. Am Ende wisse man wieder zu schätzen, was man zu Hause habe, sagt Dominik Ammann. Er plant aber auf jeden Fall eine neue Reise. Vielleicht ist auch Michael Maier wieder dabei und macht das alte Ehepaar komplett.