Weilheim · Lenningen · Umland

Marktkonformes Kabarett in der Wüste

Der Kölner Kabarettist Robert Griess zu Gast in der Bastion

Kirchheim. „Boni für Krankenschwestern – ich glaub‘ es hackt“. Die maßlose Gier der Sozialberufler und was in einer „marktkonformen Demokratie“ so geht und was nicht,

versuchte der Kölner Kabarettist Robert Griess den Kirchheimern zu verdeutlichen. Dazu bemühte sich der als „frechste und schnellste Klappe von Köln“ bekannte Rheinländer rund zwei Stunden lang, einem halben hundert Besucher des Traditionsklubs „Bastion“ das Wesen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik im Zeitalter der „BWLler“ deutlich zu machen.

Boni bekomme man, so Griess auf dem Wege zum besseren Verständnis dessen, wenn man im Job mehr leiste, als man muss. So eine Krankenschwester jedoch, „na, die produziert doch nix“. Wie käme die also auf die Idee, mehr Geld zu wollen für etwas, das sowieso getan werden müsse. So ein gestandener Banker dagegen . . .

Aber von vorn. Da war doch die Gattin jenes Bankdirektors, die neulich erleichtert ihrer Freundin zugeflüstert hatte: „Ich dachte immer, Krise, wie furchtbar – bis mir mein Mann erklärt hat, dass die auch uns gehört.“ Alles klar? Das sei neulich bei der Ausstellung gewesen, als Banker über Kultur und Künstler über Geld gesprochen hätten – „jeder also über das, was er nicht hat“.

Wofür das Kürzel BWL steht? Auch da hätte Robert Griess eine Idee: (B)esch. . . (W)ir (L)eute. Warum das denn, wird der geneigte Leser fragen, der seinen Chef vielleicht nicht gerade liebt, aber so schlimm? Nun Griess hat Beispiele: Wer vor sieben Jahren für 1 000 Euro Aktien einer bestimmten Bank gekauft habe, säße heute auf einem Rest von 112 Euro. Wer dagegen vor sieben Jahren 1 000 Euro in Bier angelegt habe, „hatte sieben Jahre Spaß und für 200 Euro Pfand kassiert“. Man müsse sich Europa als einen Tisch vorstellen mit 20 Äpfeln drauf. Der Banker (BWLler) raffe davon 19 an sich und rufe dem Volk zu: „Pass auf, der Grieche will dir deinen Apfel wegnehmen.“

Robert Griess wirkt wie der Mann von der Straße, unauffällig gekleidet bekennt er sich zu jener Hilflosigkeit Otto Normalverbrauchers, dem nur in Witz verwandelte Wut hilft, der traurigen Wirklichkeit wo nicht bei- so doch für einige Viertelstunden zu entkommen. Daher das klare Bekenntnis zum politischen Kabarett, dem die klare Abgrenzung zur Comedy dann aber doch nur teilweise gelingt. Aber vielleicht lässt die Darstellung dessen, was von den ursprünglich grünen, den „Fundi“-Zielen übrig ist, auch einfach nicht mehr anders als komisch darstellen: Krieg? Ja gut, wenn‘s denn sein muss. Aber mit „Fair-Kill“, bitte. Sagt der Cem. Ja, „der Cem, von dem ich euch auch einen schönen Gruß sagen soll“ und das mit jenem nasalen Ton irgendwo zwischen Rüdiger Hoffmann und uns‘ Udo. Der Cem also meinte, dass wer Schröder und Clement überstanden hätte, auch mit Schäuble und Merkel klarkommt.

Ja, Merkel: Mutti – oder doch Honeckers Rache an der BRD? Flinten-Uschi und die schwarze Null im Kabinett namens Schäuble oder das „Multitalent“ Thomas de Maizière – „Der Funktionär funktioniert eben“. Da ist einfach alles möglich. NSU wird statt Todesschwadron zum Instrument Thüringer Brauchtumspflege umgedeutet. Das Feindbild der Geheimdienste ist das eigene Volk und mit dem Privatfernsehen lässt sich die Mittelschicht herrlich vor der Unterschicht gruseln, statt dass sie von nicht völlig marktkonformem Journalismus angeregt würde, der Oberschicht ein bisschen genauer auf die Finger zu gucken.

Nicht einmal ein kurzfristig anberaumtes Demo-Training für die paar versprengten Kabarett-Besucher will so richtig zünden. Ein Umsturz scheint jedenfalls – Blockuppy sei‘s geklagt – in allernächster Zukunft nicht bevorzustehen. Wie auch, wenn selbst ein so beinharter Scharfmacher wie Robert Griess Angebote bekommt, die er aus wirtschaftlichen Gründen nicht ablehnen kann. So habe ihn ein Rudel „BWLler“ für ein Wochenende in der marokkanischen Wüste gebucht. Als „Feigenblatt“ für ein hemmungsloses Firmenbesäufnis: „Ich habe gespielt. Aber mein einziger Zuhörer war das Oasenkamel.“ Marktkonformes Kabarett, sozusagen.