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Martin Luther wirkt als Ideengeber

Profit Der Ökonom Kreiß hat das „Mephisto-Prinzip“ beschrieben. Man kann sein Buch kostenlos herunterladen.

Region. Der Professor zieht ziemlich vom Leder: Christian Kreiß lässt an der neoliberalen Wirtschaftstheorie kein gutes Haar. „In der modernen Ökonomie wird alles an Ethik und Moral vernichtet“, bringt er als Ökonom und Christ seine Sicht auf den Punkt. Kürzlich hat er bei der „Stiftung Martinskirche“ sein Buch vorgestellt.

Da ist beispielsweise die Annahme, dass Zinseszins und Eigentum in unbegrenzter Höhe gut, richtig und wichtig sind. „Das führt dazu, dass wir in Deutschland pro Jahr 550 Milliarden Euro an leistungslosem Einkommen haben“, zitiert Kreiß den Sachverständigenrat der Bundesregierung. Es könne nicht gutgehen, wenn zehn Prozent der Menschen in Deutschland 60 Prozent des Nettovermögens besitzen, die untere Hälfte der Bevölkerung nur 2,5 Prozent.

Als Hauptübel sieht Kreiß das Kerndogma der Betriebswirtschaftslehre: Gewinnmaximierung. Bis in die 80er-Jahre sei in der Wirtschaftstheorie noch von Allgemeinwohl, Moral der Unternehmenslenker und Wohl der Kunden die Rede gewesen. Gewinn sei nicht als Ziel definiert worden, sondern als Ergebnis der Erfüllung von Kundenbedürfnissen: „Das hat sich radikal verändert.“ Die Folgen sind nach Ansicht von Kreiß zerstörerisch. Ziel sei ständiges Wachstum und Massenproduktion. Die aber erfordere Masseneinkommen. Ergebnis: die Menschen verschulden sich.

Der Professor aus Aalen war selbst als Investmentbanker tätig. „Wenn wir einen Unternehmenskauf finanziert hatten, gab es danach drei Unternehmensziele: Profit, Profit und Profit“, erzählt er und bringt Martin Luther ins Spiel: „Luther hat so vieles über Gewinnstreben, Geiz und Habsucht genial auf den Punkt gebracht, das ist heute absolut aktuell.“ Vor allem habe er den Menschen in den Mittelpunkt gestellt.

Analyse und Kritik sind das eine, aber kann man etwas ändern? „Natürlich könnte man das“, meint der Ökonom. „Wir sollten zuerst an den Hochschulen diese dämliche Gewinnmaximierung herausnehmen.“ Außerdem müsse ein politischer Wille erkennbar sein, die Ungleichverteilung der Vermögen über Steuerpolitik und anderes anzupacken. Vor allem aber sei auch jeder Einzelne gefragt: „Wir müssen darüber nachdenken, was brauche ich wirklich, um der Überproduktion ein Ende zu bereiten.“ Günter Kahlert

Info: Das Buch von Christian Kreiß „Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft“ gibt es unter https://menschengerechtewirtschaft.de.