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Masterplan in Sachen Barrierefreiheit

Sanierung Der Ortskern in Schlierbach soll für Menschen mit Behinderung besser als bisher nutzbar werden.

Schlierbach. „Es hört sich blöd an, aber: So lange man nicht selbst davon betroffen ist, denkt man nicht dran“, beschreibt Schlierbachs Bürgermeister Sascha Krötz die derzeitige Lage. Ein von der CDU-Fraktion im Rat initiierter Rundgang im Ortskern wirkte da wie ein Augenöffner. Gemeinsam mit der ehemaligen Kreisbehindertenbeauftragten Jutta Schiller hatten einige Räte, begleitet von Rollstuhlfahrern, eine Tour in Schlierbach unternommen und direkt verschiedenste Problemstellen aufgedeckt.

Angefangen von den Stufen im Bürgersaal im Rathaus über enge Gehwege, hohe Bordsteinkanten an Straßenüberwegen bis hin zum zu engen Aufzug im Farrenstall: Hindernisse, die es Rollstuhlfahrern, aber auch Eltern mit Kinderwagen oder Senioren mit Rollatoren schwermachen, bequem von A nach B zu kommen, gibt es in Schlierbach viele. All diese Problemstellen anzugehen, ist das Ziel von Bürgermeister Sascha Krötz: „Es ist uns wichtig, im öffentlichen Bereich unser Möglichstes zu tun.“

Die Fachfrau Jutta Schiller warnt allerdings davor, den Fokus nur auf Gehbehinderte zu legen. Barrierefreiheit müsse immer auch alle anderen Arten von Sinneseinschränkungen mit einbeziehen. Was für einen Rollstuhlfahrer gerade richtig sei, könne beispielsweise für einen Sehbehinderten zu weiteren Problemen führen. Sie illustrierte das am Beispiel abgesenkter Bordsteinkanten an Überwegen: „Für einen Rollstuhlfahrer sollte der Übergang möglichst eben sein - was macht aber ein sehbehinderter Mensch, der sich mit seinem Taststock an den Gehwegkanten orientiert?“ Hier eine 100-Prozent-Lösung zu finden, sei schlichtweg unmöglich, schlaue Kompromisse müssten gefunden werden.

Es soll kein Schnellschuss sein

„Wir wollen keinen Schnellschuss machen - wir brauchen vielmehr einen Masterplan“, sagt Bürgermeister Krötz. Deshalb will die Gemeinde einen strukturierten Prozess starten. Bis Februar soll es darum gehen, die verschiedenen Problemstellen im Ortskern zu identifizieren. Daran anschließen soll sich eine Bürgerbeteiligung mit gemeinsamem Rundgang und einem Workshop über Verbesserungsmaßnahmen im März und April 2020. In der Folge sollen die Ergebnisse in ein tragfähiges Konzept gegossen, die Finanzierung geklärt und spätestens im Juli die Umsetzung beschlossen werden. „Wir wollen am Ende ein Papier in der Hand haben, das uns bei zukünftigen Maßnahmen hilft“, so der Bürgermeister.

Im Gemeinderat findet der Vorschlag breite Unterstützung. „Wenn wir was machen, sollten wir es zeitgemäß machen“, sagt Peter Rapp (CDU). Auch Jörn Feldsieper von den Freien Wählern sieht den Ansatz positiv: „Das Wichtigste ist, dass wir jetzt unsere Hausaufgaben machen“, sagt er und hofft auf eine Initialzündung. Auch sein Fraktionskollege August Leins freut sich, „dass das Thema endlich auf der Tagesordnung steht“. Und Marco Emmert (CDU) sieht in dem Konzept eine „gute Chance und Basis, auf der wir aufbauen können“, auch wenn sicherlich nicht alles von heute auf morgen zu stemmen sein werde.

Bürgermeister Krötz freute sich über die einhellige Beschlussfassung, in die Konzepterstellung für einen barrierefreien Ortskern einsteigen zu können. „Ich bin zuversichtlich, dass dabei etwas rauskommt“, so der Rathauschef. Neben dem unmittelbaren Nutzen ist das Thema auch an anderer Stelle relevant: Die Gemeinde hofft, mit dem Thema Barrierefreiheit bei der Antragstellung für ein neues Sanierungsgebiet im Ortskern zu punkten und so an Fördermittel zu kommen. Volkmar Schreier