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Mehr als eine Brücke

In 40 Jahren wurde das Brückenhaus ein Erfolgsmodell – Wunsch ist eine Bleibe in der Stadtmitte

Das hätte 1976 keiner gedacht, dass das Brückenhaus einmal seinen 40. Geburtstag feiern würde. Die Gründung ging auf einen aufrüttelnden Bericht im Stadtjugendring zurück. „Es sollte der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen entgegenwirken“, sagte der Erste Vorsitzende Willi Kamphausen.

Kirchheim. Gleich zu Beginn seines Bestehens wurde das Brückenhaus Anlaufstelle und Unterkunft, bot Jugendlichen in Krisensituationen Beratung und Betreuung. Ab 1979 standen präventive Sozialarbeit, Gemeinwesenarbeit und Mobile Jugendarbeit im Mittelpunkt.

Das Spielmobil war eine der ersten derartigen Einrichtungen in ganz Baden-Württemberg. Mit der Betreuung der Rockerclique „Thunderbirds“ begann die Cliquenarbeit. Außerdem gab es 1979 das erste Kinderferienprogramm. Und es wurde die Stadtteilwohnung in der Reutlinger Straße in Ötlingen eingeweiht. Ein Jahr später wurde das Brückenhaus zum Mitbegründer des „Kirchheimer Beratungsverbunds“, einem Zusammenschluss sozialer Einrichtungen. Seit 1986 ist das Brückenhaus Mitglied im Diakonischen Werk.

Im Jahr 1996 baute das Brückenhaus seine Kooperation mit der Stadt Kirchheim Stadt und dem Landkreis zur „Arbeitsgemeinschaft Gemeinwesenarbeit“ aus. Drei Jahre später kam die Jugendberufshilfe hinzu, im Jahr 2001 wurde das Ötlinger Stadtteilzentrum TrIB – das steht für Treff, Information und Beratung – eingeweiht. Nochmals ein Jahr später begann die Schulsozialarbeit an der Rauner-Hauptschule und der Freihof-Realschule.

Von 2005 an betreute das Brückenhaus junge Erwachsene, die einen Ein-Euro-Job machten, ab 2008 gab es an der Eduard-Mörike-Schule ebenfalls eine Schulsozialarbeit sowie eine „Vertiefte Berufsorientierung“ im Auftrag der Arbeitsagentur.

In den folgenden Jahren folgten als neue Aufgaben unter anderem das Soziale Zentrum in Ötlingen, die Ötlinger Kiste, die Jugendberufshilfe an der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-schule, die Schulsozialarbeit an Ludwig-Uhland-Gymnasium und Schlossgymnasium und die Mobile Kindersozialarbeit am Dettinger Weg.

Inzwischen leistet das Brückenhaus an fast allen Kirchheimer Schulen Schulsozialarbeit. „Es hat sich aus dem immer wieder hinterfragten Schattendasein der Anfangsjahre zu einem anerkannten Erfolgsmodell entwickelt“, sagte der Erste Vorsitzende Willi Kamphausen. „Durch unser Engagement tragen wir dazu bei, dass Kirchheim eine sozial geprägte Stadt ist.“

Der Name ist Programm: Die Mitarbeiter des Brückenhauses sind Brückenbauer an vielen Stellen. Bis zum überstürzt wirkenden Abriss im Vorjahr war ihre alte Villa in Bahnhofsnähe symbolträchtig unter der Brücke zu finden.

Derzeit hat das Brückenhaus in Jesingen nur noch ein Büro. Die Mitarbeiter befürchten, dadurch immer mehr aus dem öffentlichen Bewusstsein gedrängt zu werden. Das Team wünscht sich eine neue, gut erreichbare Anlaufstelle und Räume für Treffs und Begegnungen. „Dafür gehören wir in die Mitte Kirchheims“, sagte Kamphausen unter kräftigem Applaus.

Das sieht auch Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker so. „Wir haben in Jesingen eine Übergangslösung gefunden“, schrieb sie dem Brückenhaus zum Jubiläum. „Die Betonung liegt auf Übergang. Ich versichere Ihnen, alles Mögliche zu tun, damit das Brückenhaus wieder einen angemessenen Platz für sein Wirken erhält.“

 

Bis zum Stichtag Ende 2014 betrugen die Ausgaben des Brückenhauses 9,67 Millionen Euro. Davon kamen knapp vier Millionen Euro, also 41 Prozent der Mittel, von der Stadt Kirchheim. An zweiter und dritter Stelle folgen mit jeweils einer guten Million der Bund und das Land. 950 000 Euro kamen aus dem Europäischen Sozialfonds und 870 000 Euro vom Landkreis Esslingen. Spenden, Sponsoring und Bußgelder erbrachten eine ähnliche Summe. Stiftungen und Verbände steuerten eine gute halbe Million Euro bei, sonstige Ersätze und Erträge 330 000 Euro.