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Mehr als nur ein Klick

Online-Zulassung Viele Private dürfte die neue Verordnung aus dem Ministerium kaltlassen. Autohändlern dagegen geht sie nicht weit genug. Von Bernd Köble

Wer zur Zulassungsstelle geht, sollte Zeit mitbringen. Online geht es bequemer, ist allerdings noch ziemlich kompliziert.Foto: J
Wer zur Zulassungsstelle geht, sollte Zeit mitbringen. Online geht es bequemer, ist allerdings noch ziemlich kompliziert.Foto: Jörg Bächle

Behördengänge sind in der Regel lästig. Man denkt an eine Menge Papierkram und vor allem: an langes Warten. Da scheint verlockend, was Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) diese Woche in Aussicht gestellt hat. Nach dem Ab- und Ummelden, das jetzt schon möglich ist, sollen sich noch in diesem Jahr auch Neuzulassungen von Autos oder Motorrädern bequem von zu Hause aus online erledigen lassen. Der Gang zur Zulassungsstelle, Nummernziehen und geduldiges Warten - das alles fiele weg.

Klingt gut, ist aus Sicht von Experten aber weit davon entfernt, als digitale Revolution den Ämteralltag auf den Kopf zu stellen. Derzeit noch viel zu kompliziert und zeitaufwendig, so der Tenor. Weniger als ein Prozent der Kraftfahrzeughalter melden nach Schätzungen von Stefan Bayer, dem Leiter der Zulassungsbehörde im Esslinger Landratsamt, ihre Fahrzeuge online ab oder um - etwa nach einer vorübergehenden Stilllegung über den Winter.

Dass die am Mittwoch vom Ministerium vorgestellte Verordnung, die erst noch durch den Bundesrat muss, in den Zulassungsstellen den Durchbruch ins digitale Zeitalter bedeuten könnte, quittiert Bayer mit einem Lächeln. Einfach klicken und losfahren - so einfach ist die Sache nicht. Nutzer brauchen eine Zugangsberechtigung, ein Kartenlesegerät und einen onlinefähigen Personalausweis. Die nötige Vernetzung mit Prüforganisationen wie TÜV oder Dekra und mit dem Kraftfahrt-Bundesamt sorgt für eine Flut an Daten, die online eingegeben werden müssen - vorausgesetzt man hat sie griffbereit. Am Ende bleibt dann immer noch der Postweg, auf dem die Plakette zum Antragsteller gelangt. In der Regel sind das drei Tage. Bayers Fazit: „Wer es eilig hat, der geht ganz sicher auch weiterhin zur Zulassungsstelle.“

Dass das Internet Behördengänge in Zukunft weitgehend ersetzen wird, daran zweifelt kaum jemand. Bei der Kfz-Zulassung wird es jedoch kaum so schnell und einfach gehen, wie vom Verkehrsminister propagiert. Im Esslinger Landratsamt jedenfalls rechnet man für 2019 mit keinen wesentlichen Veränderungen in den Arbeitsprozessen. „Unsere Software wird vom Rechenzentrum auf das neue Angebot angepasst“, sagt Bayer. „Weniger Arbeit werden wir dadurch aber sicher nicht haben.“

Nicht weit genug geht das Ganze denjenigen, für die die Zulassung von Fahrzeugen Alltag ist. „Grundsätzlich sind wir dankbar für alles, was die Abwicklung von behördlichen Pflichten erleichtert“, sagt Hansjörg Russ, Sprecher der Kfz-Innung Nürtingen-Kirchheim. Für ihn ist das Thema aber nicht zu Ende gedacht. „Solange wir uns Schilder besorgen und Plaketten anbringen müssen“, sagt der Geschäftsführer von vier Mercedes-Autohäusern in Dettingen, Nürtingen, Esslingen und Ostfildern, sei das mit der Digitalisierung zu kurz gesprungen. Er könnte sich vorstellen, dass Fahrzeuge künftig bereits ab Werk mit einem elektronischen Display ausgestattet werden, das als Kennzeichenersatz nicht nur alle Daten bündelt, sondern bei Verkehrsverstößen auch Informationen zum Fahrer liefert.

Anders als Private nutzen die Autohäuser den Online-Service der Zulassungsstellen schon jetzt regelmäßig, allerdings überwiegend für Abmeldungen. Aus einem einfachen Grund: Sie gehen relativ einfach. Bei Neuzulassungen ist die Sache komplizierter. 2 715 Neufahrzeuge haben die Mitgliedsbetriebe der Kfz-Innung im Altkreis Nürtingen im vergangenen Jahr für den Straßenverkehr zugelassen. Dazu kommt eine ähnliche Zahl an Gebrauchtwagen. Größere Betriebe vertrauen dabei externen Dienstleistern, die auch den Gang zur Zulassungsstelle übernehmen. „Ob wir künftig alles online selbst erledigen, bleibt abzuwarten“, sagt Hansjörg Russ. „Das hängt letztlich auch davon ab, ob sich der Mehraufwand wirtschaftlich rechnet.“