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Mehr Lebensqualität für Demenzkranke

Kerstin Starkert aus Dettingen betreut ein kunsttherapeutisches Projekt im Göppinger Christophsbad

Als Kunsttherapeutin und Künstlerin arbeitet Kerstin Starkert aus Dettingen intensiv mit Patienten, die an Demenz leiden. Im Göppinger Christophsbad findet sie zu ihnen über die Kunst Zugang und kann sie aktivieren.

Die Dettinger Künstlerin Kerstin Starkert will demenzkranke Menschen über das Malen fördern.Foto: Jean-Luc Jacques
Die Dettinger Künstlerin Kerstin Starkert will demenzkranke Menschen über das Malen fördern.Foto: Jean-Luc Jacques

Dettingen/Göppingen. „Ich kann überhaupt nicht malen“, sagt eine ältere Dame, und auch ihr Gegenüber sagt: „Noch nie in meinem Leben habe ich gemalt.“ Die beiden Frauen gehören zu einer Gruppe von Patienten der Gerontopsychiatrischen Klinik des Göppinger Chris­tophsbads. Sie leiden an demenziellen Erkrankungen und haben in den vergangenen Wochen an einem ungewöhnlichen kunsttherapeutischen Projekt teilgenommen.

„Mein Anliegen ist es, Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, kunsttherapeutisch zu fördern, um ihnen trotz ihrer schweren Erkrankung ein Mehr an Lebensqualität zu ermöglichen“, sagt Kerstin Starkert, die das Projekt konzipiert hat und leitet. Sie stellt immer wieder fest, dass sie die Menschen durch die Kunst gut aktivieren kann, dass sie auf der Ebene der eigenen Emotionalität lange zugänglich sind. „Oft sind sie in sich gekehrt, öffnen sich aber über das Malen.“

Dann tauchen Erinnerungsbausteine auf – wie bei der Patientin, die noch am Anfang der Stunde behauptet hatte, nicht malen zu können. Sie hat in einem leuchtenden Rot ein Haus gemalt inmitten eines großen Gartens, in dem ein Hund zu tollen scheint. „Wir hatten ein großes Haus und einen kleinen Hund, den Batzi. Das war ein ganz Lieber“, erklärt sie ihr Werk. Einen Lebenstraum hat ein älterer Herr gemalt. Liebevoll hat er einen Heißluftballon gemalt mit vielen Menschen in seinem Korb. Nein, selbst mitgefahren ist er nie mit einem. Aber: „Es war immer mein Wunsch, hat aber nie geklappt“, erzählt er ganz ohne Wehmut.

Der Kunsttherapeutin ist es schnell gelungen, zu den vier Patienten Zugang zu finden. Sie hat im Raum der Ergotherapie schnell eine entspannte Atmosphäre geschaffen, ermuntert die Menschen, einfach loszumalen. Und muss dann schmunzeln, als sie untereinander die Farben austauschen: Schwäbische Sparsamkeit haben sie fest verinnerlicht. Eine der Frauen malt auf dem großen Blatt Papier zunächst geometrische Formen so, wie wenn sie einen Text schreiben würde. Erst langsam löst sich die strenge Geometrie auf. Am Ende wird sie unruhig, steht auf, kann nicht erklären, was sie gemalt hat. Die Vierte in der Runde war schon öfter zum Malen da, hat eine Landschaft mit Menschen geschaffen und freut sich wie alle an ihrem kleinen Kunstwerk.

Die Konzentration lässt sichtbar bei allen nach, und Kerstin Starkert bringt sie zurück auf ihre Station. Sie ist beeindruckt von der Kreativität der Demenzpatienten. Sie wird einen Teil der Bilder im Herbst im Chris­tophsbad ausstellen. Und dann auch Porträts von Demenzpatienten zeigen, die deren Werke ergänzen werden.

Professor Dr. Walter Hewer, Chefarzt der Gerontopsychiatrischen Klinik des Christophsbades, betont, dass die Kunsttherapie „in bestimmten Fällen als Ergänzung zu anderen therapeutischen Maßnahmen wie der medikamentösen Behandlung oder der Ergo- und Bewegungstherapie durch die Förderung vorhandener Ressourcen das allgemeine Wohlbefinden, die Stimmung und das Aktivitätsniveau der Kranken positiv beeinflusst“.