
Die Regioshuttle-Triebwagen, die auf der Teckbahn zwischen Kirchheim und Oberlenningen pendeln, sind spurtstark und schaffen Tempo 120. Allerdings nur woanders. Zwar wurde der Oberbau der Strecke vor einigen Jahren praktisch neu gebaut und es wurden nicht technisch gesicherte Bahnübergänge beseitigt. Doch das Versprechen, danach schneller zu fahren, ist die Bahn bisher stets schuldig geblieben. Noch immer liegt die Streckengeschwindigkeit bei maximal Tempo 60, auch zu sehen an den weißen Tafeln mit der Zahl 6, die an der Strecke prangen. Nun endlich naht Besserung: Zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember 2021 kündigt eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG in Berlin zwischen Kirchheim-Süd und Owen immerhin Tempo 80 an.
Laut aktuellem Fahrplan dauert die Fahrt talaufwärts 20 Minuten, talabwärts 19 Minuten. Was bringen da wenige Minuten weniger? In manchen Fällen extrem viel, sagt der Nahverkehrsberater Hartmut Jaißle, der in Unterlenningen direkt neben der Teckbahn wohnt. Wenn etwa in Oberlenningen der Schulunterricht um 12.50 Uhr endet, der Zug aber pünktlich um 12.53 Uhr abfahren muss, dann erreichen viele Schüler den Zug nicht. Effekt: Der Landkreis zahlt für Extrabusse. Drei Minuten später wären hier eine große Verbesserung. Am Morgen ist es für die Schüler ähnlich knapp: Ankunft 7.37 Uhr, Unterricht ab 7.45 Uhr, und zur Schule geht es bergauf.
Eine Streckengeschwindigkeit von Tempo 60, das gibt es in der Region sonst nirgends. Für Hartmut Jaißle, den Mann der Minuten, ist das „ein Witz“. „Auf der Tälesbahn nach Neuffen wird schneller gefahren, auf der Ermstalbahn nach Bad Urach, im Ammertal und nach Dettenhausen ebenso.“ Nicht nur das. Das große Problem ist, dass die Teckbahn Tempo 60 nur auf knapp sieben ihrer elf Kilometer fahren darf. Hartmut Jaißle hat nachgerechnet: Auf zusammen über einem Kilometer Strecke gilt derzeit Tempo 20, auf gut drei Kilometern Tempo 30 bis 50. Da sind die Bremswege noch gar nicht mitgerechnet.
Übergänge sind das Problem
Ein Grund sind die Bahnübergänge - nicht weil die Voll- oder Halbschranken fehlen, sondern weil deren Steuerungstechnik nicht auf dem aktuellen Stand ist. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) in Bonn kann aus Sicherheitsgründen Tempolimits bestimmen. Wobei - in diesem Fall ist das gar nicht passiert: „Das EBA hat keine Langsamfahrstellen auf der Teckbahn angeordnet“, beantwortet ein Sprecher des Eisenbahn-Bundesamts die Anfrage des Teckboten.
Der Versuch, mit Tempo 80 in gewissen Abschnitten das Schneckentempo 20 an anderer Stelle auszugleichen, kann keine Dauerlösung sein. Die Bahnübergänge brauchen ein schnelles technisches Update. Zudem steht der barrierefreie Ausbau der Bahnsteige an. Dabei wäre es sinnvoll, Bahnsteige und Bahnübergänge bei einer Streckensperrung gemeinsam zu erledigen. Für den diesjährigen Sommer ist laut einer Planungstabelle zwischen Juli und September so eine Streckensperrung angekündigt.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel hat diesbezüglich Ende März bei der Deutschen Bahn AG in Stuttgart nachgehakt. Die Auskunft war ernüchternd: Das Jahr 2021 taucht in der Tabelle mit den Bahnübergängen gar nicht mehr auf, die beiden ausstehenden Bahnübergänge in Unterlenningen sind ab 2022 an der Reihe, Brucken bei zwei Übergängen 2022 oder 2023 und bei zwei anderen definitiv erst 2023, Owen einmal 2022 und zweimal erst 2025.
Die Aussicht auf andauernde Streckensperrungen entsetzt den grünen Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz: „Bitte die Strecke nur einmal sperren!“ Er fragt zudem, ob statt Tempo 80 nicht Tempo 100 möglich sei: „Der Zug sollte das Maximale herausholen.“
Beim Bahnübergang am Unterlenninger Bahnhof erwartet die Bahn eine Klage der Gemeinde. Um eine gemeinsame Lösung zu finden, ist deshalb nach den Osterferien eine Sonderverkehrsschau geplant. So soll bei diesem Bahnübergang für den Umbau wenigstens das Jahr 2022 gehalten werden. Bis dahin geht es weiter mit Tempo 20 durch den Ort, auf einer Strecke von über einem halben Kilometer.
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