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Merath drückt beim Abgas aufs Gas

Ausgezeichnet Firmenkunde der Volksbank Kirchheim-Nürtingen erhält auf dem baden-württembergischen ­VR-Mittelstandstag einen von drei Innovationspreisen, den Preis des Handwerks. Von Andreas Volz

Besichtigung im innovativen und ausgezeichneten Unternehmen: Nico Langguth, Firmenkundenberater der Volksbank Kirchheim Nürtingen, die merath-Geschäftsführer Florian und Reinhard Winger sowie der Volksbank-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Mauch (von links). Foto: bwgv

Hohe Auszeichnung für Reinhard und Florian Winger, die beiden Geschäftsführer von „merath metallsysteme“ mit Sitz in Waiblingen: Ihr Unternehmen hat den Preis des Handwerks des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands erhalten. Er ist mit 20 000 Euro dotiert. Die innovative Entwicklung, die damit gewürdigt wurde, heißt „form­aldehyd-basierte Abgasreinigung“, griffig abgekürzt zu „fabre“.

Konkret geht es um die Abgase von Blockheizkraftwerken, die mit Biogas betrieben werden. Die Vorteile der neuen Abgasreinigung sind vielfältig, nicht nur für die Betreiber der Anlagen, sondern auch für die Umwelt. Die wichtigsten Vorteile im Überblick: Die Belastung durch Rußpartikel und Feinstaub entfällt, die Geruchsbelästigung durch Abgase wird reduziert, und dank der Schalldämmung nimmt auch der Lärm deutlich ab.

Der Kirchheimer Reinhard Winger, der merath vor 18 Jahren übernommen hat, spricht über das Formaldehyd beim „fabre“-System: „Das wird in Aminoplaste umgewandelt und gibt dann selbst noch Energie ab. Es fällt kein Sondermüll mehr an, und es gibt fast keine Rückstände.“ Der Grenzwert für Formaldehyd liege derzeit bei 40 Milligramm pro Kubikmeter Luft. In Bälde schon soll er auf 20 Milligramm gesenkt und dadurch verschärft werden. „Wir liegen jetzt schon bei unter 20 Milligramm und brauchen den neuen Grenzwert nicht zu fürchten.“

Noch etwas gibt es, wovor es Reinhard Winger nicht bange sein muss: Gerade bei der Messung von Abgasen wird immer wieder geschummelt, wird mit Labor- anstatt mit Echtwerten hantiert, nicht zuletzt in der Automobilindustrie. Bei „fabre“ ist das nicht der Fall: „Das kann man jederzeit im Echtbetrieb kontrollieren, ohne Ankündigung. Wir halten die Grenzwerte immer ein.“

Für die technische Entwicklung hat ein Studienfreund Reinhard Wingers den Anstoß gegeben, Otmar Giuliani: „Ein Handwerker hat ihn mal gefragt, was er denn mit seinem Auto machen soll, wenn er wegen des Feinstaubs nicht mehr nach Stuttgart reinfahren darf.“ Daraufhin habe Otmar Giuliani gegrübelt, wie er den Feinstaubausstoß bei Motoren beseitigen kann.

Nun ist also mit „fabre“ der Anfang gemacht, zumindest für Biogasanlagen. Auf Autos und Lastwagen lässt sich das System aber nicht anwenden, wie Reinhard Winger erläutert: „Unser System ist nur für Motoren geeignet, die mit einer einigermaßen konstanten Drehzahl laufen.“ Bei Fahrzeugmotoren ist das nicht der Fall.

Zwei Anlagen stehen derzeit als Prototypen im Feldversuch, bei Landwirten im Brigachtal. Sie tragen dazu bei, aus Mais Energie zu gewinnen. Das funktioniert genauso mit Lebensmittelresten, aber auch Kläranlagen produzieren Strom. Für Reinhard Winger sind diese Kraftwerke unter anderem ein wichtige Lösung für das Problem der Biomüllentsorgung.

Die Abgasreinigungsanlagen, die er über das Unternehmen „wingi“ - zusammengesetzt aus den Namen Winger und Giuliani - vertreiben möchte, sorgen dabei für eine zusätzliche Entlastung der Umwelt. Schwierig ist derzeit noch die Anpassung an unterschiedliche Motorengrößen, sodass es nicht die eine Zusatzausrüstung für alle Biogasanlagen geben kann. „Wir wollen das jetzt trotzdem in Richtung Serienreife und hin zu einem Modulkonzept weiterentwickeln“, sagt Reinhard Winger und betont, dass das Preisgeld der weiteren Forschung zugutekommt.

Daneben schätzt der Kirchheimer auch den ideellen Wert der Auszeichnung durch den Genossenschaftsverband: „Die Anerkennung bedeutet uns sehr viel. Dadurch erlangen wir auch mehr Aufmerksamkeit.“ Immerhin gebe es deutschlandweit rund 8 000 Biogasanlagen, die allesamt nachgerüstet werden könnten - vielleicht sogar müssen, sobald die neuen Grenzwerte gelten.

Reinhard Winger hat indessen nicht nur die Umweltpolitik im Blick, sondern auch ein großes energiepolitisches Thema: „Genau auf solche Anlagen sind wir angewiesen, wenn Kohle- und Atomkraftwerke stillgelegt sind und wenn dann einmal der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.“

Voba Kirchheim-Nürtingen ist stolz auf ihren Kunden

Die Bewerbung von „merath metallsysteme“ hatte die Volksbank Kirchheim-Nürtingen angestoßen. Traditionell verleihen die baden-württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken beim VR-Mittelstandstag den mit insgesamt 50 000 Euro dotierten VR-Innovations-Preis Mittelstand in drei Kategorien. Den Hauptpreis erhielt Buck Engineering & Consulting aus Reutlingen, der Förderpreis ging an CONIAS Risk Intelligence aus Mannheim.

„Wir sind stolz, merath metallsysteme auf diesem Erfolgsweg als starker Finanzpartner und als Berater in vielen unternehmerischen Fragen begleitet zu haben“, sagt Wolfgang Mauch, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Kirchheim-Nürtingen. „Dass einer unserer engen Kunden unter den vielen Bewerbern ausgezeichnet wurde, freut uns und zeigt, wie innovationsstark unsere Region ist.“ pm