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Messerstecher muss in Psychiatrie

Der Mann, der auf seinen Bruder eingestochen hat, ist offenbar psychisch krank

Für den 28-Jährigen, der im krankhaften Wahn in Kirchheim seinen eigenen Bruder mit zwei Messerstichen lebensgefährlich verletzte (wir berichteten), gibt es nur eine Möglichkeit: Das Stuttgarter Landgericht, vor dem der Fall gestern am zweiten Tag verhandelt wurde, schickt ihn in die ­Psychiatrie.

Kirchheim/Stuttgart. Am zweiten Tag der Verhandlung vor der Großen Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts ist durch Zeugenangaben und durch öffentliche Verlesung der Vernehmungsprotokolle des Angeklagten klar geworden, dass der 28-Jährige an einer schweren psychischen Krankheit leidet. Und dies offensichtlich schon seit Jahren. Er hatte am 15. Oktober letzten Jahres – offensichtlich im Zustand eines Wahns, wie es die Stuttgarter Staatsanwaltschaft vermutet – in der gemeinsamen Kirchheimer Wohnung mit einem Messer seinen eigenen Bruder angegriffen. Zwei Stiche, ausgeführt von hinten, hatten bei dem ahnungslosen 22-jährigen Bruder schwere Lungenverletzungen zur Folge.

Nicht nur, dass der Angeklagte jetzt den Stuttgarter Richtern erzählt, er habe bei seiner Geburt einen „krummen Schädel“ bekommen. Und dass sein Kopf nicht mehr funktioniere. In einem Vernehmungsprotokoll beim Haftrichter noch am Tattag schilderte der 28-Jährige den Vorwurf aus seiner Sicht: „Er hat mich getötet, ich habe ihn jetzt getötet!“ Dann der Satz: „Er hat mich im Krankenhaus getötet, ich habe zweimal auf ihn eingestochen, weil mein Kopf weh tat…“ Dann habe der Angeklagte auf der Plochinger Straße, in der das Haus seiner Familie steht, laut gerufen, dass er einen Menschen getötet habe.

Polizeibeamte, die alarmiert am Tatort ankamen, hatten den Angeklagten nach dem Verbleib der Tatwaffe gefragt. Es sollen zwei Messer gewesen sein. Der Beschuldigte habe gesagt, dass er die Messer in einen nahe gelegenen Anhänger-Container geworfen hat. Ein Polizeibeamter berichtete im Zeugenstand, der Angeklagte sei seltsam und weg vom Normalen gewesen. Den schwer verletzten Bruder des Angeklagten fanden die Beamten in der Wohnung im zweiten Obergeschoss. Er lag dort auf dem Boden. Der Notarzt stellte zwei Messerstiche fest. Einer der Stiche hatte die Lunge erheblich verletzt, es bestand Lebensgefahr. Eine Not-Operation rettete ihn.

Die Kriminalpolizei aus Esslingen führte damals eine gründliche Spuren- und Beweissicherung durch und erstellte einen Lageplan des Tatortes, der am gestrigen zweiten Verhandlungstag am Stuttgarter Richtertisch eingehend begutachtet wurde.

Ein psychiatrischer Sachverständiger kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass der 28-Jährige seit Jahren an einer paranoiden Psychose leidet. Damit kann er für die Bluttat strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Darüber hinaus jedoch bestehe die Gefahr weiterer ähnlicher Taten, sodass, um die Allgemeinheit zu schützen, nur eine Möglichkeit bleibt, den Täter in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung einzuweisen.

Dem hat die Anklagebehörde in ihrem Urteil gestern Nachmittag nun auch entsprochen: Der 28-jährige Mann muss in die Psychiatrie.