Manche können stricken, und manche können Autofahren.“ Mit diesen Worten begrüßte mich mein damaliger Fahrlehrer, als ich am Straßenrand auf ihn wartete. „Von wegen“ dachte ich, der hat doch keine Ahnung. Das ist mein erstes Paar Socken im Leben. Ich hasste Sockenstricken, aber was tut man nicht alles – der ersten Liebe wegen. Bis Weihnachten mussten sie fertig werden. Größe 46, auch das noch. Ich hätte meinem Freund wohl besser erst auf die Füße geschaut, als ich ihn auswählte und dem Fahrlehrer in den Kopf.
Dieser hatte mich in seine Schublade gesteckt. „Frau am Steuer, Abenteuer.“ Der heiß ersehnte graue Lappen ließ auf sich warten. Ich machte alle vorgeschriebenen Fahrten, tuckerte mit ihm in Richtung Ulm über die Autobahn, nachts über den Schurwald ins Remstal und als ich das alles geschafft hatte, wollte ich mich zur Prüfung anmelden. Rund 15 Fahrstunden hatte ich zu diesem Zeitpunkt auf dem Buckel. Von meinen älteren Schulkameradinnen und Schulkameraden wusste ich, das war so der Durchschnitt, da konnte man mit der Führerscheinprüfung loslegen.
Ich aber nicht. Der Fahrlehrer brummte mir eine Stunde nach der anderen auf. Ich war für ihn die reinste Gelddruckmaschine. Irgendwann als es Richtung 20ste Stunde ging, erfuhr ich, dass bei ihm keine Frau darunter wegkam. Prinzipiell – ob mit oder ohne Strickzeug. Und so hielt ich die fertigen Socken und meinen grauen Lappen ziemlich gleichzeitig in Händen. Ganze 24 Stunden hatte ich für den Führerschein gebraucht, daran erinnere ich mich genau. Ob ich genauso viele Stunden für die Socken brauchte, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Aber es sind meine einzigen in den vergangenen mehr als 40 Jahren geblieben. Text/Foto: Marion Brucker