Weilheim · Lenningen · Umland
Mit dem Zebra sicher über die Straße

Prävention Die Verkehrspuppenbühne Esslingen hat in Kirchheim und Weilheim Station gemacht. Vorschulkinder und Abc-Schützen lernen spielerisch, wie sie gut durch die Stadt kommen. Von Anke Kirsammer

Schau links, rechts, links, wenn alle stehn, dann kannst du sicher drübergehn!“ Im Chor skandieren die Kinder den Reim und stampfen voller Begeisterung dazu. Die Verkehrspuppenbühne Esslingen hat eine Stunde lang alles gegeben und wieder einmal ihr Ziel erreicht. Die Jungen und Mädchen haben den Merkspruch verinnerlicht, mit dem sie viel für ihre eigene Sicherheit im Straßenverkehr tun können. Mit Feuereifer und viel Vorwissen helfen sie dem kleinen Zebra auf seinem Streifzug durch die Stadt. An diesem Vormittag dürfen sich Vorschülerinnen und Vorschüler des Freiwaldau-Kindergartens und der Kita im Doschler im Polizeirevier Kirchheim das Spiel der Puppenbühne anschauen.

Eingebettet sind die Aufführungen in Projekte zur Verkehrsprävention für Vorschulkinder und Abc-Schützen. Zehn Tage öffnete sich regelmäßig der rote Vorhang der Puppenbühne im Kirchheimer Revier. Diese Woche sehen sich Erzieherinnen und Lehrerinnen mit ihren Schützlingen das lehrreiche Puppenspiel in der Weilheimer Limburghalle an.

 

Wir wollen euch mit unserem Spiel
die Arbeit wegnehmen.
Sandra Traxler
Die Polizeibeamtin, die das Zebra mimt, setzt darauf, dass die Verkehrserziehung fruchtet und in den Polizeirevieren weniger Unfälle auflaufen.

 

In Uniform nehmen die Polizisten die Kinder bereits vor der Tür in Empfang. Das Eis ist schnell gebrochen. „Wenn es dunkel ist, kann man uns an der Mütze toll erkennen“, erklärt Michael Neubrand den neugierigen Kindern und zeigt auf die reflektierenden Streifen am Rand. Seit sechs Jahren gehört der Beamte zum Team der Puppenbühne. „Herr Neubrand“ spricht mal vor der Bühne leibhaftig mit den Kindern, dann verschwindet der Polizist und taucht als Puppe in der wechselnden Kulisse mit Gasthaus, Polizeirevier, Laden und ganz viel Verkehr wieder auf. Auch das Zebra erscheint mal als Handpuppe und – begleitet von klappernden Hufen und staunenden Blicken – immer wieder als verkleidete Schauspielerin auch vor dem Vorhang. Gemeinsam mit den „Ampelexperten“ im Publikum hört es dem strengen roten Ampelmännchen aufmerksam zu. Und weil es aus dem Zirkus stammt, zieht es die kleinen Besucherinnen und Besucher natürlich auch mit seinen Zaubereien in den Bann: „Hokuspokus Fidibus“ – schwups steckt in Herrn Neubrands Hosentasche ein Zebrastreifen, der sich im Handumdrehen auf der Fahrbahn auslegen lässt und dem Zebra wunderbar hilft, über die Straße zu kommen.

Viel Ernst und dosierter Klamauk

Mit viel Ernst, gut dosiertem Klamauk, eingängigen Rolf-Zuckowski-Liedern und einem bunten Bastelheft bekommen die Kinder an die Hand, wie sie ihren Schulweg alleine meistern.

Schon fast zwei Jahrzehnte spielt Sandra Traxler bei der Puppenbühne mit. In dem aktuellen Stück mimt sie das kleine Zebra, das die Jungen und Mädchen von der ersten Sekunde an ins Herz schließen. Sie bewahren es davor, Herrn Liebling zu folgen, der es mit saftigen Karotten lockt, als es sich verlaufen hat. „Du darfst nicht mit Fremden gehen!“, tönt es immer wieder aufgeregt aus dem Publikum. „Manchmal kommen wir gar nicht mehr zu Wort. Das ist die Reaktion, die wir wollen“, sagt Sandra Traxler im Anschluss. 

Nachdem die Akteure die Vorschülerinnen und Vorschüler draußen verabschiedet und in zig leuchtende Kinderaugen geblickt haben, schnauft auch Alexandra Preißinger durch. Sie gehört erst seit drei Wochen zum Team der Puppenbühne. Autos hin und her sausen lassen, Musikanlage anwerfen, Vorhang öffnen, Schilder hochhalten, Ampel bedienen und Herrn Liebling spielen – all das gehört zu ihrem Job. „Es macht total Spaß“, sagt die Beamtin. Wie ihre Kollegen ist sie überzeugt davon, dass von dem, was die Kinder an diesem Morgen gehört und gesehen haben, ganz viel hängenbleibt.

Die Puppenbühne als Türöffner

Kirchheims Revierleiter Jürgen Ringhofer schwört auf das Spiel als Türöffner. „Wenn Sie Kinder sehen, die mit ausgestrecktem Arm am Zebrastreifen stehen, dann wissen Sie, dass sie bei der Verkehrspuppenbühne waren“, sagt er. Prävention heißt das Zauberwort. Sandra Traxler bringt es dem Kollegen vom Revier gegenüber auf den Punkt: „Wir wollen euch die Arbeit wegnehmen.“

 

Vom Kindergarten bis zu den Senioren

Die Verkehrspuppenbühne Esslingen wird von der Verkehrsunfallprävention des Polizeipräsidiums Reutlingen betrieben. Zielgruppe sind Kinder in der Vorschule und in der ersten Klasse. 75 Jahre hat die junggebliebene Puppenbühne bereits auf dem Buckel. Das Jubiläum soll im Herbst in Esslingen gefeiert werden. Vom Standort aus werden auch die Jugendverkehrsschulen wie die in Dettingen betreut. „Wir machen Verkehrsprävention vom Kindergarten bis zu den Senioren“, sagt Sandra Traxler.

Aktionen zum sicheren Schulweg machen auch die Polizeireviere. Dazu gehört das Überwachen kritischer Stellen, meist in direkter Nähe zu Schulen.

Unfälle auf dem Weg zur Schule ereignen sich gar nicht so selten. Laut Statistik des Polizeipräsidiums Reutlingen gab es im Kreis Esslingen 2018 insgesamt 31 Schulwegunfälle. Im Jahr 2019 waren es 24. Dabei wurden 28 beziehungsweise 29 Personen leicht verletzt. 2018 gab es acht Schwerverletzte, 2019 waren es vier. Deutlich zurückgegangen sind wahrscheinlich aufgrund der Schulschließungen demgegenüber die Unfallzahlen in den beiden Folgejahren: 2020 ereigneten sich 14 Unfälle, im Jahr darauf elf. Die Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor. „Sie dürften sich aber denen von 2019 wieder annähern“, vermutet der Pressesprecher Christian Wörner. ank

„Eine Warnweste kostet wenig“

 Kirchheim.  Das Kirchheimer Polizeirevier tut ebenfalls einiges dafür, damit Kinder und Jugendliche sicher in die Schule kommen. Revierleiter Jürgen Ringhofer holt auch die Eltern ins Boot.
Wo liegt der Schwerpunkt bei Ihren Aktionen zum sicheren Schulweg?
Jürgen Ringhofer: Verstärkt überwachen wir die Schulwege vor allem nach den großen Ferien und zu Beginn der dunklen Jahreszeit. Wir achten besonders auf das richtige Verhalten der Schülerinnen und Schüler im Verkehr und dass die Fahrzeuge, mit denen sie kommen, funktionstüchtig sind.
Das heißt konkret?
Ringhofer: Licht, Bremsen und Reflektoren etwa an Fahrrädern oder Rollern sollten nicht nur vorhanden, sondern auch intakt sein. Immer wieder gibt es Schülerinnen und Schüler, die in der Dunkelheit komplett ohne Beleuchtung, ohne Reflektoren, sehr dunkel gekleidet und ohne Fahrradhelm unterwegs sind. Andere Verkehrsteilnehmer erkennen sie natürlich sehr schlecht. Die Gefahr, in einen Unfall mit schweren Folgen verwickelt zu werden, ist dabei sehr hoch.
Was unternehmen Polizeibeamte bei Mängeln wie fehlender Beleuchtung?
Die Schülerin oder der Schüler darf nicht weiterfahren, und wir geben eine Mängelkarte mit, auf der steht, was zu reparieren ist.
Hier kommen die Eltern ins Spiel …
… Sie sollten darauf achten, dass ihre Kinder nur mit verkehrstüchtigen Rädern fahren und sie zu ihrem Schutz reflektierende Kleidung und einen Fahrradhelm tragen. Eine gelbe Warnweste ist ja schon für ganz kleines Geld im Zubehörhandel zu bekommen, und Radhelme können tolle Geschenke sein. Bezüglich des Helms gibt es auch die landesweite Aktion „Schütze dein Bestes“, bei der Kindern vielfältig klar gemacht wird, wie verletzlich der Kopf und das Gehirn sind.
Nicht wenige Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. Was geben Sie denen mit auf den Weg?
Wir schauen auch auf deren Verhalten. Wenn es vor Schulen Halteverbotszonen gibt und Eltern dort anhalten, um ihre Kinder aussteigen zu lassen, ist das einfach gefährlich. Andere Kinder überqueren hinter diesem Fahrzeug die Straße und sind dann für andere Verkehrsteilnehmer schlecht oder zu spät zu erkennen. Kinder sind unsere Zukunft, und wir sollten alles dafür tun, dass sie diese Zukunft auch haben und gestalten können. Anke Kirsammer