Weilheim · Lenningen · Umland
Monika Trostel betreibt die Oberlenninger Hausarztpraxis weiter

Medizin In der Oberlenninger Hausarztpraxis geht es nach dem Abschied von Dr. Gabriele Müller im Oktober weiter. Monika Trostel stockt auf und hofft, dass eine neue Kollegin oder ein Kollege einsteigt. Von Anke Kirsammer  

Die Gerüchteküche brodelt schon lange, doch nun ist klar, wie und vor allem, dass es weitergeht: Die Hausarztpraxis in der Oberlenninger Hebbelstraße bleibt bestehen. Seither hatten Dr. Gabriele Müller und Monika Trostel die Praxis als Tandem betrieben. Von Herbst an wird Monika Trostel die Patientinnen und Patienten nach derzeitigem Stand alleine versorgen. Gabriele Müller verabschiedet sich mit 66 Jahren in den Ruhestand. „Am 1. Oktober bin ich Rentnerin“, sagt sie kurz und bündig. Ihre Tätigkeit als Betriebsärztin in rund 20, meist kleineren Firmen, hatte sie bereits zum Ende des vergangenen Jahres aufgegeben.

 

Wir haben viel mehr Leute, die Richtung Burnout driften, als früher.
Dr. Gabriele Müller
Für die Ärztin ist die Arbeitsverdichtung der Hauptgrund dafür, dass Menschen ausbrennen.  

 

Am liebsten wäre es Monika Trostel, die seit 2010 in Oberlenningen niedergelassen ist, wenn sie auch künftig nicht als Einzelkämpferin Anlaufstelle für Untersuchungen, Krankschreibungen und Überweisungen wäre, sondern eine weitere Hausärztin oder ein Hausarzt mit in den Räumen praktizieren würde. Beide Sitze sind gemäß Kassenärztlicher Vereinigung für die Versorgung notwendig und bleiben erhalten. „Wir strecken unsere Fühler in alle Richtungen aus“, so beschreibt Monika Trostel die Suche nach einer neuen Kollegin beziehungsweise einem neuen Kollegen. Im Moment sei es aber nicht einfach, jemanden zu finden. Als „Landarzt“ sei es etwa schwieriger, an Weiterbildungen zu kommen, und man könne sich nicht so leicht abgrenzen wie in der Großstadt.

Gabriele Müller sieht gerade darin den Reiz ihres Berufs: „Ich bin Hausärztin geworden, weil mich das soziale Umfeld der Leute interessiert. Ich kenne teils die halben Stammbäume, und finde das auch wichtig.“ 18 Jahre praktizierte die Medizinerin in Lenningen. Wer als Kind mit Gummibärchen in den Backentaschen aus dem Behandlungszimmer lief, darf auch heute noch als Erwachsener aus dem weißen Porzellantopf eines der knisternden Tütchen fischen. „Als ich angefangen habe, musste ich mir noch genehmigen lassen, dass ich nicht hier wohne“, sagt die ehemalige Bissingerin, die mit ihrem Mann inzwischen auf die Alb gezogen ist.

Ausufernde Bürokratie

Auch in ihrem Arbeitsalltag habe sich in den annähernd zwei Jahrzehnten viel geändert, so Gabriele Müller. „Vor allem die Bürokratie ist mehr geworden“, betont sie. Jede angebliche Verbesserung bringe fünf neue Formulare mit sich. Diesen Wust zu bewältigen, beanspruche inzwischen fast die Hälfte der Arbeitszeit. Deutlich zugenommen habe der Gesprächsbedarf von Patientinnen und Patienten. Das bestätigt Monika Trostel, die eine Zusatzqualifikation als Palliativmedizinerin hat und damit auch Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen versorgen kann. „Das Problem verschärft sich seit Corona“, so die Hausärztin, und Gabriele Müller ergänzt: „Wir haben viel mehr Leute, die Richtung Burnout driften.“ Die Arbeitsverdichtung mache die Menschen kaputt. Von der zurzeit diskutierten Vier-Tage-Woche hält sie deshalb nichts. Sie selbst freut sich darauf, bald endlich mehr Zeit zur freien Verfügung zu haben und damit auch öfter als bisher das sechs Monate alte Enkelkind in Leipzig sehen zu können.

Freie Zeit wird indes für Monika Trostel von Herbst an erst einmal weniger. Die 59-Jährige plant, künftig deutlich mehr zu arbeiten als bislang. „Ich gehe davon aus, dass ich einen Großteil abfangen kann.“ Auf Termine für Routineuntersuchungen müssten die Patientinnen und Patienten vielleicht etwas länger warten als bislang. Das sei in anderen Praxis nicht anders. Hinsichtlich neuer Patienten tritt sie jedoch auf die Bremse. Nach wie vor hofft die Teamplayerin darauf, dass sich wieder eine Kollegin oder ein Kollege findet. Dass der oder die Neue in einem Pfarrhaus wohnt, wie das bei den beiden bisherigen Tandempartnerinnen der Fall war, ist freilich keine Voraussetzung.