Weilheim · Lenningen · Umland

Musikalisches Gipfeltreffen auf Augenhöhe

Konzert Zugunsten der Teckboten-Weihnachtsaktion spielten die Stadtkapelle Kirchheim und die Stadtmusik Stockach in der Stadthalle. Von Florian Stegmaier

Der Stockacher Paukenist Markus Schwab-Renz bescherte dem Publikum ganz neue Klangerfahrungen.Fotos: Markus Brändli
Der Stockacher Paukenist Markus Schwab-Renz bescherte dem Publikum ganz neue Klangerfahrungen. Fotos: Markus Brändli

Als opulentes Doppelkonzert trat das diesjährige Concerto der Stadtkapelle Kirchheim in Erscheinung. Die erste Konzerthälfte in der Kircheimer Stadthalle gehörte ganz der Stadtmusik Stockach. Als Bindeglied zwischen den beiden renommierten Blasorchestern fungierte Rainer Mühlherr, Stadtkapellen-Vorstand mit Stockacher Wurzeln. Der Erlös dieses außergewöhnlichen Konzerts kam der Teckboten-Weihnachtsaktion zugute.

Konzert in der stadthalle von stadtkapelle Kirchheim und Stadtmusik Stockach, Concerto, im Bild Stadtkapelle Kirchheim

Mit „To Walk with Wings“ unternahmen die Stock­acher Gäste unter dem Dirigat von Stadtmusikdirektor Helmut Hubov eine musikalische Zeitreise durch die bewegte Geschichte der Luftfahrt. Komponistin Julie Giroux versteht das menschliche Bestreben, die Lüfte zu erobern, als eine Form der Sinnsuche und legt ihrem Stück einen historischen Bogen zugrunde, der den unbeugsamen Pioniergeist archaischer Flugapparate ebenso würdigt, wie die Tragödien der modernen Raumfahrt. Anhand dieses außermusikalischen Programms entwickelt Giroux eine episodische Folge teils pathetischer Klangszenen, deren gestische Plastizität und atmosphärischer Gehalt sich nicht zuletzt den zahlreichen bravourösen Solostimmen verdankte.

Michael Daughertys einsätziges „Raise the Roof“ kann als geistreiche Anverwandlung diverser Einsprengsel aus Latin-Music und Rock ‘n‘ Roll beschrieben werden. Dieses Merkmal teilt das Stück jedoch mit unzähligen anderen. Unverwechselbar macht es sein solistischer Umgang mit den Pauken, die sich hier zu konzertanter Größe erheben dürfen. Mit dem Stockacher Paukenist Markus Schwab-Renz war in der Kirchheimer Stadthalle ein begnadeter Virtuose zu Gange, der sein Instrument in melodische Sphären zu führen und seinen Hörern gänzliche neue Klangerfahrungen zu bescheren wusste. Mit Oliver Waespis „Fanfare and Funk“, einer Hommage an den unvergesslichen Groove eines James Brown und die lange Tradition des Blues, beschloss die Stockacher Stadtmusik ihre großartige Konzerthälfte. Im Anschluss an solch eine Vorlage hätte es manches Orchester schwer, auf der Bühne eine überzeugende Figur zu machen. Musikalisch begegnen sich Stockach und Kirchheim jedoch auf Augenhöhe. Unter der Stabführung des Kirchheimer Stadtmusikdirektors Marc Lange eröffneten die „Festival Bells“ aus der Feder von Thomas Doss die zweite Hälfte des Abends. Die darin auskomponierte Vorfreude auf ein prickelndes Musikfestival umreißt die Bandbreite sinfonischer Blasmusik und stellt für jeden ambitionierten Klangkörper einen veritablen Prüfstein dar.

Konzert in der stadthalle von stadtkapelle Kirchheim und Stadtmusik Stockach, Concerto, beide spielen zusammen auf der bühne

Doch obwohl „Festival Bells“ von der Kirchheimer Stadtkapelle mit derjenigen scheinbaren Mühelosigkeit gemeistert wurde, die wahre Könnerschaft auszeichnet, mutete es erst als Anlauf zum eigentlichen Höhepunkt an, der mit James Barnes „Fantasy Variations“ über ein Thema von Niccolo Paganini folgte. In zwanzig Variationen wird das berühmte Thema des Teufelsgeigers durch sämtliche Klangregister gejagt, Metamorphosen und Häutungen unterzogen, die in ihrer Architektur ein hochintelligentes, an romantischen Orchesterwerken geschultes Stück Tonkunst ergeben, das in der Kirchheimer Stadtkapelle eine kongeniale Interpretin fand. Doch auch das abschließende „Aurora Awakes“ von John Mackay war mehr als ein effektvoller Rausschmeißer. Der von der Imagination der aufgehenden Sonne inspirierten Klangentfaltung liegen zwei musikalische Zitate zugrunde: ein prominenter Klangbaustein von Gustav Holst und ein Gitarrenriff der Band U2.

Ob beim gemeinsamen Zugabenteil (Bild oben) oder als separate Orchester: Beide brillierten mit sinfonischer Blasmusik, die das P

Dieser bemerkenswerte Crossover ist ohnehin bezeichnend für das Repertoire der sinfonischen Blasmusik, das mit seiner genreübergreifenden Offenheit für eine breite, auch junge, Hörerschicht anschlussfähig ist, ohne deshalb seinen Anspruch an eine artifizielle Ästhetik aufgeben zu müssen.

Mit der Stadtmusik Stockach und der Stadtkapelle Kirchheim kann die sinfonische Blasmusik fraglos auf zwei überzeugende Botschafterinnen bauen. Bei ihrem begeisterten Publikum bedankten sich beide Orchester mit einem gemeinsam gestalteten Zugabenteil.