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Nabern ist der Sitz des Kunstverstands

Unterhaltsame Benefiz-Auktion im Kirchheimer Kornhaus setzt mehr als 14 000 Euro um

„Kunst hilft Menschen“ – dieses Motto hat bei der Auktion im Kornhaus wieder voll zugetroffen: Der Erlös kommt zwei gemeinnützigen Projekten zugute, die Auktion hat den Bietern Freude über ihren Neuerwerb beschert und schließlich hat sie allen Beteiligten zu einem unterhaltsamen Abend verholfen.

Aussagekräftige Titel sind nicht immer, aber oft die halbe Miete: Das Werk von Roswitha Eberspächer, das Oberbürgermeisterin Ang
Aussagekräftige Titel sind nicht immer, aber oft die halbe Miete: Das Werk von Roswitha Eberspächer, das Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker hier gerade versteigert, heißt nicht etwa schlicht „Gänse“, sondern „Unterhaltung“. Und in diesem Fall lag der „Unterhaltungs“-Wert immerhin bei 400 Euro.Foto: Genio Silviani

Kirchheim. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen einer Benefiz-Kunstauktion und einem Abend im Bierzelt. Aber es gibt auch eine Gemeinsamkeit: die rituelle Aufforderung zum Konsumieren. Im Bierzelt kommt sie mit einem „Prosit der Gemütlichkeit“ daher. Bei der Benefiz-Auktion geht es zwar etwas gediegener zu. Aber trotzdem: Wenn die Auktionatoren mit ihrem Anglerlatein am Ende sind, weil die Käufer nicht anbeißen, kommt der rituelle Zusatzköder ins Spiel. Dann heißt es: „Denken Sie daran, dass das alles hier einem guten Zweck dient.“

Im Kornhaus musste dieser Kaufanreiz nicht allzu oft zum Einsatz kommen – auch wenn der Beginn der Auktion durchaus zäh war. Erst bei der Nummer 8 von insgesamt 72 Werken meldete sich erstmals ein Bieter. Dann aber ging es Schlag auf Schlag: Schon beim nächsten Werk kam es zum gegenseitigen Hochsteigern. Immer leerer und weißer zeigten sich die Wände im Erdgeschoss des Kornhauses, weil immer mehr Kunstwerke abgehängt, versteigert und verpackt wurden. Exakt zwei Drittel aller Werke gingen den vorgesehenen Weg und wechselten den Besitzer.

Auffallend war ein gewisser Lokalpatriotismus: Obwohl fast alle Künstler aus der Region stammten, waren es vor allem die renommierteren unter den heimischen Künstlern, deren Werke sofort auf Liebhaber stießen. Besonders eifrig waren die Bieter aus dem Kirchheimer Teilort Nabern, was den Auktionator Andreas Kenner zu der Bemerkung veranlasste: „In Nabern scheint der Kunstverstand zu sitzen.“ Das wollten sich die Nicht-Naberner am Ende so nicht bieten lassen: Auf den Hinweis, dass für zwei der letzten vier Werke auf der Liste bereits beachtliche Gebote vorliegen – „per E-Mail aus Nabern“ –, rafften sie sich noch einmal auf und überboten die virtuellen Naberner.

Bei den real anwesenden Nabernern war das den ganzen Abend über schwieriger, weil die immer wieder eine Schippe drauflegen konnten. Den E-Mail-Bietern war das nicht möglich. Vielleicht wäre das eine weitere Neuerung für die nächste Auflage der Auktion: Live-Zuschaltung der Online-Bieter via Bildschirm.

Interessant waren auch die Ergebnisse für verschiedene Paarungen von Kunstwerken – oftmals zwei Werke vom selben Künstler. „200 Euro für beide“, hieß eines der Gebote. Aber Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, die abwechselnd mit Andreas Kenner den Hammer schwang, ließ sich davon nicht beeindrucken und konterte: „Ich traue mir zu, dass ich beides für mehr als 200 Euro wegkriege.“ Das war nicht ganz leicht, aber mit einigen Mühen war das ehrgeizige Ziel dennoch erreicht: 120 Euro für das eine und 90 Euro für das andere Bild. Das macht in der Summe immerhin zehn Euro mehr als 200 für beide. Was zu beweisen war.

Von zwei unterschiedlichen Künstlerinnen gestaltet und mit unterschiedlichen Mindestgeboten versehen, zeigten sich auch jahreszeitliche Unterschiede: Der „Sommergruß“ ging für das Mindestgebot von 50 Euro weg, der „Herbst“ dagegen brachte es von 300 noch auf 380 Euro, bevor der Zuschlag erfolgte.

Und dann gab es noch einen besonderen Fall von Lokalpatriotismus: Von Konrad Raum lagen zwei Aquarelle vor, Mindestgebot 200 Euro. Weit abgeschlagen, brachte es „Venedig“ auf 300 Euro, während „Im Hohenreisach“ für stattliche 410 Euro unter den Hammer kam.

An anderer Stelle zeigte sich, wie wichtig es sein kann, Werke zu betiteln: Ein Aquarell von Gotthilf Kurz – „ohne Titel“ – ließ Angelika Matt-Heidecker eigens durch Andreas Kenner versteigern, damit sie selbst mitbieten konnte. Grund für diesen Eifer: Als Hilfstitel war das Werk mit dem Stichwort „Atlantik“ versehen. Somit wurde das Aquarell zu einem „Muss“ für die bekennende Westfrankreich-Urlauberin Matt-Heidecker.

Den größten Wertzuwachs gegenüber dem Mindestgebot konnte übrigens Boba Cvorkovs „Hafen“ von 1983 verzeichnen – und zwar um das Viereinhalbfache: Von 80 Euro ging es bis auf 360 Euro hinauf. Den größten Einzelerlös, den einzigen vierstelligen, erzielte Rainer Hoffelner mit „Vergänglichkeit der Zeit“. Vom höchsten Mindestgebot des Abends ausgehend, brachte er es mit diesem Werk von 500 Euro auf stolze 1 050 Euro. Auch das Endergebnis konnte sich sehen lassen: Mehr als 14 000 Euro gaben die Kirchheimer an diesem Abend aus – zugunsten des Freundeskreises Henriettenstift und des Treffpunkts Alleinerziehende Menschen.