Weilheim · Lenningen · Umland
Nachhaltigkeit ist die neue „Daseinsvorsorge“

Weilheim Im Rahmen der Nachhaltigkeitstage rief CDU-Landtagsabgeordnete Natalie
Pfau-Weller im Weilheimer Restaurant Burgmanns zur Diskussion auf. Von Sabine Ackermann

Wie so oft finden viele Menschen Aktionen zur Nachhaltigkeit „super“ – wenn dann aber tatsächlich eine Veranstaltung stattfindet, bleiben viele doch lieber zuhause. Der ein oder die andere hätte der jungen CDU-Landtagsabgeordneten und Kirchheimer Stadträtin Dr. Natalie Pfau-Weller und ihren Mitrednerinnen und Mitrednern bestimmt mehr Besucher gewünscht. Doch die 34-Jährige, die von ihrer Familie begleitet wurde, nahm es locker und blieb dem Motto der Nachhaltigkeitstage „Jede Tat zählt“ treu. Souverän zog sie ihr Themen-Programm „Ernährung, Energie, Umwelt/Klimaschutz“ durch und erklärte, was Nachhaltigkeit für sie bedeutet: „Heute so zu leben, dass auch die nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt vorfinden. Für mich gehören unter anderem eine intakte Umwelt, eine starke soziale Gemeinschaft sowie solide Wirtschaftsstrukturen dazu.“

Der recht überschaubare Kreis von Interessierten saß im Gegensatz zu Talk-Shows wie Lanz oder Maischberger nicht auf den Zuschauerbänken, sondern als Gemeinschaft mit den Podiumsgästen an einem langen Tisch – der aus alten Weinkisten gebaut war.

Für Jesse Burgmann ist es wichtig, „mit den Produkten, mit denen man täglich arbeitet, sinnvoll umzugehen und zu versuchen, mit diesem Prozess immer weiterzumachen und ihn auch weiterzugeben“. Was ihn von anderen Gastronomen unterscheiden würde, wollte Natalie Pfau-Weller wissen. „Wir haben eine kleine Karte“, antwortet er. Sowohl seine Öffnungszeiten von Dienstag bis Freitag als auch seine Auswahl an Gerichten ist begrenzt. Am Abend kann man aus je drei bis vier Vor- und Hauptspeisen und einem Dessert auswählen, mittags gibt es eine Stunde lang von 12 bis 13 Uhr nur ein Essen. Ist das ausverkauft, gibt es keine Alternative. Jesse Burgmann erklärt: „Wir kaufen viel weniger Lebensmittel ein – insbesondere betrifft das Fleisch –, achten aber auch auf saisonale Produkte und unterstützen regionale Partner. Wir verwenden das, was gerade angeboten wird.“ Zudem hat er auf Bioweine und Demeter-Sekt umgestellt, kauft im stetigen Wechsel nur zwei bis drei Kisten pro Sorte und benutzt schon seit längerem die Gastronomie-Mehrwegsysteme Recup und Rebowl.

 

Dass auf den Topf ein Deckel gehört, weiß mittlerweile jeder.
Monika Deyle
Die Landfrau kritisiert die Tipps
im „Energiespar-Büchle“.
 

Michael Christ, Energie- und Klimaschutzmanager der Gemeinde Dettingen, erklärt: „Nachhaltigkeit ist eigentlich nichts Neues, auch wenn es gerade hipp und modern ist. Das hat schon vor Jahrzehnten begonnen, nur hieß es damals ,Daseinsvorsorge’. So sind die Kommunen dazu verpflichtet, für die Bürger eine Infrastruktur zu schaffen: Strom, Wasser, Bildung, Straßen oder aktuell Glasfaser.“ Neben Energie- und Klimaschutz sei für ihn auch Nachhaltigkeit ein Thema. Die Heizungsanlage für Kita, Schule und Sporthalle wird in Dettingen mit Holzhackschnitzel befeuert. Mit Konsequenz werde die Kommunale Wärmeplanung, eine Zusammenarbeit zwischen Dettingen, Bissingen und Owen, verfolgt. „Wir machen das freiwillig und sind die ersten im Landkreis Esslingen“, erklärt Michael Christ. Gleichfalls nicht selbstverständlich sei das Angebot einer neutralen Energieberatung, für die er auf Wunsch auch ins Haus der Dettingerinnen und Dettinger komme. „Vor Ort kann ich aufzeigen, wo noch Einsparungsmöglichkeiten sind.“

In Punkto Ernährung sagt Monika Deyle: „Dass ich zunächst mal schaue, was kauf‘ ich ein? Woher kommt das Produkt? Hat es lange Lieferwege?“, listet die Vorsitzende des Kreis-Landfrauenverbands Nürtingen und des Ortvereins Kohlberg-Kappishäusern auf. Bei den Landfrauen gelte bei Veranstaltungen schon seit vielen Jahren die Devise, kein Plastik- sondern Porzellangeschirr zu verwenden. Das gleiche gilt für fair gehandelte Produkte, beispielsweise Kaffee.

„Das gesamtgesellschaftliches Engagement der Landfrauen reicht weit über die Landesgrenzen hinaus“, fährt Monika Deyle fort. Seit 1986 greife der Verband entwicklungspolitische Themen auf und setze sich unter anderem in Ghana und Kenia für faire Arbeitsbedingungen und nachhaltige Entwicklung ein. Zu welchen Bedingungen die Frauen in den Ananas-Plantagen arbeiten müssen und wie die Früchte nach Deutschland kommen, sind weitere Themen. „Wir haben ihnen zum Beispiel Handschuhe zur Verfügung gestellt“, berichtet die Landfrauenverbands-Vorsitzende. Gar nichts hält sie von den Tipps im Energiespar-Büchle des baden-würrtembergischen Umweltministeriums: „Dass auf den Topf ein Deckel gehört, weiß mittlerweile jeder.“ Ihrer Meinung nach sollte in Kitas und Schulen wieder spielerisch das Thema Alltagskompetenz eingeführt werden.

 

Die Nachhaltigkeits-Aktion im Überblick

Unter dem Motto „Jede Tat zählt“ fanden die landesweiten „10. Nachhaltigkeitstage Baden-Württemberg“ statt. Federführend war das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

Ziel ist es, nachhaltiges Handeln verständlich, sichtbar und erlebbar zu machen. An den „N!-Tagen“ sind die Menschen im Ländle dazu aufgerufen, ihr Engagement für mehr Nachhaltigkeit einer Öffentlichkeit vorzustellen.

2012 starteten die ersten Nachhaltigkeitstage mit 400 Aktionen. Seitdem haben sich die Teilnehmerzahlen kontinuierlich gesteigert. 2021 fanden rund 2200 Aktionen in ganz Baden-Württemberg statt. ack