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Nacht im Club endet vor Gericht

Prozessauftakt In Kirchheim hat die Verhandlung gegen einen 22-Jährigen wegen einer möglichen Vergewaltigung begonnen.

Gericht
Symbolbild

Kirchheim. Es ist keine leichte Aufgabe, vor der Amtsrichterin Franziska Hermle-­Buchele gemeinsam mit zwei Schöffinnen steht: Sie müssen versuchen, die Wahrheit herauszufinden über einen Fall der sexuellen Nötigung, der sich Mitte April 2017 in Kirchheim ereignet haben soll. Bis jetzt steht Aussage gegen Aussage. Die Geschädigte, die sowohl die Rolle einer Zeugin einnimmt als auch die der Nebenklägerin, bleibt bei der Beschuldigung, ein 22-Jähriger habe sie gegen ihren Willen an mehreren Stellen ihres Körpers berührt, unter anderem auch an sehr intimen Stellen. Danach habe sie Unterleibsschmerzen gehabt.

Der Angeklagte sagt nichts, lässt seinen Verteidiger aber eine Erklärung verlesen. Demzufolge sei in jener Nacht vor anderthalb Jahren rein gar nichts passiert. Der Vorwurf, der immerhin für eine Anklage wegen Vergewaltigung ausreicht, sei haltlos. Er habe das Mädchen nicht angefasst.

Zeugen gibt es zwar eine ganze Reihe. Aber sie können allesamt nur ihren Gesamteindruck des gemeinsam verbrachten Abends wiedergeben. Die entscheidende Szene hat niemand mitbekommen.

Also geht es für das Gericht - einschließlich Staatsanwalt, Ne­benklagevertreterin und Verteidiger - darum, sich ein Bild über die Rahmenbedingungen zu machen. Die sind diffus genug: Für die meisten Beteiligten liegen sie hinter den Nebelschleiern, die übermäßiger Alkoholgenuss bei ihnen hinterlassen hat. Es sind lauter junge Leute, die heute 20 bis 22 Jahre alt sind. Nur die beiden Fahrer der Gruppe hatten den ganzen Abend über keinen Tropfen Alkohol zu sich genommen.

Nach dem privaten „Vorglühen“ kommt der Freundeskreis aus der Nürtinger Ecke gegen 22 Uhr zur Party in einen Club im Kruichling. Einig sind sich alle, dass der spätere Angeklagte ein fremdes Mädchen kennenlernt und sich gut mit ihr zu verstehen scheint. Kurz darauf kommt es zum Disput zwischen dem fremden Mädchen und der späteren Geschädigten. Letztere - die ihrerseits zum Freundeskreis gehört - wirft der Fremden wohl vor, den jungen Mann ausnehmen zu wollen. Allzu oft zeige der sich nämlich finanziell großzügig, zu seinem eigenen Schaden.

Getrunken wird die ganze Zeit über kräftig. Eine spätere Blutprobe ergibt bei der Geschädigten einen Alkoholgehalt von 1,7 Promille - nach 4 Uhr morgens. Aber der Zeitraum, in dem es zu den sexuellen Handlungen hätte kommen können, lässt sich durch die Zeugenaussagen nicht genau festlegen: Mal hatte einer den jungen Mann fast die ganze Zeit im Blick, mal ein anderer die junge Frau.

Auch die Glaubwürdigkeit der jungen Frau als Zeugin wird ganz unterschiedlich eingeschätzt. Die Aussagen reichen von „sehr stark betrunken“ (im Club) bis zu „chronologisch klar strukturiert“ (im Krankenhaus). Dort hat sie auch die Aussage zur Vergewaltigung gemacht - was den ganzen Fall schließlich ins Rollen brachte.

Drei wichtige Zeugenaussagen fehlten dem Gericht am Dienstag noch. Sie sollen beim Fortsetzungstermin noch diesen Monat eingeholt werden. Ob sie aber am entscheidenden Punkt für mehr Klarheit sorgen können, muss sich erst noch zeigen. Andreas Volz