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Neue Kulturs zene soll sich etablieren   

Kultur Aus einem einstigen Supermarkt in Albershausen wurde das „Neu West Berlin Depot“. Inzwischen ist ein offenes Kunst- und Bildungshaus für unterschiedliche Veranstaltungen entstanden. Von Sabine Ackermann
 

Am Anfang ist immer eine Idee. Im Fall von Jo Schönmoser und Viola Mergenthaler ist sie noch immer imposant und wuchtig. Rückblick: Bis in die 90-Jahre gab es in Albershausen einen Supermarkt namens „Depot“, der nach dessen Schließung jahrelang leer stand. Zufällig darauf aufmerksam geworden, sorgte das Gebäude bei den Entdeckern anfangs für viele Diskussionen – bis schlussendlich beide „Ja“ dazu sagten.

Fortan entwickelte sich ein neues Raumkonzept – gepaart mit einer Leidenschaft zur Architektur und einem gewissen Zauber, etwas Besonderes zu kreieren. Die Umbaumaßnahmen fanden in Eigenregie statt, bewusst minimalistisch mit einem Mix aus Industriecharme und Wohlfühl-Atmosphäre. 2016 machte Jo Schönmoser mit seiner „Berliner Mauer-Open-Air-Galerie“ auf ein Stück Geschichte aufmerksam. Von unterschiedlichen Künstlern nach dem Mauerfall bemalt, sollten 19 fast vier Meter hohe original Berliner-Mauer-Stücke auf dem Parkplatz des ehemaligen Supermarkts auch in Albershausen an Frieden und Freiheit erinnern.

Alternative Nutzung gesucht

Seit 2019 initiieren und realisieren der Geschäftsführer einer Bewegtbild-Agentur und die Künstlerin Viola Mergenthaler im „Neu West Berlin Depot“ (NWBD) wiederkehrende Ausstellungen und Veranstaltungen. Nachdem das pandemiebedingt in „Eigenregie nicht mehr denkbar war“, haben sich die beiden Inhaber dazu entschieden, eine „alternative Nutzung“ anzubieten. Hierfür wurde der Verein: „Neu West Berlin Club“ für Kultur, Kunst und Geschichte gegründet. „Die Basis des Hauses ist die Kunst, was Unsichtbares sichtbar macht“, sagt Vereinsvorsitzender Mark Green.

Vorrangiges Ziel der elf Gründungsmitglieder ist es, sich nachhaltig über die lokalen Grenzen hinaus einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Darüber hinaus wollen sie die Menschen dazu einladen, sich aktiv an den kulturellen Prozessen aus unterschiedlichen Genres zu beteiligen.

Außergewöhnlich, die Pop-up-Galerie, die nicht nur zum Verweilen einlädt, sondern überdies den passenden Rahmen für Veranstaltungen bietet. „Wir wollen aber auch die Gemeinde mit einbeziehen und konnten Bürgermeister Jochen Bidlingmaier als Schirmherrn gewinnen, neuerdings sind im Foyer standesamtliche Trauungen der Gemeinde Albershausen möglich“, berichtet Viola Mergenthaler. Die Räumlichkeiten mit barrierefreiem Eingang bieten Platz für 120 Gäste oder Zuschauer und können „individuell nutzbar auf die gewünschten Vorstellungen abgestimmt werden“.

„Kulturstatus auf dem Land, den gibt es schon eine Weile“, sagt Jo Schönmoser und sieht darin „eine Win-win-win-Situation.“ Denn zusätzlich zum Rathauschef konnte er Hannes Eimert aus Stuttgart als Unterstützer gewinnen. Vor 37 Jahren kam er zum Repertoiretheater und ist nun der Ansprechpartner von „Wortkino – Dein Theater“, ein Zusammenschluss freischaffender Künstler. Der Unterschied zu herkömmlichen Theatern ist der, dass keine klassischen Theater- oder Boulevardstücke gespielt werden, erklärt der Schauspieler und Intendant. Der Dialog sei nur ein Teil der vielfältigen künstlerischen Darbietungen, der andere Teil greife im musikalisch-literarischen Bereich. Zudem gibt es Biografien über Autoren, Dichter und andere Persönlichkeiten aus der Zeitgeschichte, „die mit den Mitteln des Theaters wie Sprache, Gesang sowie Musik- und Bildeinspielungen auf hohem Niveau porträtiert werden“. Darüber hinaus könne „Wortkino“ auf aktuelle Themen reagieren. „Wir versuchen, die Literatur so zu verlebendigen, als würde gleichzeitig ein Film im Kopf des Zuschauers stattfinden“, macht Hannes Eimert deutlich.