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Neues Wohnen denken

Planung Der Kampf um die Fläche ist längst entbrannt, erst recht in den Ballungsräumen. Die einen wollen bezahlbaren Wohnraum, die andern ihre Äcker und Wiesen bewirtschaften oder die Natur genießen. Von Iris Häfner

So kann zeitgemäße Innenentwicklung in alten Ortsteilen aussehen, wie hier in Dettingen bei der alten Lauterbrücke. Foto: Carste
So kann zeitgemäße Innenentwicklung in alten Ortsteilen aussehen, wie hier in Dettingen bei der alten Lauterbrücke. Foto: Carsten Riedl

Weg vom Kirchturmdenken - und zwar in sämtlichen Belangen und eingefahrenen Denkmustern. So könnte die Fortschreibung des Flächennutzungsplans (FNP) der Verwaltungsgemeinschaft Kirchheim-Dettingen-Notzingen grob umrissen werden. „Es geht darum, das Wohnen der Zukunft für die Menschen in der Raumschaft zu denken“, formuliert es Dettingens Bürgermeister Rainer Haußmann. Dazu gehören für ihn auch die öffentlichen Verkehrsmittel. „Wenn wir diesen Prozess alle offen begreifen, haben wir eine große Chance, den Flächennutzungsplan nachhaltig hinzubekommen“, ist der Schultes überzeugt.

Der FNP denkt in 15-Jahres-Abständen, also wie die Wohnformen sich bis 2035 entwickeln. „Die Gemeindeentwicklungsplanung haben wir in Dettingen mit der Bürgerschaft schon vor 20 Jahren entwickelt, auf den Weg gebracht und beschlossen“, so der Schultes. Damals ging es schon um das Zusammenwachsen der beiden Ortsteile - alter Ort und Guckenrain. „Das sind alles Module, die nach dieser Planung umgesetzt werden, beispielsweise die Kita, das Pflegeheim oder das Hotel“, erläutert Rainer Haußmann. Diese Arrondierungsflächen werden seit 20 Jahren immer weiter verfeinert.

Diesen Prozess hat Kirchheim noch vor sich. Mit der Bürgerschaft sollen in nächster Zeit die Planungen für Wohnen und Gewerbe diskutiert werden. Dies muss Dettingen abwarten, ebenso die Notzinger Pläne, denn auch die Bodenbachgemeinde ist noch weit von der Zielgeraden entfernt. Eines liegt aber für alle drei Kommunen ab Frühjahr vor: der Landschaftsplan. Der dokumentiert den aktuellen Ist-Zustand der kompletten Markung. „Das ist eine Chance, noch mehr zu differenzieren und Landschaft zu definieren. Es ist ersichtlich, wo wertige Flächen sind, wo ich Bauen anbieten und wie ich kompensieren kann“, so der Schultes. Aus seiner Sicht wird so auch das Ehrenamt aufgewertet. Der AK Biotop kann sich beispielsweise einbringen und Flächen ökologisch aufwerten.

Das alles wird im FNP zusammengeführt, um dann in einem demokratischen Prozess die Entscheidung zu treffen. „Die Wohnform in der City in Kirchheim sieht anders aus als auf der Alb“, beschreibt Rainer Haußmann die Unterschiede. In der Kernstadt sind deshalb viel Geschossbauten angedacht. Anders sieht es an ihren Rändern wie etwa in Jesingen und Ötlingen aus, ebenso in Dettingen und Notzingen. Die „Klientel Familie“ tut sich schwer, Objekte und Flächen für ihr Eigenheim zu finden, die sie finanziell stemmen können. Deshalb sind die Kommunen gleich in mehrfacher Hinsicht gefordert. „Wir müssen miteinander denken, welche Wohnformen wohin passen, auch quantitativ. Und auch ein Handwerker oder eine Krankenschwester muss sie finanzieren können“, sagt er weiter.

Die Frage stellt sich für die Städteplaner, wie die typische Wohnform der Zukunft in welchem Grundriss und mit wie vielen Quadratmetern aussieht. „Das müssen atmende Grundrisse sein, die sich für Jung und Alt gleichermaßen eignen. Es sollte nicht zu viel vorgegeben sein, sondern ein bisschen roh gebaut werden, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, die Form auszugestalten“, schwebt Rainer Haußmann vor. Dazu gehören für ihn auch hochwertige Freiflächen. „Dann hat nicht jeder seinen eigenen kleinen Garten, sondern alle eine schöne große Fläche.“ Mit diesem Prinzip bekommt man mehr Wohnraum auf dieselbe Fläche.

Die Nutzung sollte nicht mehr getrennt werden, sondern Wohnen, Arbeiten und Infrastruktur so zusammenpassen und stimmig sein, dass nahezu alles zu Fuß zu meistern ist. „Viele junge Menschen wollen nicht mehr für ihr Eigenheim ein Leben lang schaffen, ihnen reicht eine Mietwohnung“, so der Schultes. In diesen Vierteln kann es auch Coworking Spaces geben. Dort arbeiten Menschen unterschiedlicher Professionen Tür an Tür, und die Arbeitsplätze sind fix und fertig eingerichtet.

Nicht zu vergessen ist die Innenentwicklung, bei der Dettingen eine Vorreiterrolle einnimmt. In den vergangen 15 Jahren wurde so für 500 Menschen Wohnraum geschaffen, was acht Prozent Bevölkerungswachstum entspricht.