Kirchheim
„Oben ohne“ lässt keinen kalt

Badespaß In mehreren Freibädern in Deutschland dürfen jetzt auch Frauen ohne Bikini-Oberteil schwimmen. Ob das die richtige Entscheidung war? Rund um die Teck herrscht darüber Uneinigkeit. Von Celia Veygel

Endlich ist der Sommer da. Jetzt heißt es wieder: Wintersachen wegpacken, Sonnenbrille aufsetzen und ab in das Freibad oder zum nächsten Badesee. Die ein oder andere setzt dabei gezielt auf das Motto: „Je weniger, desto besser“ und möchte mit so wenig Stoff wie möglich das kühle Nass genießen – manche vielleicht sogar ohne Bikini-Oberteil. Im niedersächsischen Göttingen hatte eine Schwimmerin ohne Oberteil im vergangenen Jahr eine hitzige Debatte über das „Oben-ohne-Badeverbot“ für Frauen ausgelöst. Für die diesjährige Saison hat der Sportausschuss entschieden: In Göttingen darf ab sofort jeder und jede „oben ohne“ schwimmen. Allerdings nur am Wochenende. Kurz darauf sind andere Städte dem Beispiel gefolgt. An den Bürgerseen in Kirchheim sorgt das Thema für Zündstoff.

Meinungen sind gespalten

„Für mich ist die nackte weibliche Brust etwas ganz Natürliches“, stellt Walter Lombardeli klar. Wenn sich die Personen damit wohl fühlen, sei er auch entspannt. Die Regelung der Göttinger hält der Fußgänger für eine optimale Lösung. „Wenn es einem nicht passt, dann kann derjenige einfach an einem anderen Tag schwimmen gehen.“ Auch Werner Sommer könnte sich auf diesen Kompromiss einlassen. Denn er hält nicht viel vom textilfreien Badespaß: „Hier am See ist es ja sehr weitläufig, da kann ja jeder machen, was er will. Anders als im Freibad, in dem es voller ist und man dichter aneinander gedrängt steht. Da könnte es den einen oder anderen stören“, kritisiert Werner Sommer.
Dass Frauen auch ohne Oberteil baden dürfen, ist für Saskia Urban aber eine Sache der Gleichberechtigung. „Wenn Männer das dürfen, wieso dann nicht auch Frauen?“ Die Lenningerin sucht sich zum Schwimmen gehen gerne FKK-Bereiche aus, erzählt sie. Ein Grund dafür sei auch, dass es weniger unangenehme und aufdringliche Blicke im FKK-Bereich gäbe. „Im Textilbereich bekommt man es sogar mehr mit Gaffern zu tun“, ärgert sie sich.
„In den Achtzigern war das reine Normalität“, erinnert sich Andrea Philipp. Sie verrät, dass sie sich das heutzutage nicht mehr in der Öffentlichkeit traut. Zu wenig präsent sei das Oben-ohne-Baden bei Frauen.
Eine andere Besucherin hingegen hält überhaupt nichts vom FKK-Baden. „Nacktheit sollte nicht zur Normalität werden“, da ist sie sich sicher. Das offene Zeigen der weiblichen Brust hält sie für reine Pornografie. Das wiederum ziehe Übergriffe nach sich, behauptet sie. Ihren Namen möchte sie aber lieber nicht in der Zeitung lesen. Rechtlich gesehen ist das FKK-Baden am Bürgersee grundsätzlich erlaubt, solange sich niemand daran stört. „Solche Beschwerden hat es in den vergangenen Jahren aber nicht gegeben“, betont Kirchheims Pressesprecher Robert Berndt.

Lage in Freibädern ist unklar

Ist Oben-ohne-Baden für Frauen im Kirchheimer Freibad erlaubt? Paragraf fünf der Badeordnung bleibt da eher schwammig: „Die Besucher haben alles zu unterlassen, was den guten Sitten sowie dem Aufrechterhalten der Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuwiderläuft.“ Der Pressesprecher erklärt, dass darunter auch das Oben-ohne-Baden für Frauen fallen würde. Im Zweifelsfall können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Platzverweis bis hin zu einem Hausverbot aussprechen.

Im Weilheimer Freibad hingegen ist das Thema nicht ausdrücklich in der Badeordnung geregelt. Bis jetzt habe es einen solchen Vorfall auch noch nie gegeben, äußert sich die Stadtverwaltung. Das Freibad zeigt sich allerdings offen gegenüber der Sache: „Sollte dieser Wunsch auftauchen, wird man eine Regelung treffen müssen und die Badeordnung ändern“, meint Elke Rendler, Mitarbeiterin der Stadtverwaltung. Eine Lösung für alle ist also noch nicht in Sicht. Klar ist: Egal wo das Thema aufkommt, es trifft sofort einen Nerv.