Weilheim · Lenningen · Umland
Obst-Experiment gelungen

Genuss Most ist ein spannendes Naturprodukt. Trotzdem hat er imagetechnisch noch nicht die Kurve bekommen. Und das völlig zu Unrecht, wie die elfte Hepsisauer Most-Prämierung zeigte. Von Daniela Haußmann

Beim Most denken die meisten immer noch an Bembel und den „Blauen Bock“. Dabei hat das schwäbische Traditionsgetränk jede Menge Potenzial, wie Hepsisauer Most-Prämierung am Samstag zeigte. Eine neue Generation von Obstwiesen-Besitzern, Apfel-Liebhabern und Genießern interpretiert das heimische Naturprodukt auch in Hepsisau, Weilheim und Neidlingen neu und fördert seinen Stellenwert. In den vergangenen Jahren hat der Haustrunk vieler Schwaben auch rund um die Limburg eine fulminante Qualitätsentwicklung erfahren. Dazu haben moderne Kellereitechnik und Seminare, die Anfängern und Fortgeschrittenen Know-how rund um die Most-Bereitung vermitteln, nachhaltig beigetragen.

Das schmeckte auch die fünfköpfige Jury in der Zipfelbachhalle. Insgesamt 24 Moste waren bei dem Wettbewerb der Obst- und Gartenbauvereine (OGV) Weilheim und Hepsisau eingereicht worden. Rund 70 000 verschiedene Obstbäume stehen laut Weilheims Bürgermeister und Jury-Mitglied Johannes Züfle allein auf den Wiesen des Zähringerstädtchens. „Diese Vielfalt ist nicht nur ein prägendes Elemente der Kulturlandschaft und ein Eckpfeiler der Biodiversität“, so Karl Bölz. „Sie ist auch die Grundlage für ein breites Spektrum lokaler Mostsorten.“ Die Verkostung stellte das für den Vorsitzenden des Weilheimer OGV einmal mehr unter Beweis.

 

„Die Leute wissen, was für einen Schatz sie auf ihren Streuobstwiesen haben.
Antje Allner
Vizevorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Hepsisau

 

Manche Sorten waren elegant und feingliedrig, andere kräftig und ausdrucksstark. Ob dicht, fruchtig und mit herbem Charme oder leicht, ausgewogen und mit filigraner Süße – die eingereichten Obstweine beeindruckten Juror und Brenner Kurt Hepperle durch ein facettenreiches Geschmacksprofil. „Die Leute wissen, was für einen Schatz sie auf ihren Streuobstwiesen haben“, weiß Antje Allner, Vizevorsitzende des OGV Hepsisau. „Sie probieren Neues aus, experimentieren mit ihrem Mostobst.“ Die Kreativität kenne keine Grenzen und die Motivation sei hoch. Manche versuchen durch Veredelung direkt an der Frucht beispielsweise ein neues und individuelles Aromenfeld zu eröffnen, wie der Vorsitzende des Hepsisauer OGV, Reinhold Wolf, verriet. 

Neues Qualitätsniveau

Mit Fug und Recht könne deshalb behauptet werden, dass der Most, ursprünglich ein Arme-Leute-Getränk, auch im Hobby-Bereich insgesamt auf ein ganz neues Qualitätsniveau gehoben wird. Darin waren sich der Hepsisauer Ortschaftsrat Thomas Baur und der Weilheimer Weinbergbesitzer und Stadtrat Rainer Bauer einig. Beide saßen ebenfalls in der Jury, die die eingereichten Kreationen nach Klarheit, Geruch und Geschmack bewertete. In dem leistungsstarken Teilnehmerfeld belegte Lenni Friz aus Hepsisau den ersten Platz. Auf den Plätzen zwei und drei folgten die Neidlinger Uwe Kirsamer und Kurt Hepperle. „Ihre Produkte waren goldgelb und kristallklar, hatten den optimalen Körper, ein perfekt ausbalanciertes Säure-Zucker-Verhältnis und ein charakteristisches, sortentypisches Bukett“, so Karl Bölz.

Beeindruckt hat den Most-Kenner, dass neun der 24 Teilnehmer jünger als 30 Jahre waren. Viele von ihnen hatten gute Platzierungen erreicht. Der Weilheimer OGV-Vorsitzende hat damit einen Grund, wieder etwas optimistischer in die Zukunft der Streuobstbestände zu blicken. Viele Wiesles-Besitzer seien in den vergangenen Jahren altersbedingt aus der Bewirtschaftung ausgestiegen. Dass es junge Leute gibt, die in ihre Fußstapfen treten und eine hohe Wertschätzung für Most, aber auch andere Produkte von der Streuobstwiese mitbringen, freut ihn deshalb umso mehr.