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OGV Oberlenningen: 100 Jahre für die Natur

Jubiläum Der Obst- und Gartenbauverein Oberlenningen feiert am 7. Oktober sein Jubiläum mit geladenen Gästen. Für die aktuell 192 Mitglieder steht auch die Pflege der Dorfgemeinschaft im Fokus.

Die Mitglieder des OGV Oberlenningen unternehmen regelmäßig Ausflüge, wie hier im Jahr 2010 zur Landesgartenschau in Villingen-Schwenningen. Foto: pr

Es war der 27. Mai des Jahres 1923: 58 Männer kamen an diesem Tag zusammen, um den Obst- und Gartenbauverein Oberlenningen zu gründen. „Ziel war damals, über gemeinsame Bestellungen günstig an Dünger, Sträucher und Bäume zu kommen“, weiß der heutige Vorsitzende des Vereins, Rolf Widmann. Der 100. Geburtstag des Vereins wird am morgigen Samstag, 7. Oktober, mit geladenen Gästen gefeiert. 

 

Ein wichtiger Schritt war der Bau eines Obstlagerkellers, der etwa 1200 Zentner fassen konnte und der von 1954 bis 1975 genutzt wurde.

 

Zur Zeit der Vereinsgründung bis hin zum Ende der 50er-Jahre hatte der Obstbau in Oberlenningen eine wesentlich größere Bedeutung als heute“, ergänzt Widmann. Denn die Obstbau-Erzeugnisse seien damals in Oberlenningen neben der Firma Scheufelen eine der wichtigsten Einnahmequellen gewesen. So wurde 1923 unter dem damaligen ersten Vorsitzenden Gottlieb Dietrich beschlossen, dem Württembergischen Obstbauverein beizutreten. Im selben Jahr fand die erste Obstausstellung statt. Der Jahresbeitrag für die Vereinsmitglieder betrug 1,50 Deutsche Mark.

Drei Jahre später führten die Mitglieder einen vierteljährlichen Rundgang ein, bei dem mit dem Vorstand oder einem Baumwart die Streuobstwiesen nach Schnitt, Blüte, Obstbehang und Schädlingsbefall betrachtet wurden. Die Vereinsgröße wuchs im Laufe der Zeit: 1927 gehörten dem Verein 84 Mitglieder an.

Im Herbst stehen stets Rundgänge über die Streuobstwiesen an, bei denen die Bäume begutachtet werden.

Im Rahmen der Gleichschaltung wurde im Jahr 1935 auch der Oberlenninger OGV in eine Ortsfachschaft des Reichsnährstandes eingegliedert. 1937 hielt ein Obstbau-Oberinspektor einen Vortrag zum Thema „Richtlinien des Reichsnährstandes zur Förderung des Obstbaus“. Für die Vereinsmitglieder wurde deutlich: Sollten sich die Obstzüchter diesen Anordnungen nicht fügen wollen, müsste die Regierung gesetzliche Maßnahmen im Interesse der „Volksernährung“ ergreifen.

Durch den Zusammenbruch und die Besetzung des Deutschen Reiches und das von der alliierten Militärregierung erlassene Vereinsverbot ruhte die Arbeit des Oberlenninger OGV in den Jahren 1945 und 1946. Ab 1948 schnellten die Mitgliederzahlen in die Höhe: auf 172. Der Grund dafür war wohl die Zuteilung von Spritz- und Düngemittel sowie Benzin.

 

Der Verein bietet eine schöne Möglichkeit, gelegentlich auch ordentlich zu feiern.

 

Die Mitglieder konnten 1948 ihr erstes Vereinsjubiläum feiern: Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des OGV fand eine Obstausstellung statt. Der Verein entwickelte sich weiter, und so kam 1951 kam der Gedanke auf, einen Obstlagerkeller zu erstellen. Dieser sollte zu 60 Prozent vom Staat bezuschusst werden. Dafür vorgesehen war das Ökonomiegebäude beim Farrenstall. Nach der Fertigstellung im Jahr 1954 wurde der Keller, der etwa 1200 Zentner fassen konnte und in dem Vereinsmitglieder und die Gemeinde ihr Obst lagerten, bis 1975 genutzt. 

Der OGV beteiligte sich auch an vielen Festen anderer Vereine, zum Beispiel des Musikvereins im Jahr 1987. Für diese Veranstaltung gestaltete der OGV einen Festwagen.

Die Mitglieder des OGV beschäftigte auch die Frage, wie die Kirschfruchtfliege effektiv bekämpft werden kann. Alle Mitglieder waren sich einig, dass nur eine flächendeckende Spritzung in Betracht komme. Eine entsprechende Empfehlung wurde an den Gemeinderat weitergeleitet. Drei Jahre später stellte sich ein Erfolg ein: Abgesehen von Randgebieten waren die Kirschen madenfrei. Neben der Kirschfruchtfliege bekam es der OGV aber auch mit Wühlmäusen zu tun: Bei einem Rundgang wurden starke Schäden durch Wühlmäuse, vor allem an Jungbäumen, festgestellt.

Mehr und mehr im Fokus standen im Laufe der Jahre die Geselligkeit und gemeinsame Aktivitäten: Neben den Jahresausflügen wurden die Besuche einer Besenwirtschaft zur Tradition. Der OGV beteiligte sich an vielen Festen anderer Vereine, zum Beispiel des Musikvereins. Es gab zudem zahlreiche Vorträge, Kurse, Schnittunterweisungen, Ausflüge und Feste – beispielsweise das Straßenfest „400 Jahre Schlössle“, bei dem der OGV Most, Apfelsaft sowie Kirsch- und Obstwasser ausschenkte. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Vereinslebens ist für den OGV die Gestaltung der Osterkrone: 2014 übernahmen die Mitglieder diese Tradition von den Landfrauen. Seither schmücken sie jedes Jahr zu Ostern den Brunnen vor dem Rathaus. 

Auch am Straßenfest „400 Jahre Schlössle“ des Fördervereins Schlössle im Jahr 1993 war der OGV beteiligt.

Unvergessen bleibt wohl für alle OGV-Mitglieder der zweite Weihnachtsfeiertag des Jahres 1999: Orkan Lothar fegte übers ganze Land und hinterließ auch in Lenningen seine Spuren. Im Lenninger Tal richtete der Sturm auch auf den Streuobstwiesen große Schäden an.

Erfolgreich war indes die Teilnahme des OGV im Jahr 2002 am Gemeindetag Lenningen auf der Gartenschau in Ostfildern: Trotz des schlechten Jahrgangs konnten bei einer Obstausstellung etliche Äpfel, Birnen und weitere Früchte gezeigt werden.

Für den aktuellen Vorsitzenden Widmann steht fest: „Heute ist der Verein eine schöne Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu bleiben, die Dorfgemeinschaft zu pflegen und gelegentlich ordentlich zu feiern“. Und genau das werden die Vereinsmitglieder morgen beim Festabend zum 100-jährigen Bestehen des OGV tun. pm/hei

Ausflüge stehen für die Mitglieder des OGV Oberlenningen regelmäßig auf dem Programm.
Geselligkeit steht beim OGV im Fokus, wie beispielsweise im Jahr 2002 bei einem kleinen Hock inmitten von Streuobstbäumen.
Seit 2014 schmücken die OGV-Mitglieder zu Ostern den Brunnen vor dem Rathaus. Diese Tradition übernahm der OGV von den Landfrauen.