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Ohne Krähla kein Dätscherfest

Tradition Das Notzinger Dätscherfest wirft seine Schatten voraus. Damit gebacken werden kann, steht zunächst das Sammeln und Schnüren der Krähla an. Von Katja Eisenhardt

Patrick Vollmer lässt den Krähla-Berg wachsen. Foto: Katja Eisenhardt
Patrick Vollmer lässt den Krähla-Berg wachsen. Foto: Katja Eisenhardt

Es ist ein sonniger Samstag. Auf dem Notzinger Wiesenstückle von Siegfried Bosch, der von allen nur „Sieger“ genannt wird, herrscht reges Treiben. Zahlreiche Helfer des Musikvereins sind gekommen, um aus einem Reisighaufen die traditionellen Krähla zu binden, Reisigbündel, fürs Dätscherfest. „Die Krähla eignen sich besonders gut zum Beheizen der Öfen“, erklärt Marina Guber, Pressewartin beim Musikverein Notzingen-Wellingen. „Schon früher, zu Backhauszeiten, wurden die Reisigbündel für die Öfen genutzt.“ Mit dem Aussterben der Backhäusle droht auch die Tradition der Krähla in Vergessenheit zu geraten. In Notzingen will der Musikverein das verhindern.

Die Zweige für die Reisigbündel sammeln die Vereinsmitglieder, wenn es Zeit für den Baumschnitt ist. „Sieger hatte auf seinem ­Stückle nach dem Baumschnitt viel Geäst, er hat sich dann bei den umliegenden Stücklesbesit­zern erkundigt, ob wir das Schnittmaterial ebenfalls für unsere Krähla bekommen können“, sagt Marina Gruber. Außerdem steuern verschiedene Leute aus dem Ort einen Teil ihres Reisigs dem Musikverein bei. „Das hat sich rumgesprochen“, weiß die Pressewartin. „Wer Holz übrig hat, kann sich immer Ende März oder Anfang April an uns wenden.“

Sind die Reisigbündel geschnürt - etwa 250 pro Jahr - bleiben sie einige Wochen auf der Wiese von Sieger Bosch zum Trocknen. Hat es im Lagerraum in der Zehntscheuer wieder Platz für den Nachschub, werden sie dort eingelagert. „Bevor sie fürs Heizen der Öfen nutzbar sind, werden die Krähla etwa zwei Jahre eingelagert“, erklärt Marina Guber. Neben ihrer Brennqualität fahre der Musikverein mit den Krähla auch deutlich günstiger, als wenn sie das Holz kaufen müssten. Die benötigten Mengen sind beachtlich, werden doch pro Fest mehrere Hundert Dätscher gebacken.

Die Idee für das Notzinger Dätscherfest entstand ursprünglich beim Kegelclub, berichtet Sieger Bosch: „Einer hat einmal einen Dätscher mitgebracht. Da kam der Gedanke auf, dass man da­raus doch ein Fest machen könnte. Das hat in kleinem Rahmen angefangen. Heute sind drei Öfen im Einsatz - zwei in Notzingen, einer in Wellingen.“ Nicht nur die Musik, auch das Dätscherfest und die Organisation sind dem 80-Jährigen ein großes Anliegen. So stellt er nicht nur sein Wiesenstückle für die Krähla zur Verfügung, er kümmert sich zudem um die Organisation des Holzes und der Schnüre. In Eigenregie gebaut hat er die kleinen Eisengestelle, auf denen das Reisigbündel geschickt zum Binden abgelegt werden kann.

Am Ende der Arbeit kommt für die vielen Helfer dann das Vergnügen, denn das gemeinsame Grillen auf Sieger Boschs Stückle hat mindestens genauso viel Tradition wie die Krähla selbst.

Info Am 20. und 21. Mai findet das Dätscherfest rund um den Kelterplatz und das Backhaus statt. Für Hungrige gibt es bereits ab 10 Uhr an beiden Tagen Dätscher aus dem Backhaus. Wie jedes Jahr werden die Teigfladen mit Schnittlauch, Speck, Mohn oder Kümmel angeboten. Am Samstag ab 12 Uhr gibt es einen Mittagstisch. Am Sonntag beginnt der Frühschoppen um 11 Uhr. Für musikalische Unterhaltung ist an beiden Tagen gesorgt.