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Paranoiden Wahn nur simuliert?

Psychiatrischer Gutachter soll Schuldfähigkeit prüfen

Ein neues psychiatrisches Gutachten soll vor dem Stuttgarter Landgericht Gewissheit verschaffen, ob der 34-Jährige psychisch krank ist, der in der Nürtinger Psychiatrie Frauen beleidigte, einen Arzt schlug und in Kirchheim randalierte. Der Fall beschäftigt die Justiz inzwischen seit über zwei Monaten.

BERND WINCKLER

Kirchheim/Nürtingen. Ist der 34-Jährige so krank, dass er, statt ihn zu einer Freiheitsstrafe zu verurteilen, in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden muss? Immerhin ist der Mann äußerst auffällig. Als Drogen- und übermäßigem Alkoholkonsument sowie HIV-positiv infiziert, soll er ab Februar 2013 anlässlich eines Kurzaufenthalts in der psychiatrischen Abteilung des Nürtinger Krankenhauses eine Krankenschwester überrumpelt und aus einem Schrank Medikamente gestohlen haben. Gegen Polizisten, die ihn in Kirchheim festnehmen wollten, verteilte er Fußtritte. Einen Mann habe er gewürgt, Im Treppenhaus eines Kirchheimer Wohnblocks zerschlug er die Eingangstür. Und er habe mehrfach Krankenschwestern sexistisch in schwerster Weise beleidigt.

Geschah dies alles im Zustand eines paranoiden Wahns? Eine Gerichtsgutachterin gab dem wegen Beleidigung, Körperverletzung und exhibitionistischer Handlungen Angeklagten hierzu vor Wochen teilweise Recht und stufte ihn als teils erheblich eingeschränkt in der Schuldfähigkeit ein. Das jedoch reichte der 16.  Großen Strafkammer am Stuttgarter Landgericht nicht. Ein Obergutachter wurde eingeschaltet, um festzustellen, ob der Mann tatsächlich schuldfähig ist oder nicht.

Dieser neue Sachverständige sitzt seit gestern als Beobachter im Stuttgarter Gerichtssaal und hört sich die Angaben einiger Nürtinger Mediziner an, die allesamt davon überzeugt sind, dass der Angeklagte eine angebliche Wahnkrankheit nur simuliert, um an Medikamente zu kommen. Dass er Stimmen hört, sei nur vorgeschoben. Der neue Gutachter will seine Einschätzung am 29. Oktober dem Gericht vortragen.

Prozessbeobachter gehen davon aus, dass er zu dem Ergebnis kommt, dass der Beschuldigte psychisch nicht krank ist – und daher zu einer normalen gesetzlichen Freiheitsstrafe verurteilt wird.